Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
verstärkte sich sein Herzklopfen. Als sie endlich durchs alte Stadttor fuhren und ins Zentrum gelangten, kam das Taxi nur noch im Schritttempo voran. Die Straßen wurden immer schmaler. Fußgänger wuselten herum; ein Radfahrer schlängelte sich durch den Verkehr.
Schließlich hielt das Taxi vor einem Hotel. Gray sprang hinaus, schnappte sich sein Gepäck und ließ Kowalski den Fahrer bezahlen.
Von der Straße aus wirkte das Hotel unscheinbar. Auf einer handtellergroßen Messingplakette stand »Casa di Cartina«. Das Hotel umfasste drei aneinandergrenzende Häuser, alle aus dem achtzehnten Jahrhundert. Ein paar Stufen führten zur kleinen Lobby hinunter.
Die Türglocke kündigte das Erscheinen eines Gastes an. Als Gray in die Lobby stürmte, offenbarte sich der Grund für den Namen des Hotels. Alle vier Wände waren mit alten Landkarten und kartografischen Dokumenten bedeckt. Die Hotelbesitzer stammten von einer Familie von Weltreisenden und Seefahrern ab, deren Stammbaum bis in die Zeit vor Christoph Columbus zurückreichte.
Ein verhutzelter alter Mann mit Knopfweste erwartete Gray an der kleinen Rezeption. Er begrüßte den Gast mit einem freundlichen Lächeln. »Es ist lange her, Signor Pierce«, sagte der Mann auf Englisch, denn er hatte Gray gleich wiedererkannt.
»In der Tat, Franco.«
Sie tauschten Freundlichkeiten aus, bis Kowalski hereinkam. Der Hüne ließ den Blick über die Wände schweifen und nahm den Wandschmuck angesichts seiner Vergangenheit als Seemann mit einem beifälligen Nicken zur Kenntnis.
»Franco, haben Sie etwas von Rachel gehört?« Gray war bemüht, sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen. »Hat sie vielleicht eine Nachricht für mich hinterlassen?«
Der Mann zog verwirrt die Stirn kraus. »Eine Nachricht?«
Gray hatte auf einmal ein flaues Gefühl im Magen. Es gab keine Nachricht. Vielleicht war sie ja doch…
»Signor Pierce, weshalb hätte Signorina Verona eine Nachricht hinterlassen sollen? Sie erwartet Sie in Ihrem Zimmer.«
Gray wurde fast schwindelig vor Erleichterung. »Liegt es oben?«
Franco langte in eine Wandvertiefung, nahm einen Schlüssel vom Brett und reichte ihn Gray. »Dritter Stock. Ich habe Ihnen ein hübsches Balkonzimmer gegeben. Von dort aus haben Sie eine schöne Aussicht aufs Kolosseum.«
Gray nickte und nahm den Schlüssel entgegen. »Grazie.«
»Soll ich Ihr Gepäck nach oben bringen lassen?«
Kowalski hob Grays Reisetasche hoch. »Ich mach das.«
Gray bedankte sich noch einmal bei Franco und wandte sich zur Treppe. Es handelte sich um eine schmale Wendeltreppe, eher Leiter als Treppe. Sie mussten hintereinander gehen. Kowalski beäugte misstrauisch die Konstruktion.
»Wo ist der Aufzug?«
»Hier gibt’s keinen Lift.« Gray stieg die Treppe hoch.
Kowalski folgte ihm. »Sie wollen mich wohl verarschen.« Er hatte Mühe, sein eigenes Körpergewicht mitsamt dem Gepäck die Stufen hochzuwuchten. Am zweiten Treppenabsatz war sein Gesicht rot angelaufen, und er fluchte lautstark.
Im dritten Stock angelangt, folgte Gray den Hinweisschildern zu seinem Zimmer. Im Innern war das Hotel ein enges Labyrinth aus scharfen Ecken und jähen Sackgassen.
Endlich stand er vor der richtigen Zimmernummer. Obwohl es sein eigenes Zimmer war, klopfte er, bevor er aufschloss. Überrascht von seiner überwältigenden Vorfreude auf das Wiedersehen, drückte er die Tür auf. Es war so lange her …
»Rachel? Ich bin’s, Gray.«
Sie saß auf dem Bett und zeichnete sich als Silhouette vom Fenster ab, gebadet in Sonnenschein.
»Weshalb hast du mich nicht angerufen?«, fragte Gray.
Ehe sie antworten konnte, ergriff eine andere Frau das Wort. »Weil ich sie gebeten habe, nicht zu telefonieren.«
Erst jetzt bemerkte Gray die Handschelle, mit der Rachels rechter Arm ans Kopfteil des Betts gefesselt war. Er drehte sich um.
Eine schlanke Gestalt im Morgenmantel trat aus dem Bad. Das schwarze, feuchte Haar hatte sie sich glatt über die Schultern gekämmt. Sie musterte ihn mit jadekalten Mandelaugen. Lässig schlug sie die bis zur Mitte der Oberschenkel unbedeckten Beine übereinander und lehnte sich an den Türrahmen.
In der freien Hand hielt sie eine Pistole.
»Seichan …«
01:15 Washington, D. C.
»MEHR WERDEN WIR vorerst nicht aus ihr herausbekommen«, sagte Monk zu Painter, als er sich auf den Besucherstuhl vor dem Schreibtisch sinken ließ. »Sie ist erschöpft und steht immer noch unter Schock.«
Painter musterte Monk. Auch sein Mitarbeiter wirkte
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