Sigma Force 01 - Sandsturm
sich darüber und war verschwunden.
Der Amerikaner fluchte laut. Er lief zurück zu der Stelle, über der Safia an einer Hand hing, wie eine Fledermaus in den Dachsparren. Nur dass sie keine Flügel hatte.
Safia versuchte, die andere Hand wieder an die Stahlstrebe zu bekommen. Sie musste leicht hin und her schwingen, doch schließlich umklammerten ihre Finger wieder Stahl.
»Können Sie sich noch festhalten?«, fragte er von unten mit besorgter Stimme.
»Es bleibt mir ja kaum was anderes übrig«, rief sie erregt. »Oder?«
»Wenn Sie mit den Beinen hin und her schwingen«, schlug er vor, »schaffen Sie es vielleicht, sie über die nächste Strebe zu haken.«
Sie sah, was er meinte. Er hatte die Nachbarscheibe herausgeschossen, sodass sie nun eine offene Strebe direkt vor sich hatte. Sie atmete einmal tief durch – dann schwang sie mit aller Kraft die Beine, zog die Knie an und hakte sie über die Stange.
Sofort ließ der Schmerz in ihren Händen nach, da sie nun weniger Gewicht zu halten hatten, und sie musste sich beherrschen, um nicht vor Erleichterung zu weinen.
»Der Sicherheitsdienst ist bereits unterwegs zu Ihnen.«
Safia verdrehte den Hals, um zu dem Amerikaner hinunterschauen zu können. Sie merkte, dass sie fast mehr mit sich selbst sprach, um nicht in Weinen auszubrechen. »Ihre Partnerin … ist sie …?«
»Okay. Hat einen Stromschlag abbekommen und sich eine schöne Bluse ruiniert, aber sie wird schon wieder.«
Sie schloss vor Erleichterung die Augen. Gott sei Dank … Noch einen Toten hätte sie nicht ertragen. Nicht nach Ryan. Sie atmete ein paar Mal tief durch.
»Sind Sie denn in Ordnung?«, fragte der Amerikaner und schaute zu ihr hoch.
»Ja. Aber Dr. Crowe …«
»Nennen Sie mich Painter … Ich glaube, über Förmlichkeiten sind wir hinaus.«
»Na gut, Painter, wie’s aussieht, hast du mir eben zum zweiten Mal in dieser Nacht das Leben gerettet.«
»Das hat man davon, wenn man sich mit mir abgibt.« Sie konnte es zwar nicht sehen, stellte sich aber sein schiefes Grinsen vor.
»Das ist nicht sehr lustig.«
»Das wird es später schon noch.« Er ging zu der Waffe des Angreifers und hob sie auf.
Dabei fiel es Safia wieder ein. »Die Gestalt, auf die Sie geschossen haben. Das war eine Frau. «
»Ich weiß …« Painter untersuchte die Waffe in seiner Hand. Es war eine SIG Sauer 45 mm, mit einem gummierten Hogue-Griff. Das konnte nicht sein … Er hielt den Atem an, als er die Waffe umdrehte. Die Daumensicherung befand sich auf der rechten Seite. Eine Sonderanfertigung für einen der seltenen linkshändigen Schützen.
Er kannte diese Waffe. Er kannte die Schützin.
Er starrte hoch zu dem Pfad aus zersplitterten Scheiben.
Cassandra.
ZWEITER TEIL
Sand und Meer
6
Heimkehr
2. Dezember, 06:42 GMT
Heathrow International Airport
Kara erwartete ihn am Fuß der Treppe, die zur offenen Tür des Learjets führte. Sie stand da, versperrte den Weg und deutete mit spitzem Finger auf den Urheber ihrer Wut.
Ihre Stimme klang scharf. »Ich möchte Ihnen klipp und klar sagen, Dr. Crowe, dass Sie an Bord dieses Jets nichts zu sagen haben. Auch wenn Sie es geschafft haben, sich irgendwie in diese Expedition einzuschleichen, auf meine Einladung sind Sie auf jeden Fall nicht hier.«
»Das habe ich schon an dem herzlichen Empfang gespürt, den Ihre Bande Firmenanwälte mir bereitet hat«, erwiderte der Amerikaner und zog sich den Matchsack höher auf die Schulter. »Hätte gar nicht geglaubt, dass ein paar Anzüge einen solchen Aufstand machen können.«
»Und was hat es geholfen? Sie sind trotzdem hier.«
Wie schon zuvor lieferte er auch jetzt keine Erklärung, warum die US-Regierung so versessen darauf war, dass er und seine Partnerin an dieser Expedition nach Oman teilnahmen. Aber plötzlich waren unüberwindliche Hindernisse aufgetaucht: finanzielle, juristische, sogar diplomatische. Und die ganze Sache wurde noch komplizierter durch den Medienzirkus um den versuchten Diebstahl.
Kara war immer davon ausgegangen, dass sie einen beträchtlichen Einfluss hatte – aber der verblasste im Vergleich zu dem Druck, der aus Washington auf die Expedition ausgeübt wurde. Die Vereinigten Staaten hatten bedeutende Interessen in Oman. Drei Wochen lang hatte sie versucht, die von ihnen aufgestellten Hindernisse zu umgehen, aber solange sie nicht kooperierte, wurde aus dieser Reise nichts.
Aber das bedeutete nicht, dass sie nicht auch Zugeständnisse erreicht hatte.
»Von jetzt an«, sagte sie
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