Sieh mich an, Al Sony
ansetzen sollten.«
»Nicht die Tatsache, daß Chips als Zahlungsmittel für Kokain im Savoy übergeben wurden?«
»Doch, natürlich, aber du hast nicht genug in der Hand, Georgina.«
»Vielleicht habe ich ein Foto.«
»Wenn du das kriegen kannst, super. Die Drogenfahndung dürfte sich dafür interessieren, und von denen solltest du ein Statement besorgen. Und von dem Komponentenmanager mußt du dir auch etwas geben lassen, und wenn es nur ein Dementi ist. Wir werden sehr daran interessiert sein, wenn du die Story soweit hast. So, wie sie ist — nein.«
Das wußte ich. Jetzt wußte es jeder. Die Theorie der Informationsverbreitung zur eigenen Sicherheit hatte bei Charlie nicht funktioniert, aber vielleicht würde sie bei mir funktionieren. Um sicherzugehen, mußte ich noch Robert Falk informieren. Ich würde ihn anrufen, aber nicht von diesem Telefon aus.
Seine Bananenfinger quetschten die dicke Zitronenscheibe über der gebutterten Seezunge auf meinem Teller aus.
»Es stört Sie hoffentlich nicht, wenn ich das sage, aber Sie sehen... müde aus, Mrs. Powers. Spät zu Bett gegangen?« fragte er.
»Ich bin schwanger«, sagte ich. Seine Hand wich ruckartig von meinem Teller zurück und schob das Stahlgestell seiner Brille auf dem breiten Nasenrücken nach oben. Ich schob mir eine salzige Pommesfrites in den Mund.
»Keine Angst, man hat mir versichert, daß es nicht ansteckend ist.« Ich sprach mit vollem Mund. Seine hellen Augen schauten suchend nach der Serviette, und seine Wangen waren rosig wie zwei Langusten. Seine Bestürzung überraschte mich, denn ich hatte ihn immer für unerschütterlich gehalten, wie einen Bernhardiner bei einer Lawine, bei jeder Art von Lawine. Er beruhigte sich, indem er methodisch das blütenweiße Leinen unter seinem Kinn feststopfte, bevor er sich vorbeugte, um mir noch mexikanisches Bier einzuschenken. Seine großen Hände waren durchaus ruhig, und als er fertig war, fühlte er sich imstande, mich wieder anzusehen.
»Es ist nicht von ihm«, sagte ich.
»Von wem?«
»Von Warren. Es ist nicht von ihm, wenn Sie das denken.«
»Das wäre auch unmöglich, oder?«
»In jeglicher Hinsicht.«
»Sie haben ihn also nicht gesehen? In letzter Zeit meine ich, Mrs. Powers.«
»Ich glaube, das würden Sie eher wissen als ich, nicht wahr, Robert?«
Er lächelte ein bißchen und fing an, seinen Fisch zu entgräten; mit kundiger Hand zerteilte er das Fleisch zu Filets. Ich schaute auf meinen Teller und schob ihn dann zu ihm hinüber. Er ließ von seinem Fisch ab und fing an, meine Portion zu zerlegen, bis die weiße Gräte gebogen auf der Seite neben vier dicken, butterglänzenden, ovalen Filets lag. Sanft schob er mir den Teller wieder herüber.
»Der Vater ist ein Japaner«, sagte ich.
»Der Tote?«
»Sie haben’s also herausgefunden?«
»Hiroshi Sano. Sie haben mich gefragt. Ich hab’s geprüft.«
»Sonst noch was?«
»Er war aus Las Vegas herübergekommen. Sieht aus wie ein Bandenmord. Am ganzen Leibe tätowiert; also hegt es nahe. Er gehört zur japanischen Mafia.«
»Yakuza.«
»Mrs. Powers, bitte, Sie hatten doch nichts mit diesem Mann, oder? Er ist es doch nicht?«
Seine Stimme verriet aufrichtige Fürsorge, etwas, das ich von ihm immer hatte akzeptieren können. Es war anrührend.
»Hiroshi Sano hat beim Pokern Drams im Wert von einer Million Dollar an meinen Freund Charlie East verloren. Sie erinnern sich doch an Charlie? Beim letzten Mal hat er um Peanuts gespielt, aber diesmal nicht. Sano kam nach London, um die Drams zurückzuholen, aber bevor er es tun konnte, verschwanden sie aus Charlies Bankschließfach, nachdem jemand seine Wohnung auf den Kopf gestellt und Schlüssel und Nummer gefunden hatte. Ich bin sicher, daß Sano diese Chips ursprünglich an jemand anderen liefern sollte. Ich glaube, deshalb haben sie ihn umgebracht«, sagte ich.
»Wissen Sie, wer >sie< sind?«
»Ich weiß nur, daß er für jemanden an jemanden liefern sollte. Seine Bosse sind Japaner, seine Kunden Kolumbianer. Ich glaube, daß die einen oder die anderen ihn umgebracht haben.«
»Drams gegen Drogen und dann irgendwann Dollars? Das ist hochinteressant, Mrs. Powers. Wie ich sehe, haben Sie immer noch eine Nase für solche Dinge.«
Er hatte recht. Meine Nase führt mich immer noch zuverlässig in Schwierigkeiten, hier wie dort, von innen wie außen. Ich wollte ihm nichts von Shinichro erzählen
- daß er mit im Spiel war und daß er Hiroshi aus vielerlei Gründen ermordet haben
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