Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
vergewissert, dass für morgen alles vorbereitet war. Bei dem Telefonat mit seiner Mutter im Bau hatte er beunruhigende Neuigkeiten erfahren. Aufgrund ihrer Beziehungen zu ehemaligen Angestellten des KGB hatte sie von den Gerüchten erfahren, die bei den Washingtoner Geheimdiensten in Umlauf waren. Die ganze Stadt war zwölf Stunden lang in Aufruhr gewesen und hatte nach einem Mädchen gesucht. Das musste Sascha gewesen sein. Plötzlich aber war es totenstill geworden. Er wusste ebenso gut wie seine Mutter, was das bedeutete.
Jemand hatte sie gefunden.
Und Nicolas hatte eine Vermutung, wer das sein könnte.
Er ballte die Hand zur Faust.
Wahrscheinlich steckte dieselbe Organisation dahinter, die ihm in Indien zugesetzt hatte, die Dr. Polks Forschungsarbeit durchforstete und etwas aufrührte, das mit Polks Tod eigentlich hätte beendet sein sollen. Ein Versuch, die Spur zu verwischen, war bereits fehlgeschlagen. Aber vielleicht kam es darauf schon nicht mehr an.
Nachdem die Mission gescheitert war, hatte er eine kurze Nachricht erhalten. Offenbar kam das Einsatzteam in Indien dem Geheimnis näher, das Dr. Polk vor jedermann hatte verheimlichen wollen. Einem entscheidenden Punkt seiner Forschung. Einer bedeutsamen Entdeckung, die mit den Kindern zu tun hatte. Aber was mochte das sein?
Jelena stützte sich auf einen Ellbogen auf. Besorgnis schwang in ihrer Stimme mit. »Was willst du wegen der kleinen Sascha unternehmen?«
Nicolas wusste, dass die Kinder einander nahestanden. Da sie im Bau gemeinsam aufwuchsen, übernahmen die älteren Kinder bei den jüngeren häufig die Elternrolle. Jelena hatte die kleine Sascha und deren Bruder besonders in ihr Herz geschlossen.
Für Nicolas waren die beiden ebenfalls wichtig.
Er ließ sich aufs Bett sinken. Besorgt und zornig schmiegte sie sich an ihn. Sie schob ihm die Hand unter den Bademantel und legte sie ihm auf den Schenkel. Ihre Haut war fiebrig heiß. Er hatte sie zu lange warten lassen.
Plötzlich grub sie ihm die Fingernägel in den Schenkel.
Jelena blickte zu ihm auf. Ein Feuer brannte in ihren Augen und wartete darauf, freigesetzt zu werden. Ein Blutrinnsal lief über die Innenseite von Nicolas’ Schenkel, ebenso erregend wie die Berührung einer Zungenspitze.
Mit unnachgiebiger Entschlossenheit sagte Jelena: »Der kleinen Sascha darf nichts passieren.«
Ihre Finger krallten erneut zu. Ein sengender Schmerz schoss durch seine Lenden. Er keuchte auf.
»Es wurden bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet«, versicherte er ihr. »Wir brauchen nur noch …«
Die Fingernägel fuhren an seinem Bein nach oben.
»… ein Unterpfand.«
23:45 Punjab, Indien
WÄHREND ES UNABLÄSSIG donnerte und die Tempelkammer von Blitzen erhellt wurde, folgte Elizabeth Gray zu dem großen Chakra an der Wand. Er legte die flache Hand darauf. Als er die Münze in Drehung versetzt hatte, war ihm offenbar etwas klar geworden.
Aber was?
Gray blickte in die Höhe. »Aufgrund meiner Beschäftigung mit der indischen Philosophie weiß ich, dass sich in der Mitte des Chakras für gewöhnlich ein Sanskritbuchstabe befindet, der eines der Energiezentren darstellt. Muladhara, das Wurzelchakra, das am Ende des Rückgrats liegt. Manipura, der Solarplexus. Oder Anahata, das Herzchakra.« Er schaute immer noch in die Höhe. »Hier ist diese Stelle leer.«
»Genau wie auf der Münze«, meinte Elizabeth, ohne zu wissen, worauf Gray abzielte.
»Genau.« Gray hatte die Münze aufgehoben und reichte sie ihr. »Aber drehen Sie die Münze mal um. Wenn Sie durch die Mitte des Chakras auf die andere Seite der Münze blicken, was befindet sich dort?«
Elizabeth wendete die Münze hin und her. Der Buchstabe E nahm die Mitte des Tempels ein, genau die Stelle, wo sich auf der anderen Seite die Achse des Chakras befand.
»Das E «, murmelte sie.
»Es befindet sich auf der anderen Seite des Rads.« Gray wandte sich an Masterson. »Dürfte ich mir mal Ihren Stock borgen?«
Der Professor reichte ihm widerwillig seinen Gehstock.
Gray trat zurück, reckte den Stock und drückte auf den Rand des Mittelkreises aus schwarzem Marmor. Seine Muskeln spannten sich an, dann schwenkte der kleine Kreis wie ein Rohrventil an einer vertikalen Achse herum.
»Eine Geheimtür!«, rief Masterson aus.
Gray winkte Kowalski zu sich heran. »Helfen Sie mir mal.«
Kowalski ließ sich auf ein Knie nieder und verschränkte die Hände. Gray stellte den Fuß hinein und richtete sich so weit auf, dass er die
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