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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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Ich will noch was trinken.«
    »Ich möchte dich nicht alleinlassen.«
    »Hey, ich bin daran gewöhnt. Außerdem hast du Hanae noch nicht angerufen.«
    »Nein. Ich rufe sie unterwegs an.«
    »Sag ihr danke für mich.«
    »Ja.«
    »Wird’s Ärger geben?«
    »Ein bißchen.«
    Er rührte sich nicht von seinem Barhocker herunter. Er nahm eine von meinen Zigaretten und zündete sie an, und er schnippte mit dem Daumennagel am Filter herum, während der Rauch aus seiner flachen Nase strömte. Kein Husten diesmal, nicht mal ein unterdrücktes. Ich winkte dem Barmann mit einem Fünfer und bestellte noch zwei Bier. Shinichro schenkte uns ein.
    »Nach deinem Gespräch mit dem Polizisten — glaubst du, dieser Gangster wird beschützt?« fragte er.
    »Er ist kein Gangster, Shinichro. Ein Gangster hat eine Gang, eine Bande, eine Organisation, ein Team. Außerdem, kein Mensch sagt heute mehr Gangster.«
    »Was ist er dann?«
    »Zunächst mal, sein Name ist Pal Kuthy. Manchmal wenigstens.«
    »Ich will seinen Namen nicht aussprechen.«
    »Ich weiß. Genauso wie ich ihren nicht aussprechen will.«
    Shinichro zerdrückte die lange Zigarette im Aschenbecher.
    »Er war besser als ich, ja?«
    Was für eine verdammte Frage. Was für eine verdammte Frage das war, um so lächerlicher, weil es genau die war, die ich ihm selbst stellen wollte. War sie besser als ich? Bewegte sie die Lippen wie ich, und die Hüften auch? Gab es irgendeine Leidenschaft, die sie miteinander teilten und die ihn mehr bewegte als frische Zigaretten und benebelndes Parfüm auf nasser, weißer Haut? Liebte er Leder und Schnürsenkel an ihren Füßen, so daß er mit der Hand von der Tierhaut zur menschlichen hinaufstreichen konnte, vom schmalen Knöchel zum weichen Schenkel, und lachte er mit ihr, wie er es mit mir tat — oder getan hatte? Der arme Shinichro hatte seinen Rivalen durch die offene Tür beobachtet, hatte alles gesehen und sich gefragt, ob es mehr war, als er je gehabt hatte. Im Maßstab der Dinge ringsumher hätte es nicht wichtig sein dürfen, aber irgendwie war es das doch. Es war das Wichtigste.
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte ich. »Es ist zu lange her.«
    Ich würde die Frage nicht stellen. Das Bier stieg mir in den Kopf, aber ich würde nicht fragen. Ich würde annehmen, ich sei benutzt worden. Damals hatte ich nichts dagegen gehabt, aber da hatte ich es auch nicht gewußt.
    »Du kannst dich an mich nicht erinnern?«
    »An ihn. Ich kann mich an ihn nicht erinnern.«
    Ich log, denn sobald wir darüber redeten, konnte ich es. Wie hätte ich es vergessen können? Ich konnte es nur nicht vergleichen. Beide waren in mich eingedrungen, und jeder hatte ein anderes, dunkles, aber gleichermaßen reiches, phantastisches Flöz angestochen. Das konnte ich ihm nicht erklären, und wenn ich es täte, würde die nächste Frage sein, wen ich wählen würde, und wenn Shinichro ein Leben gegeben und Pal mit dem Tode gedroht hatte, wieso konnte ich dann zögern? Ich lehnte mich hinüber, küßte Shinichro sanft auf den Mund und schaute in die schwarzen Halbmonde seiner feuchten Augen.
    »Ich erinnere mich gut an dich«, sagte er und küßte mich wieder, erst auf die Lippen, dann auf den Mundwinkel, dann auf die Handflächen. Ich dachte an Pals Lippen, an seinen dicken, streichelnden Schnurrbart, an seinen warmen, moschusduftenden Körper und sein verrücktes, schiefes Grinsen. Er wurde beschützt. Shinichro hatte recht. Ihm passierte nichts; ihm konnte nichts passieren. Der Mann gehörte zu den Guten. Das hatte er gesagt. Er hatte die Chance bekommen, einzugreifen und wieder zu verschwinden, aber Debbie hatte für unvorhersehbare Verzögerungen gesorgt. Ich hoffte bloß, daß der Schutz nicht so weit reichte, ihn jemanden umbringen zu lassen, und so hoffte ich auch, daß uns jedermann jetzt beobachtete. Ich hörte ein leises Hüsteln, und eine große Gestalt stand neben uns. Shinichro hob den Kopf und starrte den Mann mit der stahlgeränderten Brille ausdruckslos an.
    »Shinichro«, sagte ich, »das ist Detective Inspector Robert Falk.«
    Shinichro grinste breit, um seine Abscheu zu verbergen, als der große Mann seine schlaffe, widerwillige Hand mit seinen Bananenfingern ergriff und fest schüttelte, bevor er sich an mich wandte.
    »Ich bin Ihnen gefolgt, muß ich zu meinem Bedauern gestehen. Aber Sie sind allein. Es ist alles in Ordnung.«
    Ich spendierte ihm ein Bier. Wir warteten, bis er in langen, durstigen Zügen aus dem goldenen Glas getrunken und

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