Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
nur ein Irrer sein, oder?«
»Kann man vermuten«, nickte Rodenstock. »Haben Sie eine Vorstellung, wann der Plan, mit diesem Luchmann eine Firma zu machen, aufgegeben wurde?«
»Keine Ahnung. Das muss schon gelaufen sein, als ich bei Jakob Stern war. Das weiß ich deshalb, weil jemand mir vorher erzählt hat, Jakob Stern hätte jetzt einen anderen Partner.
Der wäre viel besser als Manni Luchmann. Das wurde gesagt, und es muss anderthalb Jahre her sein.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie viele Klienten oder Patienten Jakob hatte?«, fragte ich.
»Nein, habe ich nicht. Hundert, zweihundert? Ich weiß es nicht.«
»Hatten Sie den Eindruck, dass er dringend Geld brauchte?«, schloss ich an.
»Geld? Der und dringend Geld? Nie, der hatte doch genug, der schwamm doch drin. Und außerdem war er doch ein bescheidener Mann. Er fuhr keine Riesenschlitten, er machte nicht groß was her, er lebte seinen kleinen Stiefel in der Eifel. Und er zockte ja auch nicht. Also, Geldnot wirklich nicht.« Dann verzog er plötzlich das Gesicht. »Ich muss aber fragen, ob Sie das Material, das ich Ihnen jetzt geliefert habe, sofort verwenden? Ich meine, wenn Herrn Baumeister schon der Arm gebrochen wurde, was machen diese Leute dann mit mir? Ich weiß jedenfalls, dass meine Frau sofort danach fragen wird.«
»Ausnahmsweise hat Ihre Frau recht. Dann sagen Sie ihr, dass da keine Gefahr besteht. Denn das Material, wie Sie das nennen, wird bestenfalls erst in ein paar Wochen verwendet, nicht eher.« Rodenstock war jetzt freundlich und verbindlich. »Ich denke, Sie haben uns sehr geholfen.« Er lächelte sogar, und ich dachte aus alter, jahrelanger Erfahrung: Jetzt geht es erst richtig los!
Rodenstock beugte sich weit vor. »Sie könnten uns bei einem Problem sicher weiterhelfen. Ich weiß nicht, ob Sie von den Merkwürdigkeiten gehört haben. Jakob Stern war tot, vergiftet.
Dann wurde er auf den schweren Ast einer so genannten heiligen Eiche gesetzt und festgebunden. Man könnte das ein Ritual nennen, und ich muss zu Ihrer Kenntnis hinzufügen, dass es Indianerstämme in den USA gibt, bei denen das früher eine Bestattungsform war. Nach unserer Ansicht kann das nur jemand getan haben, der genau wusste, dass Jakob Stern diese Bestattungsform mochte. Das heißt, wir müssten es mit einem Täter zu tun haben, der in enger Verbindung zu Jakob Stern stand, der zumindest wusste, wie er über den Tod dachte, der zumindest gehört hatte, dass Jakob das durchaus ernst nahm. Können Sie sich einen solchen Menschen vorstellen? Kennen Sie einen solchen Menschen?«
»Nein, wirklich nicht.« Dann überlegte er eine Weile. »Muss ich mir das so vorstellen, dass der Mörder ihn erst vergiftet und sich dann die Mühe macht, ihn auf einem Baum festzubinden?«
»Durchaus!«, nickte Rodenstock.
Er dachte konzentriert nach. »Also, jemand bringt ihn um und sagt sich dann: Du wolltest immer schon auf einem Baum sitzen, dann tu ich dir mal den Gefallen?« Er sah uns sehr misstrauisch an. »Also, dieser Mörder kann doch nicht ganz dicht sein. So etwas macht doch kein Mensch, das ist doch in jedem Fall eine sehr deutliche Spur, so blöde ist doch niemand, oder?«
»Trotzdem ist es aber so abgelaufen«, sagte Rodenstock mit einem Seufzer.
»Und wenn der Mörder den Bullen einen Hinweis geben wollte?«
»Das kann auch sein«, stimmte ich zu. »So etwas hat es schon gegeben.«
»Und was ist mit der Leiter?«, fragte er.
»Wieso Leiter? Wie kommen Sie auf eine Leiter?«, fragte Rodenstock scharf.
»Na ja, das steht in der BILD. Die lese ich normalerweise nie, aber heute habe ich sie gekauft. Und da steht drin, dass eine Wahrsagerin aus, warte mal, aus Seifenauel, ja, so heißt das, also, dass sie behauptet hat, dass bei dem Mord an Jakob Stern eine Aluminiumleiter eine große Rolle gespielt hat. Und dass die Kripo die Öffentlichkeit an der Nase herumführt, weil sie diese Leiter verschweigt.« Plötzlich bewegte er sich, stand auf und sagte aufgeregt: »Moment mal, das haben wir gleich.«
Er rannte hinaus auf den Hof. Seine Autotür klackte, dann warf er sie wieder zu und kam mit der Zeitung herein. »Ich wusste doch, dass ich das gelesen habe.«
Er legte die Zeitung auf den Tisch, nahm sie wieder hoch, suchte nach dem Beitrag und murmelte: »Hier! Wahrsagerin Sonja: Die Polizei verschweigt uns etwas Wichtiges! Wo stammt die Leiter her? Was spielte sie für eine Rolle? Warum verschweigt die Kripo ein wichtiges Beweisstück beim Mord an dem Waldmenschen?
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