Sigma Force 01 - Sandsturm
Cassandra sich als ihm ebenbürtig erwiesen. Aber er war blind gewesen für ihre Tricks und Listen, ihre Kaltblütigkeit, ihre berechnende Skrupellosigkeit. In diesen Bereichen übertraf sie ihn, was sie im Einsatz zu einer besseren Agentin machte.
Er dachte über Corals Worte von vorher nach: Wenn sich jemand dauernd über die Schulter schaut, kann es passieren, dass er stolpert. War das ihm selber passiert? Seit dem vereitelten Raubüberfall im Museum war er sich seiner Vergangenheit mit ihr zu bewusst gewesen; und seine Beschäftigung mit ihr war zu konfus gewesen, er hatte es nicht geschafft, die Vergangenheit mit der Gegenwart in Einklang zu bringen. Auch in seinem Herzen nicht. Was war es, das ihn an Bord der Shabab Oman zur Unaufmerksamkeit verleitet hatte? Vielleicht der Glaube, dass Cassandra im Grunde ihres Herzens ein guter Mensch war? Wenn er auf sie hereingefallen war, dann musste zwischen ihnen etwas Wahres gewesen sein.
Jetzt wusste er es besser.
Ein protestierendes Aufstöhnen ließ ihn die Augen öffnen. Clay zog sich seinen Umhang über die Knie. Mit seiner hellen Haut, den kurz geschorenen roten Haaren und seinen Knöpfchen im Ohr gab er einen schlechten Araber ab. Ihre Blicke trafen sich. »Und, was denken Sie?«, fragte Clay. »Kommen wir rechtzeitig hin?«
Painter wusste, dass von jetzt an Aufrichtigkeit das Beste war. »Ich weiß es nicht.«
14:13
Safia saß auf der Rückbank des allradgetriebenen Mitsubishi. Drei identische Fahrzeuge folgten ihnen. Sie bildeten einen kleinen Leichenzug, unterwegs zum Grab von Nabi Imran, dem Vater der Jungfrau Maria.
Safia saß starr da. Der Offroader roch neu. Die Frische der Innenausstattung – anthrazitfarbenes Leder, Titanbeschläge, blau beleuchtete Instrumente – stand in krassem Gegensatz zum aufgelösten Zustand seines Passagiers. Doch an ihrer Benommenheit waren nicht allein die Betäubungsmittel schuld. In ihrem Kopf drehte sich alles wegen dem, was Cassandra zuvor gesagt hatte.
Painter …
Wer war er? Wie konnte er ein ehemaliger Partner von Cassandra gewesen sein? Was hatte das zu bedeuten? Es gab ihr einen Stich, wenn sie an sein schiefes Lächeln dachte, die leichte, so tröstende Berührung seiner Hand auf der ihren. Was hatte er sonst noch verheimlicht? Safia schob ihre Verwirrung beiseite, noch konnte sie mit ihr nicht umgehen, sie wusste nicht einmal, warum das Ganze sie so mitnahm. Sie kannten sich ja kaum.
Stattdessen dachte sie nun über eine andere verstörende Bemerkung Cassandras nach. Dass sie für die amerikanische Regierung arbeite. Wie konnte das sein? Safia wusste natürlich, dass die amerikanische Außenpolitik sich gelegentlich ziemlich skrupelloser Methoden bediente, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass amerikanische Politikstrategen hinter diesem Überfall standen. Auch wirkten die Männer unter Cassandras Befehl wie grobe Söldner. Ihre körperliche Nähe machte Safia Gänsehaut. Das waren keine normalen amerikanischen Soldaten.
Und dann noch dieser immer in Schwarz gekleidete Mann, Kane. Sie hatte seinen Queensland-Akzent erkannt. Ein Australier. Er fuhr ihr Fahrzeug, ein wenig zu sehr mit Bleifuß. Kurven wurden zu schnell genommen, fast wütend. Wie lautete seine Geschichte?
Der letzte Passagier des Fahrzeugs saß neben Safia: Cassandra. Sie betrachtete die vorbeiziehende Szenerie wie eine x-beliebige Touristin. Außer dass sie drei Waffen trug. Cassandra hatte sie Safia gezeigt. Als Warnung. Eine in einem Schulterhalfter, eine andere hinten im Gürtel, und die letzte in einem Halfter an ihrer Wade. Safia vermutete, dass irgendwo noch eine vierte versteckt war.
Derart gefangen, hatte sie keine andere Wahl, als still dazusitzen.
Während sie durch das Zentrum Salalahs fuhren, starrte Safia auf den eingebauten Navigationscomputer. Sie fuhren um ein Strandhotel herum, das Hilton Salalah, und wechselten dann auf die äußere Fahrspur, um zum innersten Stadtbezirk, dem Al-Quaf, zu gelangen, wo das Grab von Nabi Imran auf sie wartete.
Es war nicht mehr weit. Salalah war eine kleine Stadt, die man in einigen Minuten von einer Seite zur anderen durchfahren konnte. Ihre Hauptattraktionen lagen außerhalb der Stadtgrenzen, in den Naturwundern der sie umgebenden Landschaft: der großartige Sandstrand von Mughsal, die uralten Ruinen von Sumharam, die unzähligen Plantagen, die in den Monsunregen wuchsen und gediehen. Und ein Stück weiter landeinwärts erhoben sich quasi als Kulisse die Dhofar-Berge, einer der
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