Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
Haken von der Größe eines Schiffsankers und skelettartige Greifarme hingen von den Kränen herunter.
Nicolas drückte im Vorbeigehen den roten Knopf, der das Wartungstor schloss. Langsam senkte es sich herab.
Ursprünglich hatten Nicolas und Jelena vorgehabt, sich in einem Kontrollraum an der anderen Seite des Containers zu verstecken. Der Kontrollraum, von dem aus die Winden gesteuert wurden, war mit einem dicken Bleimantel vor radioaktiver Strahlung geschützt. Außerdem waren die Sprengladungen auf der anderen Seite angebracht, sodass die Strahlung dort vernachlässigbar gering sein würde.
Nicolas musste sich in dem Kontrollraum in Sicherheit bringen, doch er wollte auch Jelena, die sich noch immer zwischen den Schienen aufhielt, vor dem drohenden Strahlenausbruch schützen. Anders als die Besucher auf der Tribüne befand sie sich nicht im unmittelbaren Gefahrenbereich, würde durchs offene Hecktor aber immer noch genug Streustrahlung abbekommen. Die Dosis würde sie vielleicht nicht umbringen, aber ihre Aussichten, gesunde Kinder zu bekommen, drastisch schmälern.
Um sein eigenes genetisches Erbe zu schützen, versuchte Nicolas daher, sie abzuschirmen. Außerdem mochte er sie. Seine Mutter hätte diese zarten Gefühle als Ausdruck von Schwäche betrachtet, doch Nicolas kam nicht an gegen die Empfindungen seines Herzens.
Während das Tor sich langsam herabsenkte, humpelte er weiter.
»Jelena!«, rief Gray hinter dem Jeep hervor. »Sie müssen uns helfen!«
Er bekam keine Antwort.
Jedenfalls nicht von Jelena.
»Pierce, ich glaube nicht, dass Sie sie umstimmen können«, sagte Kowalski. Er kauerte ein paar Schritte von Gray entfernt. Von der Schulter lief ihm Blut über die Jacke, doch es war nur ein Streifschuss. »Das Miststück ist komplett verrückt. Wieso sind ausgerechnet die Verrückten immer so gute Schützen?«
»Ich halte sie nicht für verrückt«, brummte Gray.
Zumindest hoffte er das.
Er hatte bemerkt, wie sie auf die Enthüllung reagiert hatte, dass Sascha Nicolas’ leibliche Tochter war. Nämlich mit einer Mischung aus Entsetzen und Fürsorglichkeit. Es bestand eine Verbindung zwischen Jelena und dem Mädchen,
die schwerer wog als die Tatsache, dass sie beide Implantate hatten.
Er musste darauf vertrauen, dass ihn seine Intuition nicht trog.
»Sascha ist zu mir gekommen!«, rief Gray. »Sie hat mich ausgewählt. Aus irgendeinem Grund hat sie uns hierhergeführt.«
Die Stille dehnte sich. Dann ertönte eine leise Stimme. »Wie das? Auf welche Weise hat Sascha Sie hierhergeführt?«
Jelena stellte ihn auf die Probe.
Gray atmete tief durch. Er hob das Gewehr hoch und schleuderte es weg.
»Pierce …«, knurrte Kowalski. »Wenn Sie glauben, ich würde meine Waffe wegwerfen, sind Sie ebenso bekloppt wie diese Frau.«
Gray richtete sich auf.
Das Gewehr des Soldaten folgte seiner Bewegung. Jelena richtete sich ebenfalls auf und rief dem Soldaten einen barschen Befehl zu, damit er nicht schoss. Sie wollte mehr über Sascha erfahren. Die beiden Russen hatten sich hinter Betonpfeilern verschanzt. Jelena zielt mit der Pistole auf Gray.
Gray beantwortete ihre Frage. »Sie hat Bilder gezeichnet. Zunächst hat sie die Zigeuner zu meiner Türschwelle geleitet. Dann hat sie das Tadsch Mahal gezeichnet und uns nach Indien gelotst, wo wir erfahren haben, woher Sie in Wahrheit stammen und wie Ihre Geschichte aussieht. Die Frage nach dem Warum müssen Sie sich selbst stellen. Sascha ist etwas Besonderes, nicht wahr?«
Jelena musterte ihn wortlos mit dunklen Augen.
Gray fasste das als Zustimmung auf und fuhr fort. Er wollte ihr zeigen, dass er es aufrichtig meinte. »Weshalb hat sie uns nach Indien geführt? Weshalb hat sie sich überhaupt an uns gewandt? Und warum gerade jetzt? Es muss eine Erklärung
geben. Ich glaube, Sascha wollte - bewusst oder unbewusst - Ihren Plan vereiteln.«
Jelena zeigte keine Reaktion, doch Gray lebte noch immer.
»Sie hat uns auf einen Weg gebracht, in dessen Verlauf wir Ihre Wurzeln entdeckt haben: Sie führen vom Orakel von Delphi über die Zigeuner bis in die Gegenwart. Ich glaube, es gibt einen Grund, weshalb Ihr Stammbaum sich so entwickelt hat. Vielleicht ging es um die Erfüllung einer bedeutsamen Prophezeiung.«
»Von was für einer Prophezeiung reden Sie?«
Gray bemerkte in ihrer Stimme einen Anflug von Begreifen und Angst. Handelte es sich um einen in ihr kollektives Gedächtnis eingeätzten Albtraum? Er vergegenwärtigte sich die Mosaiken in der
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