Siesta italiana: Meine neue italienische Familie
ein Buch mit Geschichten heraus, in der tapfere Beamte die Rolle von Märchenhelden übernehmen: Wer einen italienischen Frosch küsst, muss damit rechnen, dass er sich in einen Polizisten statt in einen Prinzen verwandelt. Trotz ihrer Bemühungen, der allgemeinen Verachtung etwas entgegenzusetzen, ist und bleibt der unglückliche carabiniere eine Witzfigur, so wie es der Ire in englischen oder australischen Witzen ist: Die beste Methode, das Ohr eines Polizisten zu verbrennen, ist nach wie vor die, ihn anzurufen, während er bügelt.
Wenn Italiener den Motor ihres Wagens anlassen, hoffen sie zwei Dingen zu entgehen – Unfällen und carabinieri . Eine Madonna im Handschuhfach schützt laut Aberglaube vor Ersteren, aber nichts kann den Schutz vor Letzteren garantieren. Da fährt man sorglos mit heruntergekurbeltem Fenster und lautem Radio dahin, bis einen ein unbeholfener Verbrechensbekämpfer mit einem Riesenlolli zum Halten zwingt. Und obwohl man nichts falsch gemacht hat, steckt man in ernsten Schwierigkeiten.
Genau eine Woche nach unserem bedauerlichen Ausflug nach Alberobello gerieten wir auf unserer Fahrt nach La Botte in so einen Hinterhalt, und man winkte uns mit dem gefürchteten Riesenlolli zu. La Madonna des Handschuhfachs hatte versäumt, ihre Arbeit zu tun, und am Wochenende davor hatten 70 Menschen ihr Leben auf italienischen Straßen verloren. Und noch ein idiotisches Gesetz war verabschiedet worden, nämlich, dass man Tag und Nacht die Scheinwerfer anmachen muss. Unsere waren an, also warum hatte man uns angehalten? Ich hatte in den Abendnachrichten von dem neuen Gesetz erfahren, aber laut dem carabiniere , der sich zu meinem Fenster herunterbeugte und meinen Führerschein sehen wollte, hatte ich es falsch ausgelegt.
»Sie dürfen die Scheinwerfer tagsüber nur auf einer autostrada, superstrada oder extra-urbana anmachen. Warum haben Sie Ihre auf der urbana an?«
Ich weigerte mich zu antworten und ahnte bereits ungläubig, worauf der Beamte hinauswollte.
»Jetzt sagen Sie mir bloß nicht, Sie wollen mir ein Bußgeld verpassen, nur weil ich meine Scheinwerfer auf der falschen Straße angemacht habe?«
»Esattamente signore.«
In diesem Moment flippte ich aus. Ich schnallte mich im Zeitlupentempo ab, öffnete die Tür, kletterte aus unserem frisch reparierten Lancia, baute mich wenige Zentimeter vor dem gedrungenen carabiniere auf und boxte die Frustrationen eines Jahres in seine kugelsichere Weste. Mir war nicht mehr nach Diplomatie zumute, als ich einen wenig eleganten, aber dafür höchst befreienden Wutausbruch bekam: »Dieses beschissene Land ist ein beschissener Sauhaufen!«
Eine Krähe brach das darauffolgende Schweigen, indem sie in ihrem Olivenbaum neben der Straße laut aufkrächzte und sich über meinen heftigen Wutausbruch lustig zu machen schien.
»Die Krähe ist auch meiner Meinung«, fügte ich noch hinzu.
Wahrscheinlich habe ich es dem Vogel zu verdanken, dass ich vor einem Nachmittag in Handschellen bewahrt wurde.
» Mi scusi, signore? «, sagte der Beamte. »Was haben Sie da soeben gesagt?«
»Ich sagte, dass ich es nicht zulassen werde, dass Sie mir wegen des Fahrens mit eingeschalteten Schweinwerfern ein Bußgeld aufbrummen, nur weil ich gerade die falsche Art Straße benutze.«
»Und wie wollen Sie das anstellen?, fragte ein dünner zweiter Beamter, der von seinem Streifenwagen mit einer dicken Maschinenpistole auf mich zukam.
Doch ich schimpfte weiter, als handele es sich um eine Wasserpistole.
»Indem ich Ihnen sage, dass ich in den Abendnachrichten gesehen habe, dass man die Scheinwerfer ständig eingeschaltet haben muss, und zwar auf allen Straßen.«
Die Beamten sahen sich an.
»Wie dem auch sei«, fuhr ich fort, »wenn ich meine Lichter anmachen will, mache ich sie an. Das ist Abblendlicht, also was wollen Sie dagegen schon unternehmen? Wollen Sie mich auch noch bestrafen, weil ich mein Autoradio zu laut anhatte?«
Die Worte sprudelten in perfektem Italienisch aus mir heraus, obwohl es besser gewesen wäre, sie hätten das nicht getan. Daniela, der die Art meines Vortrags missfiel, wenn sie seinen Inhalt auch guthieß, stieg aus, sagte, ich solle mich beruhigen, und stellte sich zwischen mich und die Polizisten.
»Das stimmt«, kam sie mir zur Hilfe. »In den Nachrichten haben sie gesagt, ständig, auf allen Straßen.«
» Impossibile «, sagte der Bewaffnete und sah erneut zu seinem Kollegen.
»Offensichtlich nicht«, brach es aus mir heraus, und ich
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