Signal: Roman (German Edition)
verzog, schien ihrenKidnapper nur noch mehr zu verärgern, doch der schlanke Meld konnte einfach nicht anders. Er war verwirrt gewesen, als dieser Wasserrücken-Meld außerhalb von Orangemund mit dieser lächerlichen Vermutung auf sie zugekommen war. Dass er sie aus demselben fehlgeleiteten Grund den ganzen Weg durch die leere Namib verfolgt hatte, war für Whispr nur noch unbeschreiblich lachhaft.
Quaffer fand es jedoch weniger amüsant. Er näherte sich seinem liegenden Gefangenen und hob den rechten Fuß. »Halten Sie den Mund! Seien Sie still oder ich trete Ihnen den Kopf ein!«
Daraufhin musste Whispr husten, und seine Belustigung verwandelte sich in tödlichen Ernst. »Hören Sie mir mal gut zu, Freewalker. Ich bin ein armer Straßengauner aus einer Stadt in Namerika. Die einzigen Diamanten, die ich je gesehen habe, sind die, die in den Schaufenstern hinter dickem Sicherheitsglas ausgestellt werden, die in Museen noch weitaus besser beschützt werden oder die die Körper reicher Bürger zieren, die zu gut geschützt sind, als dass sie ein Straßenräuber wie ich überfallen könnte. Steine, die von einfacheren Bürgern zur Schau gestellt werden, fasse ich gar nicht erst an, weil man einen spezialisierten Techrap braucht, um einen echten von einem falschen zu unterscheiden. Das habe ich schon sehr früh gelernt. Verdammt noch mal, heutzutage ist es lukrativer, Knochen zu stehlen, als mit solchen Steinen zu handeln. Es gibt einen Markt für Knochenmark, weil man echte Organe nun mal nicht fälschen kann. Ein Stein ist andererseits nur ein Stein. Er lässt sich sehr leicht synthetisieren. Allerdings gehe ich davon aus, dass es einige Menschen gibt, die bereit sind, für einen garantiert echten Stein viel Geld zu bezahlen, sonst würden sie hier nicht länger abgebaut.«
Der Führer hörte ihm derart stoisch zu, dass sich Whispr nicht sicher war, ob er seine Logik überhaupt begriffen hatte. Zumindest senkte der Freewalker seinen Fuß wieder, ohne den schlanken Meld zu berühren. Dieses Zögern ließ vermuten, dass möglicherweise ein oder zwei Worte die robuste Gewebemasse, die auf dem Hals des Mannes ruhte, erreicht hatten.
Da Ingrid die Unschlüssigkeit ihres Kidnappers spürte, eilte sie Whispr zu Hilfe.
»Whispr sagt die Wahrheit, Quaffer. Wir sind nicht wegen der Diamanten hier. Wir wissen überhaupt nichts über Diamanten. Ich habe auch noch nie im Leben einen besessen.« Sie zögerte. »Wir können Ihnen keinen Anteil an einer nicht existierenden Mine geben.«
Der große Mann schien über die Worte seiner Gefangenen nachzudenken. Sowohl Meld als auch Natural hatten gesprochen, ohne dass er Druck auf sie ausgeübt hatte. Ihr Gesichtsausdruck wirkte aufrichtig, ihre Stimmen klangen ernst. Und dennoch …
»Wenn Sie nicht wegen der Diamanten hier sind«, sagte er langsam, »was haben Sie dann im Sperrgebiet zu suchen?«
Whispr ging sofort auf die Unschlüssigkeit des Führers ein. »Das haben wir Ihnen schon vor Orangemund gesagt. Wir sind Wissenschaftler und wollen hier …«
Auf einmal wurde Quaffer wieder wütend und starrte ihn an, wobei sein Zorn eher das Produkt seiner Frustration zu sein schien. »Erzählen Sie mir jetzt bloß nicht, Sie würden Ihr Leben riskieren, um an diesem Ort nach wilden Tieren zu suchen! Versuchen Sie nicht erneut, meine Intelligenz zu beleidigen!« Der Fuß wurde erneut angehoben, diesmal ein Stück höher. Whispr schloss die Augen und wartete auf den Tritt.
»Okay, ich sag es Ihnen! Tun Sie ihm nicht weh!«
Sowohl der am Boden liegenden Mann als auch der über ihm stehende Meld drehten sich zu Ingrid um. Sie lag auf der Seite, wobei sich das Plastikband in ihre Gelenke schnitt, und schien ihren Kidnapper mit den Augen anzuflehen.
»Ich werde Ihnen die Wahrheit sagen. Aber es ist nicht das, was Sie hören möchten.«
»Stellen Sie mich auf die Probe.« Der Stiefel wurde ein zweites Mal wieder auf den Boden gestellt, und Quaffer starrte Ingrid aus seinen gierigen kleinen Augen an.
»Tu es nicht, Doc! Sag ihm nicht … ummmpf !«
Der kräftige Tritt zielte auf Whisprs Magen und nicht auf seinen Kopf und richtete keinen dauerhaften Schaden an. Aber er brachte ihn zum Schweigen. Während er den Fuß weiterhin in Bereitschaft hielt, nickte der Freewalker Ingrid zu.
»Na los, reden Sie.«
»Sie haben recht, wir sind nicht hier, weil wir Tiere beobachten wollen.«
Quaffer grinste zufrieden. »Natürlich nicht. Jetzt erzählen Sie mir was, das ich nicht
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