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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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ihn. Es ist nicht in Ordnung, wenn du niemanden hast. Scheiße, wie soll ich sagen? Keine weitere Familie. Alle halten es für normal, daß Mum sich um ihre Kinder kümmert, aber anderswo auf der Welt ist das nicht normal. Anderswo kümmern sich alle um die Kinder. Das ist Familie. Nicht Mann und Frau und zwei Kinder und ein, zwei Babysitter — und ganz bestimmt nicht eine einzelne Frau in einem Schuhkarton in einem Wolkenkratzer. Wen hast du, Georgina?«
    »Ich sage doch, niemanden außer mir.«
    »Niemanden, und niemand will dich mit einem Kind, nicht wahr? Jedenfalls nicht in einem anständigen Job oder in einem anständigen Restaurant oder einer Bar. Sie wollen dich abends nicht unterwegs sehen. Bei McDonald’s wollen sie dich sehen, im Supermarkt, in der Klinik, da wollen sie dich sehen. Wovon wirst du leben?«
    »Das ist ziemlich einfach. Mein Konto ist weit in den schwarzen Zahlen, und ich kann als freie Journalistin arbeiten.«
    »Okay. Mal sehen. Du arbeitest, wenn du jemand halbwegs Anständiges finden kannst, der sich um dein Kind kümmert, und nach Feierabend kümmerst du dich selbst darum. Nie hast du Pause — und zack! ist sie dahin: deine Unabhängigkeit, deine Verfügbarkeit, deine freie Wahlmöglichkeit. Ich habe meine Unabhängigkeit auf die leichte Tour verloren. Sieh mich an. Und meinetwegen hat David seine noch. Tatsächlich hat er es besser getroffen. Er kriegt seinen Sex, manchmal, und er hat jemanden, der ihm seine Hemden wäscht und bügelt. Das ist es, was mich wirklich nervt. Ihm geht’s prima. Er kann noch an was anderes denken. Meine ganze Art zu denken nützt mir jetzt nichts mehr. Ich tue nichts mehr, wozu ich sie brauche. Du brauchst kein Abitur für das, was ich hier mache, und das weiß jeder Arsch.«
    »Du hast deine Kinder.«
    Sie lachte, bitter erst, dann zärtlich.
    »Klar. Ich habe meine Kinder. Der Lohn der Frau. Ich liebe sie wirklich«, sagte sie.
    O Gott, und ich hatte gedacht, ich hätte Probleme. Aber nicht ich brauchte eine Reise nach Hampshire, um mich vor der Gefahr zu verstecken, sondern Delia brauchte einen Trip nach London, um sie wiederzufinden. Sie mußte ein bißchen durch die Stadt ziehen, sich rumtreiben, wie nur Delia es verstand und wie es die Leute hier in dieser Umgebung nie miterlebt hatten. Sie mußte hinaus und erkennen, daß sie nicht zurück konnte; ihr Leben hatte sich so sehr verändert, daß sie es gar nicht wollen würde, aber vielleicht würde sie halbwegs woanders hingelangen. Sie packte die Flasche beim Hals und goß den Rest Wein in unsere Gläser.
    »Was soll’s?« sagte sie. »Man kann Mutterschaft nicht mit dem Texten von Anzeigen vergleichen, oder? Mit solchen Verrückten zu arbeiten. Das ist unerhört.«
    Sie hatte recht. Das war es. Ich wußte jetzt, worüber sie in Wirklichkeit reden wollte.
    »Ich arbeite an einer Riesenstory«, sagte ich.
    Delia klatschte mir auf den Oberschenkel und wandte sich mir zu; sie riß die Augen auf und machte ein eifriges Gesicht. Ich erzählte es so, wie das Ganze mir später vielleicht Vorkommen würde, wie ein echter Gag, und am nächsten Morgen rief ich von ihrem Frühstückszimmer aus Richard an.
    »Ich hab’ dich belogen, was den Koreaner angeht.«
    »George, du Kuh, ich wußte doch, daß da was im Busch ist«, sagte er.
     
    Ich hörte, wie eine benachbarte Tür zufiel, und lauschte auf das Schlurfen müder Füße im Flur. Ich öffnete die Tür, bevor sie klingelte.
    »Du bist also hier«, sagte sie, verschränkte die Arme und tappte mit dem Fuß auf den Boden.
    »Deshalb habe ich dir die Tür aufmachen können, Esther«, antwortete ich.
    »Da waren Leute, die zu dir wollten.«
    »Wer denn?«
    »Ein Chinese und ein großer, gutaussehender Mann mit einem dicken Schnurrbart.«
    »Komm rein.«
    Esther sagte, sie habe ihren Zweitschlüssel benutzt, um die Wohnung zu kontrollieren, während ich nicht da war, und um sich zu vergewissern, daß alles okay war.
    »Ein dicker Mann war auch noch da. Ein großer, fetter, weißt du. Nettes Gesicht. Wen du mich fragst, er sah aus wie ein Polizist.«
    »Strohblond?«
    »Genau.«
    Detective Inspector Robert Falk. Ich schloß die Augen und lächelte.
    »Weißt du was, Esther? Wahrlich, ich sage euch, leicht mag währen das Weinen die Nacht hindurch, aber am Morgen, da kommt dann echte Freude auf, verdammt.«
    Ich rief ihn an, während Esther Tee kochte und ein paar Bemerkungen zur Heiligen Schrift machte. Dann rief sie noch, sie habe ein paar Sachen in den

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