Signal: Roman (German Edition)
lassen Sie mich meinen Gedanken in Frieden nachhängen.«
Den begehrlichen Blick, den sie wie eine Karnevalsmaske trug, erschütterte das nicht. »Dann stehen Sie also aufs Trinken? Wollen Sie wissen, worauf ich stehe?« Bevor er das verneinen konnte, beugte sie sich vor, sodass er ihre drei Brüste genau begutachten konnte. »Ich steh auf alte Männer«, flüsterte sie und richtete sich dann wieder auf. »Wollen Sie auch wissen, warum?«
Das wollte er eigentlich gar nicht wissen, aber er wollte auch keine Szene machen und so möglicherweise die Person aufschrecken, nach der er eigentlich suchte. »Warum tun Sie das, meine Liebe?«
»Weil mich ihre Dankbarkeit anmacht. Das gibt mir den richtigen Kick. Ist das nicht ein fairer Tausch?« Sie legte eine Hand auf seine linke Schulter und drückte zu, sodass sich die Fingernägel, die permanent mit den Knochen verbunden waren, leicht in seine Haut bohrten. »Ich weiß, dass ich zufriedengestellt werde, und kann Ihnen garantieren, dass Sie auch befriedigt werden.«
Die unglaubliche Vielzahl dekadenter Geschmäcker, die die Menschheit demonstrierte, deprimierte ihn immer wieder aufs Neue. »Ich weiß, dass ich Sie überraschen würde, Ma’am, aber ich habe weder die Absicht noch die Zeit oder die Kraft dazu.« Er machte einen Schritt nach vorn. Eine blassgelbe Kugel schwebte an seinem Gesicht vorbei und spiegelte sich für den Bruchteil einer Sekunde in seinen Augen wider. Hätte die Liebesdienerin, die sich ihm in den Weg gestellt hatte, das gesehen, wäre sie vielleicht geflohen, aber so blockierte sie ihm stattdessen weiterhin den Weg.
»Sie glauben, Sie könnten mich überraschen? Das wäre daserste Mal, aber es würde mir gefallen. Sie mögen ja nicht viel hermachen, aber ich habe den Eindruck, dass Sie ganz schön herumgekommen sind. Ich bin bereit, das Risiko einzugehen.« Sie deutete nach rechts. »Wir könnten ein Gasrohr mieten. Ich würde mich auch an den Kosten beteiligen.« Sie grinste. »Dann können Sie darin auf Ihre Kosten kommen.«
Ihre lüsterne Hartnäckigkeit war unerträglich geworden. Molé zwang sich zu einem Lächeln und nahm Blickkontakt auf. Während sie ihm in die Augen sah, spürte sie seine rechte Hand, die vorn an ihrem Körper entlangglitt. Überzeugt davon, einen Geschäftsabschluss getätigt zu haben, rechnete sie damit, dass die Hand noch höher wanderte. Doch sie verharrte unter ihren Brüsten in der Nähe des Solarplexus. Die unerwartet kräftigen Finger bewegten sich und stießen zu. Ihr fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Sie riss den Mund weit auf und schnappte nach Luft, nur um festzustellen, dass ihre Lungenflügel nicht mehr funktionierten.
»Ist das überraschend genug?«, murmelte er leise.
Mit noch immer aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. Dann flatterten ihre Augenlider und schlossen sich, und sie brach wie ein Sack zerkochter Süßkartoffeln auf dem Boden zusammen. Zwei Paare in der Nähe unterbrachen ihren simulierten Koitus und sahen überrascht zu ihnen herüber, Molé lächelte ihnen zu.
»Ich glaube, sie hat einen zu starken Stimkamm genommen. Ihr geht es bald wieder gut.« Er machte einen großen Schritt über den reglosen Körper, der in Embryohaltung auf dem Boden lag. »Die Angestellten werden sich darum kümmern. Dafür werden sie schließlich bezahlt.«
Die beiden Paare beäugten den Sprecher, der offensichtlich zu alt und schwach war, um etwas Unrechtes getan zu haben,und kehrten dann zu ihrem lieblosen Spiel zurück. Nachdem das kurzfristige Ärgernis beseitigt war, bahnte sich Molé wieder den Weg durch die Menschenmenge auf der sich drehenden Tanzfläche und ging zur näheren der beiden Bars.
Dahinter standen zwei Barkeeper, ein Natural und ein Meld. Letzterer hatte zwei doppelt so lange Arme, um besser an die höheren Fächer und weiter entfernteren Bereiche der mit Containern bestückten pechschwarzen Bar heranzukommen. An jeder seiner Hände prangten acht Finger, die die kompliziertesten Prozeduren, die ein Barkeeper beherrschen musste, ausführen konnten. Einige Minuten lang sah Molé beiden Männern bei der Arbeit zu, bevor er sich dem Natural gegenüber auf einen Barhocker setzte. Da dieser nicht so viel zu tun hatte wie sein Meld-Kollege, hatte er mehr Zeit zum Beobachten und zum Reden.
»’n Abend, Mann.« Trotz seiner Jugend besaß die Sprache des deutlich jüngeren Mannes etwas so ausgewogen Kontrolliertes und das Timbre an Erfahrung, als wäre seine Stimme wie ein Klavier gestimmt
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