Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
er eine Schramme. Auch er hob warnend die Hand.
Dann hörte Rachel es ebenfalls.
Stiefelgepolter auf dem Plankenweg über ihren Köpfen.
Die Schützen waren nicht geflüchtet, wie Rachel gehofft hatte. Sie jagten immer noch ihre Beute.
Seichan zeigte erst nach oben, dann streckte sie den Arm gerade nach vorn. Ihre Gestik war eindeutig. Wenn sie sich direkt unter dem Gehweg hielten, war die Wahrscheinlichkeit,
entdeckt zu werden, geringer. Allerdings mussten sie leise sein.
Gray nickte und setzte sich zur gegenüberliegenden Seite des Hypogäums hin in Bewegung. Rachel hielt ihn mit festem Händedruck zurück. Er blickte sich fragend zu ihr um. Rachel kannte sich hier unten aus. Wenn sie dem Plankenweg folgten, würden sie auf eine massive Wand stoßen. Nur wenige Wege führten aus dem Hypogäum hinaus.
Sie deutete nach vorn, wedelte mit der Hand und schüttelte den Kopf. In der Zeichensprache der Soldaten bezeichnete das eine Sackgasse. Sie wandte sich um und zeigte zu einem Ausgang, den nur wenige Menschen kannten. Ihr Onkel hatte ihn ihr vor langer Zeit gezeigt. Wenn sie jedoch dorthin wollten, mussten sie die Deckung des Plankenwegs verlassen und sich in das von oben einsehbare Gängelabyrinth hineinbegeben.
Gray musterte sie angespannt.
Meinst du wirklich?
Rachel nickte. Er drückte ihr zur Bestätigung die Schulter. Einen Moment lang wünschte sie sich, er nähme sie in die Arme und hielte sie fest. Doch er ließ sie wieder los und schlich zu Kowalski hinüber. Die beiden Männer unterhielten sich flüsternd.
Seichan trat neben sie. Auch sie beobachtete die beiden Amerikaner. Rachel bezweifelte nicht, dass sie ihnen von den Lippen ablesen konnte. Rachel musterte sie von der Seite. Auf Seichans Hals bildete sich ein purpurfarbener Bluterguss. Außerdem fiel ihr auf, wie viel Gewicht sie seit ihrer ersten Begegnung vor einem Jahr verloren hatte. Ihr Gesicht war hagerer geworden, ihr Blick wirkte gehetzt. Ihre Gesichtszüge waren wie aus Stein gemeißelt, hart und unnachgiebig. Gleichwohl brannte in den dunkelgrünen Augen noch immer ein kaltes Feuer.
Gray kam zurück und bedeutete allen, sich unter den Plankenweg
zu hocken. Er blickte nach oben und lauschte, als einer der Jäger vorbeikam. Die Angreifer behielten beide Seiten des Hypogäums im Auge. Bei der kleinsten Bewegung würden die Männer sie unter Feuer nehmen. Von ihrem erhöhten Standpunkt aus wäre das so, als würden sie auf Fische in einem Aquarium schießen.
Als der Mann vorbei war, wisperte Gray: »Wir müssen sie ablenken. Kowalski hat nur noch eine Patrone im Magazin. Das ist nicht viel, aber . . .«
Das Geräusch der Schritte über ihren Köpfen wechselte auf einmal den Rhythmus. Lautes Stiefelgepolter näherte sich.
Offenbar hatten die Männer Grays Geflüster gehört.
Kowalski hob die Pistole, doch Seichan legte ihm die Hand auf die Schulter.
Das Stiefelgetrappel wanderte weiter, näherte sich der anderen Seite. Die Angreifer flüchteten. Irgendetwas hatte sie verscheucht.
»Die Polizei . . .«, überlegte Gray laut.
»Wurde auch Zeit«, meinte Kowalski.
Seichan teilte Rachels Erleichterung nicht. Ihre Miene verdüsterte sich. Sie wurde weltweit als Terroristin gesucht, auch von Interpol.
Ehe sie eine Entscheidung treffen konnten, setzte unvermittelt ein neues Geräusch ein. Hubschraubergeknatter. Gray trat unter dem Plankenweg hervor und schaute zum Himmel hoch. Rachel trat neben ihn.
Ein schwarzer Helikopter schoss über den Rand des Kolosseums.
»Das ist nicht die polizia «, sagte Rachel.
Der Rumpf der Maschine wies keinerlei Kennzeichnung auf.
Als der Helikopter über die Arena schwenkte, wurde die Kabinentür geöffnet.
Gray fasste Rachel bei der Schulter. »Lauf!«
Jetzt war klar, weshalb die Angreifer sich zurückgezogen hatten. Nicht vor der Polizei, sondern weil die nächste Eskalationsstufe erklommen wurde. Weshalb sollte man auf Fische im Aquarium schießen, wenn man sie viel leichter ausbomben konnte?
»Mir nach!«, schrie Rachel.
Ohne auf ihr schmerzendes Knie zu achten, rannte sie los; das Adrenalin dämpfte den Schmerz. Sie lief an der geschwungenen, von Steinkammern gesäumten Wand entlang. Die anderen folgten ihr.
»Was geht da vor?«, rief Kowalski.
Rachel bog nach rechts ab und gleich wieder nach links, doch dieser Gang erwies sich als Sackgasse. »Zurück!«
Sie machten kehrt. Rachel humpelte und stützte sich bei Gray auf. Sie wusste zwar, wo sich der Ausgang befand, hatte sich das Labyrinth
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