Signal: Roman (German Edition)
worden. »Ich wünsche Ihnen einen kurzen Tag und eine lange Nacht. Was kann ich Ihnen bringen?«
»Wasser.« Molé überblickte die Menschenmenge, die sich im hinteren Teil des Raumes drängte, das menschliche Treibgut, das zurückgeblieben war, nachdem sich die Flut des Lebens bei Tageslicht zurückgezogen hatte. Ein Stück weit von der sich drehenden Tanzfläche entfernt befanden sich einige Tische und Abteile, wohin sich die betuchteren Tunichtgute zurückziehen konnten, um über die Vielzahl an ihnen zugeflüsterten Nichtigkeiten nachzudenken.
Der Barkeeper drehte sich um und tat so, als würde er die hinter ihm aufgereihten Behälter und Flaschen einer genauenMusterung unterziehen. »Tut mir leid, das ist gerade aus. Sie müssen schon etwas anderes bestellen oder wieder gehen.« Er deutete auf den Eingang, der zur über ihnen liegenden Straße führte. »Der Hafen ist voll mit Wasser.«
»Ah, Humor. Das weiß ich zu schätzen.« Molés Stimme war keine Emotion anzumerken. »Da Sie darauf bestehen, nehme ich einen Raki mit Synschokogeschmack. Bitte einen mit wenig Phenethylamin.«
Der Natural lächelte. »Interessante Entscheidung. Kommen Sie aus der Nähe von Istanbul?«
Doch Molé hatte sich bereits auf seinem Stuhl umgedreht, um die Menge zu studieren, und antwortete nicht. Daraufhin zuckte der Barkeeper mit den Achseln, bereitete den Drink zu und servierte ihn in einem kleinen Glas bei Zimmertemperatur. Molé streckte den Arm nach hinten aus, hob das Glas hoch und nippte daran, während er weiter vor sich hinstarrte, beobachtete, suchte …
Da. Er stellte das halb volle Glas wieder auf die Bar und strich mit seinem Creditstick über den Sensor, der seitlich eingelassen war, achtete aber nicht darauf, ob die Transaktion auch tatsächlich erfolgreich war. Der Barkeeper war inzwischen mit anderen Gästen beschäftigt und überprüfte nicht, ob die Credits des alten Mannes akzeptiert worden waren. Doch das musste er auch nicht tun, denn wenn die Zahlung abgelehnt worden wäre, dann wäre ein Alarm im Glas ausgelöst worden, der gleichzeitig auch die Sicherheitsleute des Klubs alarmiert hätte.
Sein Informant war sein Subsist wert gewesen, dachte Molé amüsiert, als er auf einen Tisch in der Nähe der Rückwand zuging. Natürlich konnte die Frau, die dort saß, auch eine völlig andere gut aussehende Tentakel-Meld sein als die, nach der ersuchte, aber die hellroten Streifen, die ihre fingerlosen Greifgliedmaßen zierten, waren doch recht eindeutig. Da er ihren professionellen Ruf, mochte er auch nur lokal bekannt sein, im Kopf hatte, blieb er auf der anderen Seite des Tisches stehen.
Es dauerte einen Moment, bis sie bemerkte, dass er sie anstarrte. Dann streckte sie einen Tentakel aus und wickelte das mit Saugnäpfen bedeckte Ende um den viereckigen, fünfundzwanzig Zentimeter hohen Getränkehalter aus Metall, der vor ihr stand.
»Ich mag Männer nicht, die mich anstarren. Und alte Männer ekeln mich an. Also finde ich Sie gleich doppelt widerlich. Suchen Sie sich jemand anderen, den Sie mit Ihren Blicken belästigen können, bevor ich Ihre Augen mit Alkohol auswasche.«
Molé ließ sich durch ihre Worte nicht aus der Ruhe bringen. Anstatt der Bitte Folge zu leisten, setzte er sich ihr gegenüber auf einen Stuhl. Ihr rechter Tentakel verstärkte den Griff um den Getränkehalter. Er begann, so ruhig zu sprechen, als würde er sich mit einem Kind unterhalten.
»Ihr Name lautet Lindiwe. Zusammen mit einer unglücklichen Gefährtin namens Terror und einer offensichtlich inkompetenten europäischen Teamleiterin namens Chelowich sind Sie in das Haus, in dem sich auch das Geschäft einer hiesigen Hexendoktorin namens Thembekile befand, eingebrochen. Sie waren auf der Suche nach Informationen über zwei Namerikaner, die hier Urlaub machen und die diese Frau zuvor aufgesucht hatten: einer Ärztin namens Ingrid Seastrom und ihrem dürren männlichen Meld-Gefährten, der sich Whispr nennt. Ich habe versucht, Kontakt zu der Hexendoktorin aufzunehmen, was momentan jedoch nicht möglich ist, da sie durch den gründlich vermasselten Einbruch von Ihnenund Ihren Freunden derart verunsichert wurde und sich jetzt irgendwo weit im Landesinneren versteckt hält.
Ich bin davon überzeugt, dass ich sie irgendwann aufspüren kann, aber das wird mich einiges an Zeit und Mühe kosten, da sie offenbar sehr viele Freunde und Kollegen hat. Das ist in Ihrem Fall anders, aus diesem Grund waren Sie auch sehr viel leichter zu
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