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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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kommen Sie her?«
    »Aus Australien.«
    »Australien? Was um alles in der Welt tun Sie dann hier?«
    Ich sah Daniela an.
    »Ah«, sagte er. »Liebe, Krieg und Geld sind die drei Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen. Sie haben sich den besten Grund ausgesucht.«
    Ich lächelte. Er sprach weiter und schien sich endlich mal alles von der Seele reden zu wollen.
    »Die Papiere sind ein Riesenproblem. Die Behörden hier sind furchtbar. Aber ansonsten ist Italien gar nicht so schlecht. Sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu besorgen ist ein Albtraum. Aber wenn man sie erst mal hat, kann man sich frei im Land bewegen und sich eine Arbeit suchen. In Deutschland bekam ich die Genehmigung sofort, durfte mich aber nicht weiter als 25 Kilometer von der Behörde entfernen. Da habe ich zu dem Beamten gesagt: ›25 Kilometer? Ich bin doch nicht Ihr Hund!‹«
    Wir mussten lachen.
    »Leben Sie schon lange hier?«, fragte Daniela.
    »Fast vier Jahre«, sagte er. »Bitte entschuldigen Sie, signora , aber ich mag Italien nicht besonders. Aber es ist die einzige Heimat, die mir noch geblieben ist. Jugoslawien gibt es nicht mehr.«
    Es kam Bewegung in die Schlange. Während er einen Schritt nach vorn machte, traten wir einen Schritt zurück, da unser »Bekannter« bereits unterwegs war.
    Zehn Minuten später hielten zwei schwarze Lancias mit getönten Scheiben vor dem Gebäude, und zwar nebeneinander, so dass der gesamte Verkehr zum Erliegen kam. » Ecco Riccardo «, verkündete Daniela und zupfte ihre Bluse zurecht. Dem zweiten Wagen entstieg der örtliche Polizeichef, ein schwer übergewichtiger Glatzkopf mit Ziegenbärtchen. Wenn sein Lächeln nicht gewesen wäre, hätte er mich schwer eingeschüchtert. Er wirkte eher so, als sei er selbst eine Figur aus der Unterwelt, sodass ich ihn zunächst für einen jener Mafiosi hielt, die er eigentlich fangen sollte. Seine Begleiter zündeten sich Zigaretten an und lehnten sich gegen die Lancias, während Riccardo mit ausgebreiteten Armen auf uns zukam.
    » Carissima Daniela «, rief er und küsste sie auf beide Wangen. »Er ist also endlich da?«
    » Si, si «, sagte Daniela und berührte meinen Arm. » Chris, ti presento Riccardo .«
    Immer noch schockiert über Riccardos Auftreten, stotterte ich: »Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen.«
    »Ich habe Sie schon auf dem Papier kennengelernt«, erwiderte er, zerquetschte mir beinahe die Hand und küsste mich auf die Wangen. » Dai , bringen wir’s hinter uns, damit wir gehen und gemeinsam etwas trinken können.«
    Wir folgten Riccardo an den Anfang der Schlange, wo ihn der Polizist hinter dem Schalter erkannte und auf einen Knopf unter seinem Tresen drückte. Daraufhin öffnete sich eine Tür neben ihm. Von einem mit grauem Marmor vertäfelten Gang gingen mehrere Büros ab. Riccardo führte uns zum letzten Zimmer, das er ohne anzuklopfen betrat. Der Mann am Telefon unterbrach sein Gespräch.
    » Buongiorno ispettore «, sagte Riccardo. Ohne seine Reaktion abzuwarten, stellte er Daniela und mich vor, erklärte den Grund für seinen Besuch und endete mit den Worten permesso di soggiorno – Aufenthaltsgenehmigung. Der Inspektor zog an seiner Zigarette, bevor er einen grauen Aktenschrank neben seinem grauen Schreibtisch öffnete. Alles in dem Büro war grau: das Telefon, die Akten, die sich bis an die Decke stapelten, ja sogar sein hustender Insasse. Es gab keinen einzigen Computer, und alles war entweder von Zigarettenasche oder Staub übersät: die sich durchbiegenden Regale und das Büromaterial ebenso wie das Kruzifix an der Wand. Das einzig Saubere und Weiße war das Formular, das der Inspektor aus seiner Schublade zog und auszufüllen begann.
    Obwohl er meinen Namen von meinem Pass abschrieb, verschrieb sich der Inspektor. Auf dem Formular stand Crristoper Arrison – genau wie die meisten Italiener bis auf Daniela meinen Namen aussprechen, wobei sie das R meines Vornamens rollen und das H meines Nachnamens weglassen.
    »Nein, Harrison mit H am Anfang«, verbesserte ihn Daniela, nachdem sie die krakelige Schrift des Inspektors entziffert hatte. »Und Christopher schreibt sich mit einem R und zwei H.«
    » Accidenti «, murmelte der Inspektor, bevor er ein neues Formular herauszog und uns Zigaretten anbot, die wir ablehnten.
    Italiener haben Schwierigkeiten mit dem englischen Alphabet. Ihr alfabeto hat nur 21 Buchstaben – J, K, W, X und Y fehlen. Und obwohl der Buchstabe H existiert, wird er nie ausgesprochen und taucht nur bei

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