Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
In dem Buch könnten noch Hunderte weitere Prophezeiungen enthalten sein. Weissagungen, die die Kirche nie öffentlich gemacht hat.«
Vielleicht ja mit gutem Grund , dachte Gray. Die Papstprophezeiungen mit der Ankündigung des Endes der Welt hatten die Kirche anscheinend schon genug verschreckt. Kein Wunder, dass sie das Tagebuch hier versteckt hatte.
Ehe Rachel die Eintragungen genauer in Augenschein nehmen konnte, nahm Seichan ihr das Buch aus der Hand und schlug wieder die erste Seite auf. Darauf war ein Symbol ägyptischen Ursprungs abgebildet. Sie blickte Gray an. Er erkannte es wieder. Sie hatten es alle schon einmal gesehen.
Jetzt wusste er, was die Gilde in Aufregung versetzt hatte. Diese Organisation interessierte sich schon immer für altes Geheimwissen und speziell für die Ägypter. Pater Giovanni hatte offenbar vermutet, dass es eine Verbindung nach Ägypten gab, und das war der Gilde zu Ohren gekommen und hatte ihr Interesse geweckt.
Er betrachtete das Symbol, dem sie bereits vor Jahren im Zusammenhang mit der Gilde begegnet waren: die konische Darstellung eines heiligen Mahls.
Das Symbol stellte das sogenannte Himmelsbrot oder Manna dar, die Speise der Götter. Die Pharaonen verzehrten es, um sich dem Göttlichen zu öffnen. Hatte die schwarze Königin Meritaten noch etwas anderes als wundersame Einbalsamierungsstoffe aus Ägypten mitgebracht? Hatte sie vielleicht auch Himmelsbrot dabei? Hatte Malachias es verzehrt, die Erfahrung des Göttlichen gemacht und Visionen gehabt?
Gray starrte das Zeichen auf der Vorderseite des Buchs an.
Ehe sie weitere Überlegungen anstellen konnten, krachte es. Diesmal war die Detonation lauter als beim ersten Mal. Gray hatte einen unangenehmen Druck auf den Ohren. Rauch und Staub strömten aus dem Tunnelgang in die Kammer.
»Sie sind durch«, sagte Seichan.
Gray drehte sich zu Kowalski um. »Nehmen Sie Ihr Gewehr und …«
Ehe der Hüne sich in Bewegung setzen konnte, riss Wallace ihm die Waffe aus der Hand. Der Professor zielte mit dem Gewehr auf sie.
»Ich sehe das anders«, sagte er.
Sechs Söldner stürmten in die Kammer, gefolgt von einer hoch gewachsenen Frau mit einer Sig Sauer in der Hand.
Wallace blickte sich um. »Wurde allmählich auch Zeit, Mädel. «
32
14. Oktober, 16:15 Clairvaux, Frankreich
KRISTA SCHWELGTE IN der Bestürzung, die sich in den Gesichtern abzeichnete. Vor allem bei der Eurasierin. Obwohl deren Gesicht blutüberströmt war, funkelte der Zorn hindurch wie eine offene Flamme. Ihre Wut wärmte Krista das Herz. Dieser Moment wog alle Misserfolge und Beschwernisse auf.
Beinahe jedenfalls.
»Sie haben doch nicht etwa geglaubt, ich würde mich allein auf Sie verlassen?«, sagte Krista gelassen. »Was bedeutet schon Vertrauen, wenn man sich nicht rückversichert?«
Wallace trat mit angelegtem Gewehr neben sie.
Sie stupste ihn mit dem Ellbogen an. »Wallace und ich waren von Anfang an ein gutes Team. Der Professor war auch so freundlich, uns von Pater Giovannis Verrat zu informieren. Der Priester hätte sich besser überlegen sollen, wen er in seine Entdeckung einweiht.«
Sie lachte auf. Doch der aufwallende Zorn half ihr, die Fassung zurückzugewinnen.
Sie räusperte sich und blickte Wallace an. »Was ist mit dem Schlüssel? Ist er hier?«
Wallace grinste. »Aye, wir haben ihn gefunden. Er ist in dem
Krug dort drüben.« Gray Pierce trat einen Schritt zurück. »Wir haben eine Abmachung.«
Für eine solche Torheit und Naivität hatte Krista keine Zeit. »Khattab, holen Sie den Krug.«
Um einen Verrat in letzter Minute zu verhindern, zielte Krista auf die Italienerin. Gray hatte keine Wahl und reichte Khattab das Gefäß.
Khattab revanchierte sich. Wie mit Krista vereinbart, setzte er einen Stahlkoffer ab und entfernte sich mit dem Schlüssel.
Gray musterte den Koffer. Seiner Miene nach zu schließen ahnte er, was sich darin befand.
Krista räumte seine letzten Zweifel aus. »Das ist eine Brandbombe, die kinetische Feuerbälle freisetzt. Eine chinesische Neuentwicklung. Brennt sehr lange und entwickelt genug Hitze, um das Mauerwerk in Asche zu verwandeln. Wir wollen schließlich keine Spuren hinterlassen.«
Gray trat vor. »Nehmen Sie wenigstens Rachel mit«, flehte er. »Das sind Sie ihr schuldig.«
Krista schüttelte den Kopf; sie konnte nicht umhin, diesem Mann Respekt zu zollen. Außerdem verspürte sie einen Anflug von schlechtem Gewissen. Sie sah den Schmerz in seinen Augen und spürte, woher er sich speiste.
Weitere Kostenlose Bücher