Signal: Roman (German Edition)
das jetzt gegen Whisprs Körper drückte, ließ ihn vermuten, dass er es mit jemandem zu tun hatte, der deutlich mehr Gewicht hatte als der alte Killer, dem sie in Florida begegnet waren.
Er verdrehte seinen Körper und versuchte, eine Hand zu befreien, und da konnte er endlich einen Blick auf seinen Angreifer werfen. Es war nicht Molé. Es war aber auch kein Angehöriger des Sicherheitspersonals der Firma.
Zufrieden mit seinem Werk streckte sich der keuchende Freewalker und entfernte sich ein Stück von seinen Gefangenen. Inzwischen drang genug Licht in die Schlucht, dass sie die unverkennbaren Züge des Melds erkennen konnten, der sich ihnen als Führer angeboten hatte, direkt nachdem Whispr und Ingrid Orangemund verlassen hatten. Der fleischige, flügelartige Wasserspeicher auf seinem Rücken gluckerte hörbar, als er sich umdrehte, um nach Ingrid zu sehen. Whispr nutzte die Gelegenheit, um nervöse Blicke in beide Richtungen des Flussbettes zu werfen. Wenn sich keine Kumpane irgendwo versteckt hielten, dann war ihr Angreifer alleine.
»Ich folge Ihnen schon, seit Sie die Stadt verlassen haben.« Quaffers Blick wanderte zwischen den beiden Gestalten hinund her. »Ich dachte schon, ich hätte Sie bei der Sturzflut verloren. Schön, dass Sie die überstanden haben.«
»Ihre Sorge ist rührend.« Whispr versuchte weiterhin, das Plastikband abzustreifen, mit dem seine Handgelenke hinter seinem Rücken gefesselt waren.
Ingrid war es inzwischen gelungen, sich aufzusetzen und sich irgendwie das Klebeband vom Mund abzustreifen. Sie starrte ihren Kidnapper wütend an.
»Was haben Sie vor, Quaffer? Wollen Sie uns an den SAHV verkaufen?«
Der Meld mit dem Mantarücken machte ein schockiertes Gesicht. »Teufel, nein! Ich will mit dieser Firma ebenso wenig zu tun haben wie Sie!« Er deutete auf ihre Umgebung. »Wenn die mich hier finden, dann hat mein letztes Stündlein geschlagen. Die werden mich auf der Stelle erschießen. Und Sie natürlich auch. Aber Sie sind nicht dumm, zumindest nicht so dumm, daher ist Ihnen das bestimmt klar.« Er beugte sich näher zu ihr, sodass sich das Wasser im Sack auf seinem Rücken hörbar verlagerte.
»Ich will Ihnen nicht wehtun. Wie ich Ihnen schon einmal gesagt habe, will ich Ihnen nur helfen.«
Whispr verdrehte den Kopf und sah über seine linke Schulter. »Wie wäre es, wenn Sie uns helfen, indem Sie die Fesseln lösen?«
Der Führer antwortete, ohne in Whisprs Richtung zu sehen. »Aber klar, Stockmann, das werde ich nur zu gern tun. Aber jetzt noch nicht.« Die sich mehrfach überlappenden Falten auf seiner Stirn kamen ihr sehr nahe, und sie fragte sich, wieso sie nicht einfach von seinem kahlen Schädel rutschten. »Zuerst müssen wir zu einer Einigung kommen. Ich will einen Anteil.«
Whispr wandte den Blick ab, verdrehte die Augen und sagtenichts. »Einen Anteil wovon?«, erkundigte sich Ingrid nichts ahnend.
Die winzigen, tief sitzenden Augen des Freewalkers glänzten im Licht des frühen Morgens. »Spielen Sie nicht die Unwissende, Frau. Wir haben schon auf dem Weg aus Orangemund heraus darüber gesprochen. Keine Spielchen mehr, keine Lügen mehr.« Er deutete auf ihre Umgebung. »Solche Dinge sind hier draußen bedeutungslos. In der Namib überlebt nur der Wahre. Das ist das Sperrgebiet. Ein Sucher der Firma könnte jederzeit hier vorbeikommen, und dann sind Sie so gut wie tot. Aber mit meiner Hilfe werden Sie überleben. Und mit Ihrer Hilfe werden diese Schwierigkeiten und das Leid erträglicher.«
»Jetzt weiß ich noch immer nicht, was Sie eigentlich von uns wollen«, protestierte sie.
Er klang tatsächlich amüsiert. »Ich kann mich einfach nicht entscheiden, ob Sie stark oder bloß dumm sind. Eigentlich tendiere ich eher zu Letzterem.« Seine Stimme wurde lauter. »Einen Anteil an Ihren Ausgrabungen natürlich. Als Gegenleistung dafür, dass ich Sie führe und beschütze.« Ein breites Grinsen zeichnete sich auf dem so gut wie haarlosen Gesicht ab. »Es wird sich für Sie lohnen, mich zu engagieren.«
»Ausgrabungen?« Whispr war hin- und hergerissen zwischen Angst und Verwirrung, was sich sowohl in seinem Tonfall als auch in seinem Gesicht abzeichnete. »Meinen Sie damit Diamanten?«
»Nein«, erwiderte der deutlich größere Mann trocken. »Ich rede von Viehdung. Natürlich meine ich Diamanten. Im Sperrgebiet gibt es sonst nichts, was man ausgraben könnte.«
Whispr lag gefesselt am Boden und begann zu kichern. Sein typisches Lachen, bei dem er keine Miene
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