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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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erstaunlich weich.
    »Wir knobeln an drei Morden herum.« Ich nahm meine Geldbörse in die Hand und legte ihr zweihundert Euro auf den Tisch. »Sechzig Minuten«, sagte ich.
    »Okay, Jungens. Wenn ich das richtig sehe, wollt Ihr abklären, was das in der BILD zu bedeuten hat?«
    »Das ist richtig«, nickte Rodenstock. »Und wir wissen, dass Sie Gast bei Jakob Stern waren.«
    »Sieh mal an!«, sagte sie und lachte. »Er wohnte ja auch gleich um die Ecke. Wer hat euch das gesteckt?«
    »Die Bullen«, antwortete ich.
    »Woher haben Sie von der Leiter gewusst?«, fragte Rodenstock.
    »Ich habe das nicht gewusst«, sagte sie leise und weich. »Ich habe das in der Kugel gesehen. Ich sehe solche und andere Dinge in der Kugel, ich sage die Wahrheit. Ich muss niemanden belügen. Warum auch?«
    »Können Sie das mal demonstrieren?«, bat Rodenstock.
    »Sicher«, sagte sie. Dann steckte sie sich eine Zigarette an und goss sich einen Schnaps aus einer großen Hasche ohne Etikett ein. »Ich brauche das«, erklärte sie.
    »Kann ich mir eine Pfeife stopfen?«, fragte ich.
    »Aber ja, Schätzchen.«
    Ich stopfte mir eine italienische Silvano und zündete sie an.
    Sie zog die Kugel auf dem blauen Tuch dicht an sich heran und legte beide Hände darum. Dann konzentrierte sie sich, und die Muskeln in ihrem Gesicht bewegten sich heftig und wurden dann ganz schlaff. Jetzt sah sie plötzlich hässlich aus. »Ich sehe die Bäume«, sagte sie tonlos. »Ich sehe diese heiligen Eichen, wie Jakob sie nannte. Es ist Nacht, es sind drei Figuren, drei Menschen. Ja, es sind drei. Einer geht weg. Er geht zu dem Haus von Jakob. Es ist ein Mann. Er geht nebenan in die Scheune, und er kommt mit einer Leiter heraus. Er trägt sie über der Schulter und geht zu den Bäumen. Es regnet nicht, man kann ein paar Sterne sehen. Jetzt verschwimmt das Bild, ich kann es nicht zurückholen.«
    »War einer dieser Menschen eine Frau?«, fragte ich.
    »Das weiß ich nicht. Das habe ich nicht gesehen.«
    »Kennen Sie diese Menschen?«, fragte Rodenstock.
    »Nein, ich kenne sie nicht. Ich sehe ihre Figuren, wie sie sich bewegen, aber ich kenne sie nicht. Ich kann auch nur selten sehen, ob es ein Mann oder eine Frau ist.«
    »Ist es so dunkel, dass diese Menschen nichts sehen können? Ich will darauf hinaus, ob sie vielleicht Taschenlampen bei sich haben.« Rodenstock, das war jetzt sicher, wollte sich auf die Kugel einlassen.
    »Ich kann Taschenlampen nicht erkennen. Aber es ist auch nicht finstere Nacht, es ist eine laue Nacht, und die Dunkelheit lässt trotzdem noch Umrisse erkennen.«
    »Können Sie auch etwas zweimal aufrufen oder dreimal?«, fragte Rodenstock.
    »Manchmal geht das, manchmal nicht.«
    »Und das mit den drei Personen ist sicher?«
    »Ja, das würde ich sagen. Es sind drei Menschen.«
    »Ist dieser tote Jakob denn zu sehen?«
    »Nein, ich kann ihn nicht sehen. Aber das ist vielleicht auch nicht ausschlaggebend. Wenn er tot ist, dann haben sie ihn sicher zu ihren Füßen liegen, dann sehe ich ihn nicht.«
    »Und was dann geschieht, können Sie nicht sehen?« Rodenstock blieb hartnäckig. »Also, Sie sehen nicht, wie sie ihn mit Hilfe der Leiter oben auf einen Ast setzen?«
    »Nein, das sehe ich nicht.«
    »Mochten Sie den Jakob eigentlich?«, fragte ich.
    »Ja. Er war einfach ein Klassekerl. Wir haben viel gelacht.«
    »Was schätzen Sie, wie oft haben Sie ihn getroffen?«
    »Oh Schätzchen, das weiß ich nicht. So etwas zählt man ja nicht. Vielleicht zehn- oder zwanzigmal pro Jahr. Das ist ja nichts Besonderes. Er ging unten in Einruhr einkaufen, ich ging einkaufen. Wir waren doch Nachbarn. Manchmal haben wir uns auf einen Kaffee hingesetzt und getratscht, manchmal haben wir zehn Minuten auf der Straße gestanden. Wie Hausfrauen so sind.« Sie lachte, sie mochte das Leben, sie wirkte sehr selbstsicher.
    »Wenn Sie eine Szene sehen, können Sie dann die gleiche Szene aus einem anderen Blickwinkel noch einmal ansehen? Ich meine: Wenn Sie einen Menschen nicht erkennen, weil ein anderer ihn halb verdeckt, können Sie dann in Ihrer Glaskugel einen Schritt nach rechts oder links gehen, um den verdeckten Menschen zu erkennen?« Rodenstock war eindeutig fasziniert.
    »Manchmal geht das«, nickte sie. »Aber ich weiß nicht, warum das so ist, warum das mal klappt und mal nicht.« Dann beugte sie sich weit vor und fragte ganz vertraulich: »Wo habt ihr denn die Probleme, Jungens?«
    »Das kann ich Ihnen sagen«, begann Rodenstock. »Wir haben nicht die

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