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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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überhaupt nicht da.
     
    Eine Viertelstunde Sex ist unter anderen Umständen vielleicht entspannend, aber an diesem Abend schraubte sich die Anspannung dadurch allenfalls noch eine Stufe höher. Das Fleisch hatte triumphiert, nur um die gleichen Schrecken wiederzufinden, die es gerade hinter sich gelassen hatte. Nichts lief, wie er es geplant hatte, und er wirkte gereizt und schlecht gelaunt, als wir um die Ecke zur Minicab-Zentrale gingen. Der Van überholte uns, wie schon einmal, aber diesmal grinste Pal nicht. Es ärgerte ihn, daß nicht sofort ein Wagen verfügbar war und wir warten mußten. Irgendwann wollte er gehen, in Richtung der Hauptstraße, die zwanzig Minuten weit entfernt war, aber dann überlegte er es sich anders. Wir mußten zehn Minuten warten, und als wir im Wagen saßen, nahm seine Gereiztheit weiter zu. Der Fahrer fragte ständig, wie er zu fahren habe; er kenne sich nämlich oben im Westen nicht aus. Nach zwei Minuten stiegen wir am Taxistand Mile End aus und mußten noch einmal zehn Minuten warten, bis ein schwarzes Taxi um die Ecke kam und uns in die Stadt fuhr.
    »Ich bin zu lange hier«, sagte er und zündete sich schon wieder eine Zigarette an. Der Taxifahrer schob die Trennscheibe beiseite und erinnerte uns daran, daß man uns auf einem Schild fürs Nichtrauchen danke. Pal schob die Scheibe mit einem Knall zurück und kurbelte das Fenster herunter. Ich überlegte, ob ich ihm vielleicht etwas hätte vorspielen sollen. Es hatte ihm nicht gefallen, daß ich ihn gefragt hatte, ob er fertig sei.
    »Hast du das Gefühl, daß du allmählich nicht mehr willkommen bist?« fragte ich. Er antwortete nicht. Seine Hand bedeckte seinen Mund, als er an der Zigarette zog.
    »Vielleicht, wenn du Charlie von vornherein gesagt hättest, was du wolltest... «
    Pal antwortete nicht.
    »Was willst du denn?«
    »Ihr seid doch Kinder. Ihr begreift das nicht.«
    »Kinder?«
    »Ihr alle.«
    »Und Shinichro?«
    »Der ist kein Kind, nein.«
    »Keiner von uns ist eins.«
    »In diesem Geschäft doch, da seid ihr welche.«
    »Wie kommt’s dann, daß du immer noch hier bist und suchst..., was immer du suchst?«
    »Ich mußte mich vergewissern, was hier los ist. Jetzt weiß ich, daß ihr bloß Kinder seid, aber dieser eine, der schon als Erwachsener zur Welt gekommen ist, der macht jetzt eine Ehrensache daraus.«
    »Shinichro?«
    »Shinichro, ja.«
    »Fahren wir zu ihm?«
    »Ja.«
    »Und was soll ich dabei?«
    »Ich möchte .lieber tauschen, als den Kerl erschießen.« Zum ersten Mal sah er mich an und grinste überhaupt nicht, als er hinzufügte: »Blöd, nicht?«
     
    Wir warteten zehn Minuten im Foyer des Intercontinental Hotel, bevor Pal zum Hallentelefon gerufen wurde. Er klemmte sich den Hörer zwischen Kinn und Schulter und hielt mit einem Arm meine Taille umschlungen. Ich wünschte, ich hätte den Mann ein wenig abstoßender gefunden, aber es war ein gutes Gefühl in seinem Arm. Ich rief mir seine Faust in meinem Bauch in Erinnerung und den Totschläger, der hinten in seinem Hosenbund steckte. Und die Pistole fühlte ich auch, hart neben seiner Brust.
    »Er hat den Ort gewechselt«, sagte er und hängte ein. Er lächelte; jetzt, wo das Spiel begonnen hatte, wirkte er entspannter.
    »Sag’s mir nicht.«
    »Das Savoy. Er hat Humor, dein Knabe.«
    »Warum macht ihr Jungs das nicht unter euch aus? Laßt mich da raus.«
    »Findest du, daß du fürs Savoy nicht richtig gekleidet bist?«
    »Ehrlich gesagt, nein, aber das ist kaum meine Hauptsorge.«
    »Du siehst prima aus. Keine Sorge. Ich glaube, er spielt mit uns.«
    Mir gefiel das Wort »uns« nicht, aber was hatte ich für eine Wahl? Ich stieg ins Taxi und ließ zu, daß er mir die Brustwarze unter dem Top quetschte; ich ließ zu, daß er sich herüberbeugte und mich küßte. Sein Mund schmeckte bitter wie Asche, und meiner zweifellos auch. Was sollte es, zum Teufel — jetzt saß ich mit drin.
    Wir warteten lange genug in der pinkfarbenen Lounge, um Gin zu bestellen und ihn dann nicht mehr trinken zu können. Pal bekam wieder einen Anruf; diesmal teilte man ihm mit, er solle sich in ein kleines japanisches Restaurant in der Brewer Street begeben. Wieder ein Taxi, aber diesmal kein Zwicken, kein Fummeln. Pal wollte sich konzentrieren, denn ihm war klar, daß dies die letzte Etappe war. Er schaute immer wieder aus dem Fenster, kontrollierte die Strecke, prägte sie sich ein. Das Restaurant lag westlich des Schmuddelviertels, das abends die Touristen anlockt, und

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