Sigma Force 01 - Sandsturm
bestimmt, »stehen Sie unter unserem Kommando.«
»Verstanden.«
Diese knappste aller Antworten verärgerte Kara noch mehr. Dennoch blieb ihr nichts anderes übrig, als den Weg freizumachen.
Doch er blieb stehen. »So muss es ja nicht laufen. Wir arbeiten in dieser Sache nicht gegeneinander, Lady Kensington. Wir suchen beide dasselbe.«
Sie kniff die Brauen zusammen. »Und was könnte das sein?«
»Lösungen … Lösungen für Rätsel.« Er starrte sie mit diesen durchdringenden blauen Augen an, die zwar unerforschlich, aber nicht kalt waren. Zum ersten Mal fiel ihr auf, wie attraktiv er war. Nicht attraktiv wie ein Model, sondern eher von einer weltweisen Männlichkeit, die nicht aufgesetzt wirkte. Seine langen Haare waren glatt, auf seinen Wangen zeigte sich schon um sechs in der Früh ein Fünf-Uhr-Schatten. Sie roch sein Rasierwasser, herb moschusartig mit einer Spur Balsam. Oder war es einfach nur sein Geruch?
Kara behielt ihre ausdruckslose Miene und ihren sachlichen Tonfall bei. »Und für welches Rätsel suchen Sie die Lösung, Dr. Crowe?«
Er zuckte mit keiner Wimper. »Dasselbe könnte ich Sie fragen, Lady Kensington. Welchem Rätsel sind Sie auf der Spur? Da steckt doch sicher mehr dahinter als ein rein akademisches Interesse an alten Gräbern.«
Kara runzelte noch heftiger die Stirn, und ihre Augen blitzten. Präsidenten multinationaler Konzerne krochen unter einer solchen Musterung zu Kreuze. Painter Crowe jedoch ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen.
Schließlich setzte er sich in Bewegung und stieg die Gangway zum Lear hinauf – allerdings nicht, ohne noch eine letzte, kryptische Bemerkung anzufügen: »Wie es aussieht, haben wir beide Geheimnisse, die wir bewahren wollen … zumindest für den Augenblick.«
Sie sah ihm nach, wie er die Gangway hochstieg.
Hinter Painter Crowe folgte seine Kollegin: Dr. Coral Novak. Sie war groß und muskulös und trug einen eleganten grauen Hosenanzug. Sie hatte einen ähnlichen Matchsack mit persönlichen Dingen auf der Schulter. Die Koffer und Gerätschaften der Wissenschaftler waren bereits eingeladen. Ihr Blick wanderte neugierig am Rumpf des Jets entlang.
Karas Stirnrunzeln verfolgte die beiden, als sie im Inneren verschwanden. Obwohl sie behaupteten, nur Wissenschaftler zu sein, die im Auftrag der Regierung arbeiteten, war das Militärische an ihnen doch unverkennbar: die drahtige Sportlichkeit, die harten Augen, die scharfen Bügelfalten. Sie bewegten sich synchron, im Einklang, der eine als Vorhut, die andere als Rückendeckung. Wahrscheinlich waren sie sich dessen gar nicht bewusst.
Und dann durfte man diese Schlacht im Museum nicht vergessen. Kara hatte einen detaillierten Bericht erhalten: der Mord an Ryan Fleming, der versuchte Diebstahl des eisernen Herzens. Ohne die Intervention dieses Paars wäre es verloren gewesen. Obwohl Dr. Crowe sich ganz offensichtlich als etwas ausgab, das er nicht war, stand sie in seiner Schuld – und nicht nur wegen der Sicherheit des Artefakts. Als die Terminaltür aufging, schaute sie hinüber.
Safia zog ein Gepäckstück hinter sich her und lief auf den Lear zu. Ohne die Anwesenheit der beiden Amerikaner im Museum hätte Safia mit Sicherheit nicht überlebt.
Dennoch hatte ihre Freundin diese Nacht nicht unbeschadet überstanden. Die Gewalt, das Blutvergießen, der Tod Flemings hatten in Safia etwas zerbrochen. Plötzlich wehrte sie sich nicht mehr gegen ihre Teilnahme an dieser Expedition. Über die Gründe für ihren Sinneswandel sprach Safia offensichtlich nicht gern. Ihre einzige Erklärung war eine knappe Antwort: Es ist nicht mehr wichtig.
Safia erreichte den Jet. »Bin ich die Letzte?«
»Alle anderen sind schon an Bord.« Kara griff nach ihrem Gepäck.
Safia schnappte sich die Tasche und hob sie hoch. »Die trage ich selber.«
Kara sagte nichts. Sie wusste, was die Tasche enthielt. Das eiserne Herz, geschützt in einer gummierten Spritzgussform. Safia ließ keinen anderen in die Nähe – nicht, um es zu schützen, sondern als wäre es eine Last, die sie tragen musste. Seine Blutschuld war allein die ihre. Ihre Entdeckung, ihre Verantwortung.
Schuldbewusstsein umschattete ihre Freundin wie ein Trauerschleier. Ryan Fleming war ihr Freund gewesen. Und er war vor ihren Augen ermordet worden. Nur wegen eines Eisenbrockens, den Safia entdeckt hatte.
Mit einem Seufzen folgte sie Safia die Treppe hoch.
Es war wieder wie in Tel Aviv.
Damals konnte niemand Safia trösten … und jetzt war es
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