Sigma Force 01 - Sandsturm
Das Schiff würde bald in ihren Händen sein.
Aber was war ihr Ziel?
Painter kauerte neben Kara. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Er brauchte einen Augenblick der Ruhe, um nachzudenken und sich zu konzentrieren. Sein Vater hatte ihm ein paar Pequot-Gesänge beigebracht, sein schwacher Versuch, seinem Sohn die Stammestraditionen einzupflanzen, meist dann, wenn sein Atem nach Tequila und Bier stank. Trotzdem hatte Painter die Gesänge gelernt, hatte sie in der Dunkelheit gesummt, wenn seine Eltern sich im Nebenzimmer stritten, schrien und fluchten. Er fand Trost und Konzentration in der Wiederholung, obwohl er die Bedeutung nicht kannte – damals wie jetzt.
Seine Lippen bewegten sich stumm, meditativ. Den Lärm der Feuerstöße sperrte er aus.
Noch einmal stellte er sich Cassandra vor. Jetzt meinte er zu wissen, was der Zweck ihres Überfalls war. Sie wollte sich das beschaffen, hinter dem sie schon von Anfang an her war. Das eiserne Herz. Der einzige handfeste Hinweis auf das Rätsel der Antimaterieexplosion. Es lag noch immer in der Kabine der Kuratorin. Im Geist ging er verschiedene Angriffsszenarios und Auftragsparameter durch …
Und plötzlich traf es ihn wie ein Blitz.
Er sprang wieder auf.
Von Anfang an hatte er sich über die Schlampigkeit des Angriffs gewundert. Warum den Funkraum in die Luft jagen und so die Mannschaft frühzeitig alarmieren? Wenn es eine gewöhnliche Söldnertruppe wäre, hätte er den Mangel an Planung und Präzision ihrer Unerfahrenheit zugeschrieben, aber wenn Cassandra dahinter steckte …
Kälte kroch ihm in die Magengrube.
»Was ist?«, fragte Kara und erhob sich ebenfalls.
Außerhalb der Kabine war es tödlich still geworden. Keine Schüsse mehr. Nur ein verräterisches Surren war zu hören.
Er ging zum Fenster und streckte den Kopf hinaus.
Vier Jetskis kamen aus der Dunkelheit herangebraust – aber auf jedem saß nur der Pilot. Keine Beifahrer. Die hinteren Sitze waren leer.
»Verdammt …«
»Was?«, fragte Kara noch einmal, und jetzt kroch Angst in ihre Stimme.
»Wir kommen zu spät.«
Er war jetzt überzeugt, dass die Granatenexplosion nicht der Anfang der Mission gewesen war, sondern ihr Ende.
Er fluchte stumm über seine Dummheit. Das war jetzt schon die Schlussphase. Und er hatte nicht einmal eingegriffen. Man hatte ihn völlig überrumpelt. Er gestattete sich einen Augenblick der Wut und konzentrierte sich dann wieder auf die Situation.
Die Schlussphase musste nicht unbedingt schon der endgültige Schluss sein.
Er starrte zu den vier Jetskis hinaus. Offensichtlich kamen sie, um die letzten Mitglieder des Stoßtrupps abzuholen, die Nachhut und das Sprengteam, das den Funkraum in die Luft gejagt hatte. Offensichtlich war einer der omanischen Matrosen über diese Männer gestolpert, was zu dem Schusswechsel an Deck geführt hatte.
Jetzt waren wieder Feuerstöße zu hören, entschlossener und eher im Heck des Schiffes. Die Angreifer sicherten den Rückzug.
Durchs Fenster sah Painter, wie der letzte Jetski das Schiff in weitem Bogen umkreiste, offensichtlich, um außerhalb der Schussreichweite zu bleiben. Die anderen Jetskis, diejenigen mit den Männern an den Sturmgewehren, waren nirgendwo zu sehen. Er hörte auch keine Schüsse vom Wasser her. Sie waren verschwunden. Zusammen mit dem Greiftrupp. Und mit ihrer Beute.
Aber wohin?
Wieder suchte er das Wasser nach dem Kommandoschiff ab. Irgendwo da draußen musste es sein. Aber zu sehen war nur dunkles Wasser. Inzwischen verdeckten Wolken Mond und Sterne und machten die Welt schwarz. Seine Finger krallten sich in den Fensterrahmen.
Während er weiter die Umgebung absuchte, stach ihm plötzlich ein Flackern ins Auge – nicht von der Wasseroberfläche, sondern von darunter.
Er lehnte sich weiter hinaus und starrte in die Tiefe.
Tief im mitternächtlichen Wasser glitt ein Schein unter dem Schiff entlang. Er schwebte langsam nach steuerbord und entfernte sich dann zügig. Er wusste sofort, was er da sah. Ein Tauchboot. Warum?
Die Antwort kam ihm zugleich mit der Frage.
Da der Auftrag abgeschlossen war, machten sich das Tauchboot und das Greifteam davon. Nun musste nur noch aufgeräumt werden. Um keine Spuren zu hinterlassen.
Er wusste, was der Zweck dieses Tauchbootes gewesen war. Es konnte sich leise und getarnt anschleichen und war so klein, dass es kaum entdeckt würde.
»Sie haben das Schiff vermint«, sagte er laut. Dann schätzte er, wie lange es dauern würde, bis das Tauchboot das
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