Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
aber nicht eingeprägt. Diesmal fand sie jedoch die richtige Abzweigung. Weiter voraus endete der gerade Gang an einem schmalen Torbogen. Hier waren sie richtig! Hinter dem Torbogen lag eine Treppe, die zur nächsttieferen Kellerebene hinunterführte.
Rachel wollte darauf zurennen, doch Gray packte sie von hinten und zerrte sie in eine Seitenkammer. Auch die anderen zwängten sich hinein. Gray warf sich auf Rachel, als auch schon eine ohrenbetäubende Detonation Wände und Steinboden erbeben ließ. Im nächsten Moment raste eine Feuerwand vorbei. Der nachfolgende Qualm stank nach giftigen Chemikalien.
Gray schob Rachel auf den Gang. Halb taub und mit tränenden Augen stolperte sie voran. Der Helikopter flog über sie hinweg und wirbelte Qualm und Flammen durcheinander. Eine schwarze Tonne wurde zum Rand der offenen Luke gerollt.
O nein…
Rachel wusste, was ihnen bevorstand. In heller Panik rannte
sie den Gang entlang und stöhnte vor Schmerzen, wenn sie über Steine und herabgestürzte Mauerteile hinwegsetzte. Der Torbogen war nur noch zehn Meter entfernt. Ganz auf das Ziel fixiert, landete sie mit der Ferse auf einem moosbewachsenen Stein. Sie rutschte aus und knickte ein. Sie stolperte – doch sie stürzte nicht.
Gray fasste sie um die Hüfte und trug sie die letzten paar Meter. Sie hechteten durch den Torbogen. Von hinten prallte jemand gegen sie. Ineinander verkeilt stürzten sie die Steinstufen hinunter.
Sie landeten auf einem Haufen am Fuß der Treppe, als über ihnen auch schon das Chaos losbrach.
Die Explosion nahe der Toröffnung zerriss ihnen beinahe das Trommelfell. Rachel hatte das Gefühl, die Druckwelle sprenge ihr den Schädel. Mauersteine wurden umhergeschleudert. Eine Feuerwalze raste den Treppenabgang herunter und jagte dicht unter der Decke über sie hinweg. Rachels Haut brannte. Sie bekam keine Luft mehr.
Dann ließ der Druck auf die Ohren unvermittelt nach. Die Flammen wurden an der Rückseite des Gangs abgesaugt. Von oben strich kühle Luft über sie hinweg.
Benommen entwirrten sie ihre Gliedmaßen. Sie krochen von der Treppe weg, weiter in die dunklen Kellergänge hinein. Nach ein paar Metern rappelten sie sich wieder hoch. Rachel lehnte sich an die Wand. Keuchend kämpfte sie gegen die aufsteigende Übelkeit. Sie atmete die frische Luft in vollen Zügen.
»Weitergehen«, drängte Gray.
Rachel stützte sich an der Wand ab und humpelte los. Sie durften nicht stehen bleiben. Aufgrund der Druckwelle und des Feuers konnte das obere Stockwerk jeden Moment einstürzen. Sie mussten von hier verschwinden.
»Weißt du, wo der Ausgang liegt?«
Sie hustete. »Ich glaub schon . . . vielleicht . . .«
Gray fasste sie beim Ellbogen. »Rachel.«
Sie nickte und fand das Gleichgewicht wieder, das innere wie das äußere. »Ja. Hier entlang.« Sie holte das Handy hervor und klappte es auf. Das Display spendete nur wenig Licht, doch es war immerhin besser als gar nichts.
Sie stützte sich bei Gray auf und setzte sich in Bewegung. Es war nicht weit, doch der Keller war ein Labyrinth von Kammern, Gängen und Senken. Rachel setzte sich in Bewegung, gefangen zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Sie erinnerte sich an ihre früheren Besuche im Kolosseum. Onkel Vigor hatte sie mit Geschichten von Helden und Monstern, wilden Tieren und gewaltigem Pomp gepeinigt. Außerdem hatte er ihr von der größten aller Veranstaltungen erzählt, einem Spektakel, das bei seltenen Gelegenheiten im Kolosseum aufgeführt und Naumachie genannt wurde.
Mit lauter Stimme sagte sie: »Bevor die Kelleranlagen gebaut wurden, in der Frühzeit des Römischen Reiches, wurde dieser Bereich geflutet, sodass mitten im Kolosseum ein großer See entstand. Hier wurden berühmte Seeschlachten nachgestellt, und im Wasser schwammen Pferde und Stiere.«
Kowalski schleppte sich hinter ihr her, staubbedeckt, blutverschmiert und verbrannt. »Im Moment würde mir ’ne Runde im Pool richtig gut tun.«
»Was haben die Römer nach der Veranstaltung mit dem ganzen Wasser gemacht?«, fragte Gray.
»Wart’s ab«, sagte Rachel.
Nach weiterem zweimaligem Abbiegen gelangten sie zu einer Wand. Hinter einem Eisentor lag ein schmaler, niedriger Gang. Im trüben Licht des Handydisplays war zu erkennen, dass er steil in die Tiefe führte.
»Das wurde erst vergangenes Jahr ausgegraben. Onkel Vigors Vermutung wurde damit bestätigt.« Rachel öffnete das Tor und zog es auf.
Plötzlich war ein lautes Grollen zu vernehmen. Eine dichte Staubwolke
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