Sieh mich an, Al Sony
war zuviel für Debbie. Geplant war, daß Shinichro und ich zusammen Weggehen sollten. Erwürde mich bei der Technology Week absetzen, wo ich mich unter dem Vorwand, für eine Story zu recherchieren, mit Richard treffen sollte, und Shinichro würde in die Zentrale seines Unternehmens nach Harrow fahren, um die Chips zu untersuchen. Ich erzählte ihnen nichts von einer Story, die ich vielleicht wirklich schreiben würde. Was Charlie und Debbie anging, so hatte Richard einfach ein paar von meinen Sachen noch bei sich zu Hause. Nachdem Shinichro die Chips inspiziert hätte, würde er in sein Büro im West End zurückkehren. Debbie hatte die Aufgabe, an Charlies Bett zu sitzen und pflichtbewußt mindestens eine Stunde lang sein Händchen zu halten. Aber davon wollte sie nichts wissen.
»Ihr geht hier mit den Dingern nicht raus«, sagte sie.
»Debbie, wir waren uns doch einig...«, sagte Charlie flehentlich.
»Ich traue ihr nicht und ihm auch nicht. Wir wissen alles über sie, und was wissen wir über ihn? Das da sind eine Million Dollar.«
»Sprich nicht so laut...«
»Ich wäre nicht überrascht, wenn dieser Pal Kuthy und sie — «
An dieser Stelle erhob ich Protest, aber Shinichro packte meinen Arm und sagte: »Laß sie mitkommen. Wieso soll sie nicht auch einen Teil des Risikos tragen?« Debbies Augen wurden schmal, ihr Blick wachsam.
»Genau«, sagte ich. »Bis jetzt hat das jeder. Wieso nicht auch mal du?«
»Das ist ein Trick. Ich bin nicht blöd«, sagte sie.
»Setz dich, Debbie, Herrgott noch mal«, sagte Charlie.
»Nein.«
Und so kam sie mit; sie marschierte an Shinichros Seite zur Tür hinaus. Ich ging auf der anderen, und der arme Shinichro klemmte zwischen uns wie ein Sushi in einem Weißbrotsandwich. Vor dem Krankenhaus sagte ich ihm auf Wiedersehen, und ich war ziemlich besorgt um ihn. Er ging jetzt zur Arbeit, aber mit Debbie im Schlepptau..., das sah nicht echt aus. Für jeden, der es beobachtete, mußte es ganz unmöglich aussehen.
Eine halbe Stunde später saß ich in der Redaktion der Technology Week und redete mit Richard.
»Willst du schwimmen gehen?« fragte er.
»So viele Kleider hab’ ich nicht mehr zu Hause.«
»Wo hast du Freitag abend gesteckt?«
»Bei ’nem alten Freund.«
»Was gibt’s also Neues?«
»Weißt du, daß du da oben ein bißchen schütter wirst?« sagte ich und spähte auf seinen Scheitel. Er fuhr sich mit der Hand durch die hellbraunen Locken und runzelte die Stirn.
»Ich meinte, was gibt’s Neues in Sachen Story?«
»Oh...«
Ich hätte mich entschuldigen müssen, aber einejunge Reporterin aus der City-Redaktion unterbrach uns, bevor ich es tun konnte. Sie hatte in den Tickermeldungen etwas gefunden. Es wurde allmählich hektischer, als das Blatt dem Drucktag entgegenrumpelte. Der Zigarettendunst legte sich nach und nach über den Raum wie Smog in der City. Es hingen mehr Leute am Telefon, hatten sich den Hörer zwischen Kinn und Schulter geklemmt und beugten sich mit ernsten Mienen über ihre Notebooks, statt zurückgelehnt zu lachen, die Füße im Eingangskorb, und Zigarettenasche auf den Fußboden zu schnippen. Richard hatte sich anscheinend gut eingelebt. Er wirkte ganz heimisch und fühlte sich offenbar auch so, denn er hatte sich sein TV-Radio oben auf den Monitor geklebt, um das erste Testmatch gegen Westindien nicht zu versäumen. Er klopfte seitlich gegen das Gerät, um das Bild der seelenlosen Tea-Time-Szenerie in Trent Bridge zur Ruhe zu bringen, und wandte sich dann wieder mir zu.
»Was hast du also?« fragte er.
»Er ist es. Pal Kuthy, Budapest Joe, oder wie er sonst heißen mag — ein High-Tech-Schmuggler der alten Schule, der sich rasant weiterbildet. Er ist in der Stadt auf der Suche nach Drams im Wert von einer Million Dollar. Er dachte, Charlie hätte sie noch, aber Charlie hatte sie nicht, und jetzt ist Charlie im Krankenhaus.«
Richard zog eine Braue hoch.
»Zerschlagene Kniescheibe und gerissene Bänder. Kuthy hat ihm nicht geglaubt.«
Jetzt gingen beide Brauen hoch.
»Na ja, zumindest hat er sie ihm nicht weggeschossen«, sagte ich, und Richard schürzte die Lippen, als könne er den Schmerz fühlen.
»So sieht es aus?«
»So sieht’s aus.«
Richard trat ein bißchen näher heran und sprach mir leise ins Ohr. »Hör mal, George. Wird es dir möglich sein, diese Story zu schreiben?«
»Du meinst, wird es Max möglich sein, sie zu drucken?«
»Was auch immer.«
»Es ist nicht wie beim letztenmal, Richard. Nicht ganz.
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