Siesta italiana: Meine neue italienische Familie
kein Filmtitel ist -, als Daniela von ihrer Mutter zurückkam. Ihr Gesicht war völlig freudlos und erschöpft, und die Schatten unter ihren Augen sahen aus wie dunkle Balken.
»Was für ein schöner Mond«, sagte sie und setzte sich mit auf meinen Sessel.
»Möchtest du darauf heiraten?«
»Nein, ich möchte auf der Burg heiraten.«
»Und deine Mutter?«
»Sie wird kommen. Ich habe soeben mit ihr gesprochen. Sie wird kommen.«
»Was hast du ihr gesagt?«
»Ich habe ihr geraten, ein wenig Vertrauen in ihre Tochter zu haben und nicht nur in Gott.«
Wir schwiegen gemeinsam – was guttut, wenn man verliebt ist, und verstört, wenn man es nicht ist – und sahen zu, wie der Mond aufging und es Nacht wurde.
Fast eine Woche lang hielt Valeria ihr brüchiges Versprechen, die Hochzeit nicht mehr zu erwähnen. Aber als ich eines Morgens bei ihr vorbeischaute, nachdem ich mir eine Hochzeit auf der Burg angesehen hatte, um mich zu informieren, wie so eine standesamtliche Trauung aussah, vergaß sie ihr Versprechen sofort wieder und brach es. Ich wusste nicht recht, ob die Zeremonie eine Farce oder ein Fiasko gewesen war, vielleicht sogar beides, aber auf jeden Fall das Ergebnis von mangelnder Kreativität und der Tatsache, dass der Trauzeuge die Trauringe auf seinem Wagendach vergessen hatte. So etwas wie Standesbeamte gibt es in Italien nicht, sodass der Bürgermeister das Paar getraut und Gesetze statt Gebete vorgetragen hatte. Ich war nicht sehr begeistert von dem, was ich da gesehen hatte, aber mit etwas mehr Fantasie sollte sich durchaus ein besonderes Erlebnis daraus machen lassen. Valeria war anderer Meinung und ließ mich das auch deutlich wissen, als ich auf dem Heimweg vorbeischaute, um meine Vespa abzuholen.
»Schon zurück?«, fragte sie rhetorisch.
»Nun, ich gehörte nicht zu den Hochzeitsgästen, und die Trauung war schnell vorbei.«
Sie wäre sogar noch schneller vorbei gewesen, wenn es die zehnminütige Suche nach den Ringen nicht gegeben hätte.
»Weißt du, Crris, hier lassen sich nur Leute mit Problemen auf der Burg trauen. Wahrscheinlich war die Zeremonie deshalb so schnell vorbei.«
»Probleme? Was denn für Probleme?«
»Leute, die geschieden sind oder vielleicht schwanger.«
Die Braut war in der Tat schwanger gewesen, etwas, worüber Don Filippo gesagt hatte, es sei »das größte Geschenk« und »der größte Segen, den Ihnen Gott zuteilwerden lässt«. Aber anscheinend nur unter ganz besonderen Umständen.
»Und was ist daran das Problem ?«
»Na ja, ein Problem ist das vielleicht nicht, aber wenn sie geschieden sind, dürfen sie nicht kirchlich heiraten.«
»Außer sie zahlen, meinst du.«
Eine sizilianische Freundin von Daniela war neulich geschieden worden und wollte noch einmal kirchlich heiraten. Die Kirche stimmte nur zu, wenn sie dafür umgerechnet 25 000 Euro erhielt.
»Die Kirche ist sehr empfänglich«, sagte ich zynisch.
»Die Kirche hat eine strenge Moral«, nahm Valeria sie in Schutz.
»Eine sehr scheinheilige und noch dazu käufliche Moral.«
Wir hatten uns besser verstanden, als wir uns noch nicht miteinander verständigen konnten.
Die standesamtliche Trauung auf der Burg warf ein völlig neues Licht auf Valerias Einstellung. Sie hatte anscheinend weniger etwas dagegen, dass wir nicht kirchlich heirateten, sondern vielmehr, dass der Ort fälschlicherweise daraus schloss, irgendetwas stimme mit ihren »Kindern« nicht. Zum Beispiel, dass ich geschieden sei und Daniela mehr zu tragen hatte als nur den Brautstrauß. Valeria wollte uns vor diesem gehässigen Klatsch beschützen, den örtlichen Gepflogenheiten Genüge tun und einen guten Eindruck machen - fare bella figura , wie die Italiener sagen.
Als ich Daniela von der Hochzeit auf der Burg erzählte, sagte ich, sie sei nur deshalb so prosaisch gewesen, weil so wenig Hochzeitsgäste dabeigewesen seien. Wegen der monotonen Verlesung der Gesetze durch den Bürgermeister, so als eröffne er eine neue Brücke. Und wegen dem Fehlen von Musik, Blumen und anderen Dekoelementen. Sie hatte den Eindruck einer echten Zwangsehe erweckt: Tatsächlich war die Braut so schwanger gewesen, dass man Angst hatte, die Wehen würden noch während der Trauung einsetzen. Vielleicht war die Zeremonie auch deswegen so schnell vorbei. Daniela und ich waren uns sicher, dass wir eine standesamtliche Trauung zu einem echten Event machen konnten. Aber ging das auch in einem Ort, der nur deswegen etwas dagegen hatte, weil er so etwas nicht
Weitere Kostenlose Bücher