Signal: Roman (German Edition)
des Gehirns des ausgewählten Betrachters zu stimulieren. Gegen eine bescheidene Gebühr konnte jede einzelne dieser beworbenen Verworfenheiten beschafft werden, indem der Kunde einfach durch den Eingang des genannten Gebäudes ging, sich an der Tür entsprechend als Erwachsener auswies und um Einlass bat.
Irritiert wischte Molé die Werbung mit einer Handbewegung beiseite, wobei seine Hand durch die Bilder fegte. Beiläufige Obszönitäten wurden ausgelöscht, frevelhafte Szenen unterbrochen. Wenn die Informationen, die er im Verlauf der letzten Tage zusammengetragen hatte, korrekt waren, dann würde er das Individuum, das er suchte, in diesem Gebäude finden, wo es von den verdorbenen Früchten naschte. Die aufdringlich angebotenen Verlockungen interessierten ihn nicht. Er war durchaus in der Lage, sich zu amüsieren, ohne dafür einen einfallslosen Dienstleister bezahlen zu müssen.
Im Inneren des Hauses war es laut, aber es ließ sich ertragen. Die intensiven Eindrücke, die auf das Trommelfell einprasselten, waren vergleichsweise gedämpft, ebenso wie das Licht. Letzteres war natürlich ein Muss. Auch wenn die Teilnehmer bereit waren zu zahlen, was immer gefordert wurde, um ihren bevorzugten Perversionen nachzukommen, hieß das noch lange nicht, dass sie dabei auch von anderen beobachtet werden wollten, die sich als Plaudertaschen herausstellen konnten. Es war schön und gut, in die Tiefen der Verderbtheit abzutauchen und dort im Schlamm herumzukrabbeln, aber der Spaß hörte auf, wenn die Details darüber einem Partner, Verwandten oder Angetrauten weitererzählt wurden.
Während er sich den Weg durch die schwafelnde, kichernde, saugende Menge bahnte, wechselte das Umgebungslicht in der Hauptkammer des Klubs von Rot zu Lila und wieder zurück, was so raffiniert aussah, als würde man sich in einem gut gemixten Drink befinden. Die Musik entsprach zwar nicht seinem Geschmack, aber Molé war dankbar für die Gitarren- und Trommelklänge, die den Großteil des unnützen Palavers übertönten, aus denen die Unterhaltungen rings um ihn herum bestanden.
Zwei Bartresen, getrennt durch eine Tanzfläche und einige Tische, standen einander im Keller gegenüber. Wenn sie ihrem Ruf gerecht wurden, dann servierte man dort mehr als nur Alkohol. Es war eine Binsenweisheit der Menschheit, dass Tausende Menschen Schlange standen, sobald ein neues Stimulanz- oder Rauschmittel auf den Markt kam, um es zu testen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ob es effektiv, sicher oder tödlich war. In Bezug auf Drogen war der Ruf immer wichtiger als das eigene Wohlergehen. An einem Ort wie diesem würde es von allem nur das Neueste und Bestegeben, vermutete er. Besser leben durch Chemie. Oder besser sterben …
Jemand trat vor ihn und versperrte ihm den Weg. Die Meld war Ende dreißig, aber noch sehr attraktiv, und hatte einen üppigen Körper, zu dessen durch das Fitnessstudio und Tabletten verstärkten Attributen drei Brüste gehörten, die fast aus ihrem einteiligen zweckdienlichen Kleid platzten wie Zahnpasta aus einer kaputten altmodischen Tube. Er beäugte die diversen Regionen sich ausbeulenden Fleisches voller Abscheu, während darauf Punkte aus hellgrünem Licht tanzten. Da er keine Zeit für derartige Ablenkungen hatte, versuchte er ungeduldig, einen Schritt um sie herumzumachen, doch sie glitt zur Seite und stand ihm erneut im Weg.
Er ging ohnehin schon leicht nach vorn gebeugt, um seine Zerbrechlichkeit zu betonen, und verdrehte seinen Torso jetzt derart, dass er noch gebrechlicher wirkte. »Bitte entschuldigen Sie, Ma’am. Ich bin nur hier, um gemütlich etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen.«
Sie stemmte die Hände in die Hüften und nahm eine Pose ein, die bestimmt schon fünftausend Jahre alt sein musste, während sie ihn lüstern ansah. »Was denn, nur zusehen, aber nicht mitspielen? Finden Sie mich denn nicht attraktiv?«
»Selbst in meinem Alter und mit meinen schlechten Augen kann ich erkennen, dass Sie sehr attraktiv sind, meine Gute. Aber dasselbe können Sie wohl kaum von mir behaupten.« Bevor sie etwas erwidern konnte, hob er eine zitternde Hand, um die routinierte Antwort abzublocken, die sie zweifellos auf Lager hatte. Er wollte sie einfach nur wieder loswerden. »Bitte, keine falschen Schmeicheleien. Ich schäme mich meines natürlichen Zustands nicht. Suchen Sie sich jemanden, der zumindest ein Minimum an Ausdauer aufbringen kann, um IhreAbsichten in die Tat umzusetzen, und
Weitere Kostenlose Bücher