Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
’ner Prostatauntersuchung. Wenn sie wenigstens ’ne hübsche Stewardess gehabt hätten, wär’s mir ja recht gewesen.« Kowalski blickte sich zu Gray um. »Aber ’ne Alte mit Schnurrbart zählt bei mir nicht.«
»Sie hätten sich nicht freiwillig melden müssen«, entgegnete
Gray, während er darauf wartete, dass die Verbindung hergestellt wurde.
»Freiwillig?«, knurrte Kowalski. »Bei fünfzigprozentiger Zulage? Das war so, als hätt’ man mir ’ne Knarre ins Kreuz gedrückt. Ich muss schließlich eine Freundin unterhalten.«
Gray verstand noch immer nicht, was den ehemaligen Seemann und die Universitätsprofessorin miteinander verband, aber zumindest hatte sie ihn dazu gebracht, häufiger zu duschen. Auch die schwarzen Haarstummel auf Kowalskis Schädel waren akkurater getrimmt als früher.
Gray bedeutete ihm, er solle weitergehen. Er wartete noch immer darauf, dass im Büro des Comando Carabinieri Tutela Patrimonio Culturale, wo Rachel arbeitete, jemand dranging. Vor dem Abflug aus Washington hatten sie vereinbart, sich vor dem internationalen Terminal zu treffen, doch sie war nicht erschienen. Er hatte bereits versucht, sie über ihren Festnetzanschluss und das Handy zu erreichen, doch sie nahm nicht ab. Für den Fall, dass sie im Stau stecken geblieben war, hatte Gray am Terminal eine halbe Stunde gewartet.
In dieser Zeit hatte er mit Sigma gesprochen. Dort war es kurz nach Mitternacht. Der Direktor hatte ihn über den Vorfall in New Jersey informiert. Monk war in ein Feuergefecht verwickelt worden. Möglicherweise steckte eine Gruppe von Ökoterroristen dahinter, doch die Lage war nach wie vor undurchsichtig.
Gray wäre daraufhin am liebsten in den nächsten Flieger gesprungen und nach Hause geflogen, doch Painter hatte gemeint, sie hätten die Lage im Griff. Eine Schlüsselfigur sei festgenommen worden und werde soeben verhört. Gray wies er an, seinen Einsatz wie geplant fortzuführen.
Endlich meldete sich auf Italienisch eine strenge Frauenstimme. Da Gray über ein Jahr lang mit Rachel zusammen gewesen war, kannte er sich ein wenig mit der Sprache aus.
»Leutnant Verona arbeitet heute nicht. Dem Dienstplan zufolge hat sie frei. Vielleicht kann Ihnen jemand anders weiterhelfen …«
»Nein, danke. Grazie .«
Gray unterbrach die Verbindung und steckte das Handy in die Tasche. Er wusste, dass Rachel sich hatte freinehmen wollen, hatte aber gehofft, sie sei dennoch aus irgendeinem Grund auf ihrer Arbeitsstelle erschienen. Seine Besorgnis nahm zu. Wo steckte sie bloß?
Kowalski winkte ein Taxi herbei, und sie stiegen ein.
Sein Partner blickte ihn an. »Wie wär’s, wenn Sie mal im Krankenhaus anrufen würden?«, sagte er. »Dort, wo ihr Onkel behandelt wird?«
»Ist gut.« Gray nickte. Auf diese Idee hätte er auch selbst kommen können. Vielleicht hatte sich der Zustand ihres Onkels verschlechtert, und Rachel hatte deshalb die Verabredung vergessen.
Gray wählte die Auskunft und ließ sich mit dem Krankenhaus verbinden. Mit Vigor konnte er nicht sprechen, doch schließlich bekam er die Stationsschwester an den Apparat.
»Monsignore Verona liegt immer noch auf der Intensivstation«, erklärte die Frau. »Weitere Informationen können Sie von den Angehörigen oder der polizia erhalten.«
»Ich möchte nur wissen, ob er gerade Besuch von seiner Nichte hat. Von Leutnant Rachel Verona.«
Die Schwester wurde freundlicher. »Ah, seine nipote Rachel. Bellissima ragazza . Sie hat viele Stunden hier verbracht. Aber gestern Abend ist sie fortgegangen und heute noch nicht wieder erschienen.«
»Wenn sie kommt, würden Sie ihr dann ausrichten, dass ich angerufen habe?« Gray hinterließ seine Handynummer.
Er steckte das Handy ein und lehnte sich zurück. Während das Taxi über die Stadtautobahn Richtung Zentrum fuhr, schaute er
aus dem Fenster. Rachel hatte in einem kleinen Hotel ein Zimmer für ihn reserviert. Gray war auch schon früher dort abgestiegen, in der Zeit, als sie noch zusammen gewesen waren.
Er zermarterte sich den Kopf nach einer Erklärung für Rachels Nichterscheinen. Wo mochte sie abgeblieben sein? Seine Besorgnis steigerte sich zu heller Panik. Er wünschte sich, das Taxi würde schneller fahren.
In dem Hotel würde er sich erkundigen, ob jemand eine Nachricht für ihn hinterlassen hatte, und als Nächstes zu ihrer Wohnung gehen. Die war nur ein paar Straßen vom Hotel entfernt.
Das alles würde jedoch seine Zeit brauchen.
Zu viel Zeit.
Mit jedem zurückgelegten Kilometer
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