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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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er.
    »Siehst du den Kerl da drüben?«
    Pal schaute über die Schulter zu einer Gruppe von Jungs mit aufgekrempelten Armen, die ich wahrscheinlich meinte; zwei lehnten am Tresen, drei saßen auf Barhockern.
    »Welchen?«
    »Irgendeinen. Den mit der grellsten Krawatte.«
    »Was ist mit dem?«
    »Lieber würde ich seinen Arsch küssen.«
    Pals Gesichtsausdruck änderte sich nur unmerklich, aber das spielerische Funkeln in seinen Augen verschwand, und statt dessen erschien ein bedrohlicher Glanz, wie Mondlicht auf einem Pistolenlauf.
    »Ich will die Drams. Charlies Drams, nicht die von deinem kleinen Mann«, sagte er.
    »Ich habe sie nicht, das habe ich dir doch schon gesagt. Du solltest mich und meine Freunde in Ruhe lassen«, antwortete ich.
    Pal schaute weg; er seufzte und lächelte. Hier stand ein Mann, der wußte, was für eine unangenehme Aufgabe er als nächstes zu erledigen hatte, weil er sie schon viele, viele Male bei lästigen kleinen Personen wie mir hatte erledigen müssen. Er wandte sich wieder mir zu, mit der müden Resignation eines Mannes, der es gewohnt war, die Handschuhe anzuziehen und die Dinge in Ordnung zu bringen, aber der sich doch wünschte, die Leute würden von vornherein nicht so viel Mist machen. Er legte mir eine Hand sanft auf den Bauch und streichelte mich, hin und her. Mich schauderte bei seiner Berührung, und Mund und Kehle waren starr vor Panik.
    »Man sieht’s nicht so sehr, nicht wahr? Nicht mal in diesem hübschen Kleid«, sagte er; seine Hand kreiste auf der kostbaren Stelle zwischen meinen Hüften, und seine Finger zupften an dem straffen schwarzen Stoff, der an mir klebte.
    »Ich würd’s dir gern ausziehen, weißt du, und Liebe machen mit dir, wie schon einmal. Die kleinen Mamabrüste ein bißchen melken. Ich hab’ dir doch nicht weh getan, oder?«
    »Nein«, sagte ich. Das lärmende Geschnatter ringsum war mir sehr bewußt — lauter Leute, die lachten und sich überhaupt nicht um uns kümmerten. Wie leicht wäre es jetzt für ihn, mir weh zu tun, mich sogar umzubringen, ohne daß irgend jemand etwas merkte. Er beugte sich über mich und raunte mir ins Ohr wie ein Liebhaber.
    »Obwohl ich es hätte tun können. Du weißt, daß ich es hätte tun können«, sagte er.
    Ich stampfte gereizt die Zigarette in den Boden und sagte: »Hör mal, du kannst tun, was du willst, aber es wäre alles umsonst. Ich habe nicht, was du willst. Du hast gesehen, wie Shinichro das Zeug übergeben hat. Ich habe es auch gesehen. Du willst Drams? Du weißt doch, welche Leute du fragen mußt.«
    Der diskrete Schlag legte nur eine kurze Strecke zurück, aber die Wucht, mit der er meinen Bauch traf, war heftig. Ich krümmte mich erschrocken vornüber und schrie vor Schmerz auf, so daß Pal mich stützen und zugleich die wohlmeinende Sorge der Umstehenden abwehren mußte. Er spielte den beunruhigten Vater; er bat, man möge ihm helfen, mich in ein Taxi zu packen, und erzählte, während ich würgte, lautstark allen, daß ich wahrscheinlich eine Fehlgeburt hätte. Der Taxifahrer war nicht scharf darauf. Er meinte, wir sollten einen Krankenwagen rufen, aber Pal und die Leute, die uns aus dem Pub gefolgt waren, überzeugten ihn davon, daß er eine moralische Pflicht habe. Als wir anfuhren und ich das Gesicht in quälendem Schmerz an die Fensterscheibe preßte, sah ich Shinichro mit seiner Plastiktüte und seiner Zeitung auf dem Gehweg. Ein Ausdruck wilder Verzweiflung lag auf seinem Gesicht.
    Ich preßte die Augen zu und hörte, wie der Taxifahrer sich bei Pal erkundigte, ob alles in Ordnung sei, oder ob ich mich übergeben oder bluten würde oder sonstwelche Schweinereien zu erwarten seien. Pal beruhigte ihn, aber der Fahrer hörte nicht auf zu nölen, bis er plötzlich auf die Bremse treten und zur Seite schwenken mußte, um einem Hindernis auf der Straße auszuweichen.
    »Verrückter Hund. Haben Sie das gesehen, Mann? Zugedröhnt oder was?« Er kämpfte mit dem Lenkrad, um den Wagen wieder in die Spur zu bringen, und etwas schlug hart gegen die Seite. Der Fahrer hängte sich weit aus dem Fenster, um den Missetäter anzubrüllen, der hinter uns zurückgeblieben war. Pal riß mich von der Tür weg und warf mich wieder in den Sitz, und der Taxifahrer versuchte weiterzufahren, während er, rasend vor Wut, den Kopf zum Fenster hinausstreckte und wieder hereinzog, herein zur Sicherheit und hinaus zum Schimpfen.
    »Gesehen? Arschloch. Was zum Teufel denkt der sich dabei? Scheißchinese. Nee, Mann. Verpiß

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