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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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andererseits auch wieder nicht. Pal war noch zu jung für die Pensionierung, und daß einer überflüssig war, bedeutete in der Schlapphutbranche vermutlich nicht sehr viel. Was also blieb einem armen Jungen anderes übrig, als seine schallgedämpfte Pistole zu vermieten?
    Unten auf Seite eins, in dem Artikel über den »Golfkrieg«, wurde der Verdacht geäußert, daß Saddam Hussein mit chemischen Waffen gegen die Großangriffe der iranischen Infanterie vorging. Auf der Innenseite war ein Feature über George Dukakis, den Kandidaten der Demokraten, und wie cool es doch sei, klein und uncharismatisch zu sein und trotzdem Präsident werden zu wollen, ja, dies zu wagen. Kein Mensch würde zugeben, daß er keine Chance hatte, weil er Grieche war. Ich war froh, daß ich keinen Nachrichtenwert besaß. Niemand schuldete mir Unterhaltszahlungen, niemand dachte, ich hätte etwas, das ihm gehörte. Ich hatte keine Hypothek und kein Geschäftsdarlehen, ich hatte keine Immobilien und keine Grenzen zu verteidigen, ich mußte niemandem etwas beweisen, ich dürstete nicht nach Macht, ich hatte nicht den Wunsch nach Reichtum der Kategorie serious, groovy oder schweinemäßig, und ich hatte niemanden, der von mir abhängig war. Wenn ich mich nur mal eine Zeitlang um mich selbst kümmern und ausnahmsweise ein paar gute Entscheidungen treffen könnte, dann wäre alles in bester Ordnung. Verdammt, dann würde ich auch nach Disneyland kommen.
    Ich war an diesem Tag die letzte in der Well Woman Clinic. Wenn ich gewußt hätte, was sie mit mir anstellen würden, wäre ich nicht hingegangen. Ich hatte einen kurzen Test gewollt, kein komplettes Diagnoseprogramm. Die nüchtern-sachliche Krankenschwester sagte mir, was ich schon wußte und was Esther mir dauernd erzählte: daß meine Ernährung ausgeglichener sein könnte, daß mein Blutdruck prima sei, daß fünfzehn Glas Wein — oder ein gleichwertiges anderes Getränk — pro Woche übermäßig viel seien (die Wahrheit konnte ich ihr nicht sagen), vor allem für eine Frau, daß das Rauchen meine Lungenkapazität beeinträchtige, und mehr noch, daß ich es aufgeben solle, daß ich nicht im entferntesten übergewichtig sei, aber ein bißchen Körpertraining vertragen könne, daß ich keine Knoten in der Brust hätte, aber mal einen Abstrich machen lassen solle, und ob ich schon mal daran gedacht hätte, mir eine Spirale einsetzen zu lassen? Sie überließ es der Ärztin, mir zu erzählen, daß ich nicht mehr schwanger sei, und die Worte der Ärztin prasselten auf mein Herz ein, als wäre die Nachricht ganz neu. Sie tätschelte mir die Hand und meinte, eine von sechs Schwangerschaften ende mit einer Fehlgeburt, fünfundsiebzig Prozent im ersten Drittel, und dann füllte sie eine Karte aus, damit ich mich in einem örtlichen Krankenhaus scannen lassen könnte. Als ich zu Hause ankam, wollte ich gleich damit anfangen, die Ernährung, die mir die Krankenschwester vorgeschlagen hatte, mit ein paar übermäßigen Gläsern Wein auszugleichen. Der Kühlschrank enthielt eine offene Packung Speck, dessen rosa Schimmer allmählich einem schleichenden, sklerotischen Braun wich, eine Dose Thunfisch, auf den ich nun keine Lust mehr hatte, und eine karge Auswahl an Salatprodukten, die so mitgenommen waren, daß sie beinahe organisch aussahen. Der Kopfsalat wurde langsam schleimig, aber Gurken und Tomaten hatten sich gehalten, und es war noch etwas eßbarer Käse da — und eine Flasche Weißwein stand stolz neben einem zweifelhaften Milchkarton.
    »Wieso die Mühe?« fragte ich mich. »Greta Garbo verwahrte eine einzelne Orchidee im Kühlschrank und sonst gar nichts. Die Frau war ehrlich. Sie mochte Takeaways. Ein schöner australischer Chardonnay und eine Pizza, damit wäre sie zufrieden gewesen. Mit einer Flasche hiervon könnte ich einer Orchidee gegenübersitzen und mich den ganzen Abend mit ihr unterhalten...«
    Ich zog den Korken aus der Flasche und hörte mit Genuß das satte Plopp, als er herausfuhr, und dann wühlte ich in einer Schublade voller Plastiktüten nach der Speisekarte vom Pizzaservice. Ich goß mir ein großes Glas Wein ein, und als ich mich auf die Arbeitsplatte lehnte, um mir die Auswahl anzusehen, und dabei einen kurzen Blick aus dem Küchenfenster warf, sah ich den Himmel, wo orangefarbene Wolkenfetzen ins Blaue trieben, und ich sah den Van, dessen metallische Fenster in bräunlichem Pfirsichton in der Abendsonne glänzten. Ich empfand eher Arger als Angst. Am liebsten hätte ich

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