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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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getan und macht uns jetzt etwas vor, dir und mir, weil er Sano die Drams abgenommen hat und weiß, daß irgendjemand irgendwo für den Handel würde einstehen müssen — du, zum Beispiel. Und du hast es ja dann auch getan. Dann hat er mir erzählt, er würde den Kolumbianern ein Angebot für die Chips machen. Ich dachte, er würde mit Chips für zwei Millionen davonspazieren. Aber ich habe mich geirrt. Er ist nicht davonspaziert. Tatsache ist, er dachte, du hättest solche Angst bekommen, daß du die Drams übergeben hättest, und zwar die Originalware, nicht neue Ersatzdrams. Er dachte, ich hätte sie von vornherein geklaut und dir dann gegeben, und wir stecken beide unter einer Decke.«
    »Er dachte, ich hätte Angst? Wovor sollte ich Angst haben?«
    »Ich hätte Angst, wenn ich dächte, daß derjenige, der Sano ermordet hat, jetzt hinter mir her wäre, aber das ist eigentlich nicht der springende Punkt, nicht wahr?«
    »Ich hatte keine Angst. Nicht vor ihm, nicht vor den Yakuza. Ohnehin haben die Yakuza keinen Grund, mir etwas zu tun. Sano, ja. Mir nicht.«
    Ich bekam Gänsehaut vor jäher Erleichterung. Shinichro hatte niemanden ermordet, aber was noch wichtiger für mich — und für Delia — war: Pal auch nicht. Ich ließ Shinichro mein Glas halten, während ich meine Zigaretten aus meiner Tasche herauskramte. Er sah zu, wie ich mir eine anzündete, und gab mir dann das Glas zurück. Das Rauchfähnchen schwebte über unseren Köpfen, und ich fragte mich, ob ihm immer noch so viel an mir lag, daß er es mißbilligte.
    »Die waren es also?« sagte ich und dann, fast wie zu mir selbst: »Nicht Pal.«
    »Ich vermute, weil Sano so schmählich versäumt hat, die ihm gestellte Aufgabe zu erfüllen. Ich hatte die einfache Anweisung, die Lieferung zu ersetzen. Ich habe meine Pflicht getan.«
    »Und an den Drams aus Harrow war nichts Besonderes?«
    Er schüttelte den Kopf, und eine Zeitlang sagte keiner von uns beiden etwas. Ich rauchte meine Zigarette, während er an seinem Bier nippte und den Blick gereizt durch die Menge wandern ließ. Mir kam der Gedanke, ich sollte ihm vielleicht von dem Baby erzählen, sollte ihm sagen, daß ich gelogen hatte, weil ich es hatte schützen wollen. Ich fragte mich, was er sagen würde, wenn er hörte, daß ich gedacht hatte, er habe Hiroshi Sano vielleicht ermordet. Er trank sein Bier aus und sah mich an. »Ich denke, du wirst feststellen, daß sie vielleicht nur für diesen Mann etwas Besonderes waren. Für den Gangster, der dir so gut gefällt.«
    »Du meinst, nicht für die Yakuza?«
    Er nickte ruckhaft mit dem Kopf.
    »Oder für die Kolumbianer?«
    Wieder ruckte er mit dem Kopf. »Nur für diesen Mann. Für deinen guten Freund Pal.«
    Shinichro wollte nicht auf ein zweites Glas dableiben, nicht mal um der alten Zeiten willen. Als er fort war, ging ich zur Telefonzelle, um Richard zu sagen, daß ich unterwegs war. Es war nicht spät, und es war Freitag abend. Richard war nicht zu Hause. Als ich einhängte und in meiner Handtasche nach den Zigaretten suchte packte jemand mein Handgelenk und hielt es fest, und eine Stimme sagte: »Die kleine Mama sollte aber nicht rauchen, oder?«
    Pal drehte meine Handfläche nach oben und drückte seine Lippen hinein; sein dunkler Schnurrbart berührte meine Haut wie das seidige Gesicht einer schmusenden Katze.
    »Wie hast du mich gefunden?« fragte ich, rot im Gesicht, und gleich fing ich an, unter den Armen zu schwitzen. Es war unerläßlich, daß ich die Zigarette aus der Schachtel holte und anzündete, aber er hielt immer noch meine Hand fest, und seine dicken Ringe taten mir am Handgelenk weh. Während ich mich gegen seinen Klammergriff sträubte, tastete er in seiner Seitentasche nach seiner eigenen Schachtel. Mit den Zähnen zog er eine Zigarette aus der weichen Packung, schob sie mir mit der freien Hand vorsichtig zwischen die Lippen und zündete sie mit seinem goldenen Feuerzeug an.
    »Laß mich los«, sagte ich.
    Pal sah sich im Gedränge der Kneipe um; die Gäste standen Schulter an Schulter drinnen und draußen auf dem Gehweg im schwindenden Licht. Er sah mich an und fing an, mitfühlend zu lächeln.
    »Du wirst schreien?«
    »Ich könnte.«
    »Viele Leute hier, die dir helfen würden, schätze ich.«
    »Richtig.«
    »Aber sie würden zu spät kommen.«
    Ich starrte ihn an. Er sah sehr zufrieden mit sich aus, und er hatte recht. Es hatte wenig Sinn, viel Aufhebens um nichts zu machen.
    »Willst du mich nicht küssen?« sagte

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