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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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nicht, dass unsere Mahlzeiten eintönig gewesen wären. Ich bezweifele sogar, dass ich jemals zweimal dieselben Spaghetti gegessen habe, außer, es war erwünscht. Das Essen ist ein Aspekt, der sich deutlich verbessert, wenn man in Italien lebt, anstatt das Land nur zu bereisen. Nicht nur von der Sprache, sondern auch von dem wesentlich dicker machenden Essen konnte ich nie genug bekommen. In Australien aß ich, um zu leben. In Italien lebte ich, um zu essen.
    Mein Lieblingsessen waren Danielas spaghetti alle vongole – Spaghetti mit Muscheln und Weißwein. Ebenfalls köstlich fand ich Luisas spaghetti alla mediterranea – ein einfaches Gericht, das sie als »echt italienische Nationalflagge« beschrieb, mit grünem Basilikum, weißen Spaghetti und roter Tomatensauce. Wenn es Landesverrat ist, sie zu essen, bin ich bereit, dafür zu hängen. Adeles Spezialität waren entweder spaghetti alle melanzane – mit Tomaten und Auberginen – oder spaghetti al gusto vivo mit Thunfisch, Pilzen und Tomaten. Die spaghetti ai funghi ihres Mannes waren hervorragend, genauso wie seine mare e monti mit Pilzen und Meeresfrüchten. Francesco experimentierte gern in der Küche und versuchte sich oft in Saucen, die er selbst erfunden hatte. Ich fragte nur selten nach den Zutaten, zählte jedoch stets die Fische in seinem Aquarium, falls er die Idee zu spaghetti alla piranha gehabt hätte. Sergio konnte in wenigen Minuten eine carbonara zubereiten, und Micheles aglio, olio e peperoncino waren so scharf, dass sie beinahe seine winzige Wohnung beheizten. Mein Beitrag bestand darin, Nachtisch aus der pasticceria in unserer Straße zu besorgen und mich darum zu kümmern, dass jeder ein halbvolles Glas vor sich stehen hatte.
     
    Um die Rolle der italienischen Familie zu beschreiben, schrieb Luigi Barzini:
    »Wo die Staatsautorität schwach ist und man dem Gesetz inneren und äußeren Widerstand entgegensetzt, wird die Sicherheit und das Wohlergehen des Einzelnen im Wesentlichen durch die Familie gewährleistet. Die italienische Familie gleicht einer Burg in Feindesland: Denn hier innerhalb ihrer Mauern und bei den Menschen, die zu ihr gehören, findet der Einzelne Trost, Hilfe, Rat, Unterstützung, Darlehen, Waffen, Verbündete und Komplicen. Kein Italiener, der eine Familie hat, ist je allein.«
     
    Als süditalienische Legion auf einem norditalienischen Schlachtfeld erfüllte unsere Sonntagabendfamilie alle Zwecke, die Barzini beschreibt, bis auf das mit den Darlehen und Waffen, außer man wollte den Bumerang mitzählen. In dieser Runde wurden oft Probleme besprochen, die den ein oder anderen von uns um den Schlaf brachten, seien es nun Beziehungsprobleme, Autounfälle oder irgendein rätselhaftes italienisches Gesetz. Italiener stehen dem Staat und seinen Statuten misstrauisch gegenüber und fragen stets die Familie um Rat, wenn sie mit dem einen oder anderen zu tun haben. Doch angesichts der niedrigsten Geburtenrate Europas stellen die italienischen Familien nicht mehr das Wissensreservoir dar wie zu den Zeiten Barzinis. Deshalb sah sich Antonio gezwungen, seine zweite Familie hinsichtlich eines obskuren Gesetzes zu befragen, das ihm hinsichtlich der Vergrößerung seiner ersten Familie Kummer machte.
    Ich bewältigte gerade einen Berg Barilla-Nudeln, als Antonio fragte: »Crris, wie klingt für dich der Name A-S-I-A?«
    »Je nachdem, wie du ihn aussprichst, wie ein Putzmittel oder wie ein Kontinent. Wieso?«
    Adele erwartete eine Tochter, die Antonio Asia nennen wollte. Aber er hatte von einem Fall in Turin gehört, wo es laut einem Gesetz aus den 1930er-Jahren verboten war, ein Kind nach einer Orts- oder Länderbezeichnung zu benennen, sodass das Kind gezwungen worden war, seinen Namen zu ändern. Antonio machte sich nicht nur Gedanken über die Schreibweise, sondern recherchierte auch ausgiebig. Dabei stieß er auf die Website der berühmten italienischen Schauspielerin Asia Argento und schickte ihr eine E-Mail, in der er sie fragte, ob sie je Probleme damit gehabt habe, ihren Namen mit einem Kontinent zu teilen.
    Er hatte immer noch keine Antwort erhalten, also verbrachten wir die bewusste Sonntags- Spaghettata damit, eine Lösung für sein Problem zu finden.
    Antonio hatte widersprüchliche Angaben hinsichtlich der Gültigkeit dieses dubiosen Gesetzes erhalten. Eine Behörde behauptete, es sei noch in Kraft, während eine andere genau das Gegenteil verkündete. Das machte den stolzen Vater eines bereits vorhandenen Kindes

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