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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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macht, als er seinen Unterricht plante. Indem er mir zunächst blumige Redewendungen beibrachte, sorgte er dafür, dass ich so davon angetan war, was das Italienische mit meinem Mund anstellte, dass ich gern tolerierte, was die komplizierte Grammatik alles mit meinem Kopf anstellte. Meine erste Französischstunde an der Uni bestand nur aus Grammatik. Ich konnte weitere Stunden nehmen oder es genauso gut bleiben lassen. Aber schon nach einer Stunde bei Giacomo besaß ich die unglaubliche Fähigkeit, eine Frau zu fragen, ob sie mit mir ins Bett geht. Schon das genügte, dass ich auch die zweite besuchte – nur für den Fall, dass sie Ja sagte.
    Aber wer eine Sprache im luftleeren Raum lernt, erwirbt nur sehr oberflächliche Kenntnisse. Die einzige Methode, eine Sprache wirklich zu lernen, besteht darin, unter Muttersprachlern zu leben, ihre Aussprache und ihren Tonfall nachzuahmen. Ohne Giacomo einen Vorwurf machen zu wollen, lernte ich in einer Woche in Italien mehr als in einem Monat in Sydney. Wenn man in eine Sprache eintaucht wie ein Angelhaken ins Meer, ist es beinahe unmöglich, ohne reiche Ausbeute zurückzukehren. Langsam, aber sicher nehmen die Wörter Gestalt an, eines nach dem anderen, wie Schneeflocken auf Pinienzweigen.
    Man muss einfach nur die Ohren aufsperren. Verschnaufpausen gibt es nicht. Mit die besten Lektionen lernt man beim Entspannen. Man braucht keinen Linguistikprofessor, um die erste Person Plural zu lernen. Ein parteiischer Fußballkommentator tut es auch. »Eckstoß für uns!«, rief der Kommentator und Inter-Mailand-Fan. »Meine Güte, wir spielen echt gut heute!«
    Bei einem Strandausflug in Andrano lernte ich den Unterschied zwischen Siezen und Duzen. Als Australier fiel mir das schwer – nicht nur, weil es diesen Unterschied im Englischen gar nicht gibt, sondern auch, weil ich ihn ziemlich unlogisch und scheinheilig finde. Ein Freund von Daniela hatte sich über einen Dobermann aufgeregt, der sich im Wasser entleert, das Mittelmeer verschmutzt und eine schwimmende Tretmine am Strand hinterlassen hatte. Stefano beschwerte sich höflich bei seiner Besitzerin, die jedoch heftiger über ihn herfiel, als es ihr Hund je hätte tun können. »Mein Hund ist viel sauberer als Sie «, schrie sie. Italiener beschimpfen sich mit Respekt.
    Der Fernseher ist ebenfalls ein ausgezeichnetes Lehrbuch. Den ganzen Sommer über sah ich mir die italienische Seifenoper Incantesimo – Verzauberung – an und bereicherte mein Vokabular um so wichtige Wörter wie Liebhaber, Affäre, schwanger, mit jemandem durchbrennen, Fehlgeburt und Mord. Und das alles in einer ziemlich durchschnittlichen Woche im Leben der Protagonistinnen.
    Das größte Hindernis, eine Fremdsprache zu lernen, ist der Stolz. Ich kann jedem nur raten, ihn sofort über Bord zu werfen. Wenn man nicht über sich selbst lachen kann und nicht bereit ist, »Pädophile« statt »Tretboote« zu mieten, erlebt man zwar keine Erniedrigung, wird aber auch nie überdurchschnittliche Leistungen vollbringen. Einmal habe ich den Metzger von Andrano sogar um »einen Kilometer« Wurst gebeten, statt um ein Kilo. »Du musst ziemlich hungrig sein«, erwiderte er ebenso freundlich wie hinterhältig. Der einzige Grund, warum Einheimische Fremde akzeptieren, die sich bemühen, ihre Sprache zu sprechen, ist der, dass sie mit ihnen etwas zu lachen haben.
    Als ich Daniela eine Folge von Incantesimo erzählte, sagte ich, die Krankenschwester habe das Neugeborene in einen »Entfeuchter« gelegt, statt in den Brutkasten. Leider hat es nicht überlebt. Wahrscheinlich starb es an Austrocknung.
    Auf Italienisch klingt die Perfektform des Verbs »entdecken« ( scoperto ) gefährlich ähnlich wie die des Verbs »ficken« ( scopato ). Wir lebten erst kurz in Mailand, als ich nach Hause eilte, um Daniela zu erzählen, ich hätte einen Laden an der Ecke »gefickt«, der internationale Handykarten verkaufte, ein japanisches Restaurant hinter der Bank und – was sie wahrscheinlich am härtesten traf -, eine Frau, die offizielle Dokumente billiger übersetzte als die Frau auf dem australischen Konsulat.
    Da sie in meiner Sprache selbst reichlich Fehler machte, verbesserte mich Daniela nur selten. Als wir eines Tages vom Einkaufen nach Hause kamen, meinte sie, sie sei so müde, dass sie am liebsten stehen bleiben würde, um unter dem nächsten Baum »einzuschwafeln«. Aber ihr lustigster Versprecher passierte, als wir meine Unterlagen im Einwohnermeldeamt von Lecce

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