Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Frau beschreiben?«
»Also, ehrlich, sie sah nuttig aus. Von allem zu viel, wenn Sie verstehen, was ich meine. Meine Frau sagt immer …«
»Wie alt war diese Frau ungefähr?« Rodenstock wiederholte die Frage, weil er testen wollte, ob Sieweking bei seiner Aussage blieb.
»Vierzig würde ich sagen«, wiederholte er. »Ja, und weißblonde, mittellange Haare. Irgendwie passte die nicht zu Jakob. Er war ja ein Naturbursche, eine ganz eigenwillige Type, im Wald zu Hause, sage ich mal. Ich habe ja erlebt, wie er sich im Wald bewegt. Und bei der Frau konnte man sich Wald überhaupt nicht vorstellen. Ich stakste da rum und trat dauernd auf spitze Sachen, wie ein Storch im Salat. Jakob ging, als wäre da Parkett verlegt. Und dann setzte er sich einfach unter die Bäume, hob die Hand und sagte: >Ein Eichhörnchen!< Ich hörte und sah absolut nichts, aber dann sah ich ein Eichhörnchen über uns durch die Zweige flitzen. Wirklich, sagenhaft, der Junge.«
»Hat Jakob Stern irgendetwas zu dieser Person geäußert?«, fragte ich.
»Nichts«, sagte er. »Ich fand es nur komisch, dass wir beide stundenlang durch den Wald tigern, um eine Frau zu treffen. So was macht man doch anders, oder?«
»Und es machte den Eindruck, als habe die Frau in Schöneseiffen extra auf Stern gewartet?«
»Ja, einwandfrei. Denn als wir die Kneipe erreichten, stieg sie aus dem Auto aus. Ich fragte mich noch, was wohl passiert wäre, wenn Jakob sich unterwegs einen Fuß verrenkt hätte.«
»Sie sind dann mit Jakob Stern zurück zum Hof? Ist das richtig?«, fragte ich.
»Ja«, bestätigte Sieweking. »Dann machte er uns ein Essen, also, wir haben uns gemeinsam ein Essen gemacht, und er fragte mich nach meinem Beruf und so. Es war unheimlich entspannt, so ruhig war ich seit Jahren nicht mehr. Ich wollte noch nicht mal die Tagesschau sehen. Ich habe meinen Agenten nicht angerufen, und meine Frau auch nicht. Um neun Uhr oder so lag ich auf der Couch. Ich habe zehn Stunden geschlafen.« Wieder strahlte er, wieder sagte er: »Der Jakob war ein richtiger Wunderdoktor.«
»Und Sie sind sicher noch mehrmals zu Stern gefahren?«, fragte ich.
»Nein. Der war ja dauernd belegt, für Monate, da gab es einfach keine Termine mehr. Ich kam sowieso nur an die Reihe, weil ein anderer abgesprungen ist.«
»Er war also ausgebucht?«
»Vollkommen. Und er hat ja auch nicht jeden durch die Pampa gescheucht, er hatte für jeden eine eigene Methode.« Er kicherte. »Da gab es eine Redakteurin beim WDR, die einen Tanzfimmel hatte. Sie wollte überall und immer und mit allen Salsa tanzen. Was hat er gemacht? Er hat sie um sechs Uhr früh in seine nasse Wiese gestellt, und sie musste Salsa tanzen, ganz für sich allein. Und dazu singen. Bis Mittag. Dann hat sie angeblich nur noch geheult. Das erzählte man sich.«
»War der Jakob Stern oft in dieser Kneipe am Dom?«, fragte Rodenstock.
»Ja, eine Zeitlang schon.«
»Hatte er Freunde bei sich, irgendeinen, der ihn besonders gut kannte oder mochte?«
»Nein, würde ich nicht sagen. Es machte ihm eben Spaß, und es war auch nicht wegen dem Kölsch. Er trank ja kaum was.«
»Da gab es den Plan, eine Firma zu gründen. Wissen Sie etwas darüber?« Jetzt war Rodenstock wieder hellwach, jetzt funktionierte sein Gehirn.
»Na ja, was man so hörte. Aber das ging mich nichts an, das hat mich nicht interessiert.«
»Aber mich interessiert das«, widersprach Rodenstock weich. »Mit wem wollte er diese Firma denn gründen?«
»Also, angeblich mit Luchmanns Manni. Aber das habe ich sowieso nie geglaubt.«
»Wer ist denn Luchmanns Manni?«, warf ich ein.
»Na, der Bordellbesitzer«, sagte Heiner Sieweking fröhlich. »Es hieß, der wollte Millionen in so eine Firma stecken, weil er glaubte, das sei das große Geschäft. Aber da muss ich ehrlich sagen, dass das Gerede war. So genau weiß ich das eigentlich nicht. Der Luchmann hat ja gleich ein paar gut gehende Bordelle. Oder heißt das Bordells? Alle sagten, wenn Luchmann einsteigt, muss das ein Riesendeal sein. Und: Luchmann wollte ja auch endlich eine bürgerliche Existenz, also was ganz ohne Bordsteinschwalben. Aber dann hat das ja nicht geklappt, ich weiß nicht, warum.«
»Wer könnte uns dazu etwas sagen?«, fragte Rodenstock.
»Das weiß ich nicht. Es wird ja viel geredet, wenn der Tag lang ist.«
»Was redet man denn jetzt, nach drei Toten?«, fragte ich.
»Alle sind ziemlich durch den Wind und fragen sich, was da abgelaufen ist. Der, der das getan hat, kann doch
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