Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
Vom Netzwerk:
betrachtete das Muster der Schaltungen; als er zufriedengestellt war, schob er sie lächelnd in die Tüte zurück. Er klopfte eine Zigarette aus der rotweißen Schachtel und bot Shinichro auch eine an; der nahm sie und ließ sich auch Feuer geben. Pals goldenes Dunhill-Feuerzeug blinkte im Licht der hellen Deckenbeleuchtung wie zuvor die kostbaren Halbleiter.
    »Wo ist der Rest?«
    »Sie haben die gesamte Ware und dazu die hier.«
    »Ach ja?«
    »Ich habe Ihren Freunden zehn Packungen Ein-Megabit-Drams geliefert. Eine Million Dollar. Wenn Sie diese beiden dazurechnen, haben sie zusätzlich 2K mal zwei zu, sagen wir, einem Dollar pro Chip; das macht viertausend Dollar.«
    »Ein Dollar pro Chip.«
    »Das ist der Marktpreis für Eproms, glaube ich.«
    Das war was Neues. Darum also ging es die ganze Zeit. Eproms. Charlie war mit viertausend Chips abgehauen, die zwar Speicherchips waren, aber keine Dynamic-random-access-memory- Chips, keine Drams. Die glänzenden Vierecke auf dem Tisch waren weit, weit vielseitiger. Erasable programmable readonly memory. Überschreibbare, programmierbare Lesespeicher. Eproms. Ich versuchte, mir zu überlegen, weshalb sie von Bedeutung sein sollten. Sicher, sie waren etwas ganz anderes, keine bloßen Notizblättchen für einen schwer arbeitenden Mikroprozessor. Zum einen würde das, was in einem solchen Chip gespeichert war, nicht verschwinden, wenn man den Rechner abschaltete. Wie die Pilotflamme eines Gasofens glimmte es weiter. Programme und Informationen, die in einem Eprom gespeichert sind, bleiben vorhanden, bis jemand sie löscht und ersetzt. Dazu muß man den Chip physikalisch herausnehmen und mit ultraviolettem Licht bestrahlen, um die in die Siliziumschicht eingeätzten elektrischen Kontakte zu unterbrechen. Dann wäre der Chip blitzblank. Die, die hier auf dem Tisch lagen, mußten Informationen enthalten. Wenn sie nichts enthielten, wozu wäre dann die ganze Aufregung gut gewesen? Normalerweise war an Eproms nichts Besonderes. Verflucht, wahrscheinlich saß eins in Esthers Waschmaschine. Sie mochten keine elektronischen Wunderwerke sein, aber weitverbreitet und so gewöhnlich wie Dreck. Es gab sie überall — in Küchenherden, Mikrowellen, Videorecordern, Fernsehapparaten, Digitalradios und Spielsachen, in Homecomputern, Tanksäulen und Postwaagen. Sie speicherten die Paßwörter für Netzwerk-Terminals und den Antwortcode in automatischen Telex-und Faxmaschinen. Sie enthielten die persönliche Geheimnummer und die Netzwerk-Codes in Funktelefonen, und skrupellose Telefonierer haben riesigen Spaß und winzige Telefonrechnungen, weil sie sie löschen und durch andere Nummern ersetzen. Man nimmt das Eprom aus einer Puppe, die das Wort »Mummy« sagt, programmiert es so um, daß es »Daddy« sagt, und eine halbe Stunde später hat man eine politisch korrekte Puppe. Marktfähig und niedlich, aber keinen Mord wert. Eproms. Drams. Wer konnte den Unterschied erkennen? Vielleicht war es das. Vielleicht bestand der Trick darin, Ein-Dollar-Chips für fünfzig Dollar zu verkaufen. Eingeschlossen in ein kleines schwarzes Gehäuse mit seinen Drahtbeinchen, sieht der Eprom-Chip tatsächlich ganz anders aus. Im Gegensatz zum Dram braucht er ein kleines Fenster im Plastik, das wie ein Sonnendach das ultraviolette Licht durchläßt. Aber wenn sie nicht verpackt waren als rohe, fingernagelgroße Chips — wer konnte da den Unterschied zwischen einem Ein-Megabit-Dram und einem Eprom erkennen? Ich nicht und Charlie auch nicht, selbst wenn er auf den Gedanken käme, nachzusehen. Pal könnte es vielleicht, aber von uns allen wäre nur Shinichro wirklich dazu in der Lage. Er dürfte sie mit seinem bloßen, halbkreisförmigen Auge betrachtet und dann sicherheitshalber unters Mikroskop geschoben haben. Für manch einen mochten sie alle gleich aussehen, aber nicht für ihn, nicht für jemanden, der wußte, was er tat.
    Ich nahm eine von meinen eigenen Zigaretten aus meiner Tasche und zündete sie mit meinem eigenen Feuerzeug an. Ich schätzte, daß Pal akzeptieren würde, und das bedeutete, daß das Geschäft erledigt und ich aus der Sache raus und frei wäre — ein beringtes Täubchen vielleicht, aber frei. Dieser Gedanke verhinderte, daß meine Hände zitterten, aber er verhinderte nicht, daß das leise Zwicken der Neugier in meinem Hinterkopf sich zu richtigen Schmerzen auswuchs. Die Sache war bis jetzt ziemlich unangenehm verlaufen, wenn man bedachte, daß es dabei um viertausend billige Chips

Weitere Kostenlose Bücher