Signale
war ein langer Tag gewesen. Als der Hotelpage ihn die Stufen hinaufgeleitete, brach der Beifall schon so stark los, daß die automatische Volumenkontrolle seines Hörgeräts abschaltete.
So bekam er die ersten Worte Dan Fleurys nicht mit. Zweifellos galten sie der Begrüßung. Sehr vorsichtig ließ er sich in dem Sessel nieder, das Klatschen ließ nach, und es drangen einige Worte zu ihm durch.
Dan Fleury war nach wie vor ein großer Mann, mit einer Figur wie eine Trommel, buschigen Augenbrauen und dichter Haarmähne. Er hatte Marchands verrücktes Projekt, Menschen dem Weltraum anzuvertrauen, seit den Anfangen unterstützt. Jetzt konnte er sich in das gebührende Licht stellen.
»Der größte Traum des Menschen!« brüllte er. »Die Eroberung der Sterne! Und hier ist der Mann, der uns lehrte, wie der Traum zu träumen ist. Norman Marchand!«
Marchand verbeugte sich in den Beifallssturm hinein.
Das Hörgerät schirmte seine Ohren erneut ab, so daß er die nächsten Worte wieder versäumte.
»… und heute ernten wir die Früchte des Erfolges«, prahlte Fleury, »… gemeinschaftlich verbunden unter dem Eindruck dieser großen Hoffnung … verschworen zu ihrer Erfüllung … unseren Respekt und unsere Lie be für den Mann, der uns zeigte, welchen Traum wir brauchen!«
Während die Mitglieder des Amerikanischen Veteranenverbandes der Kraft von Fleurys Redekunst lauschten, lächelte Marchand auf das Meer von verschwommenen Gesichtern hinab. Es ist, dachte er, fast peinlich, wie Fleury es darstellt. Wahrlich, die Früchte des Erfolgs! Wie viele Jahre warteten sie nun geduldig darauf? Und das Tor war, vor ihren Augen, noch immer verschlossen. Natürlich, dachte er zynisch, hatten sie es eilig mit dem Dinner gehabt, denn man hätte den Gästen schwerlich eine Leiche vorstellen können. Aber noch … Er machte eine schmerzhafte Drehung und sah Fleury an, halb perplex. Etwas lag in seiner Stimme. War da … könnte es …
Es konnte nicht, dachte er entschlossen. Es gab kei ne Neuigkeiten, keine Erfolge, keine Berichte von einem der umherschweifenden Raumschiffe, kein Traum, der endlich Wirklichkeit wurde. Er hätte es schließlich zuerst erfahren. Um nichts in der Welt hätten sie es gewagt, ihm eine solche Nachricht zu unterschlagen. Und er hatte keine Nachricht erhalten.
»… und nun«, sagte Fleury, »will ich Sie nicht länger aufhalten. Nachher wird es noch umfangreicher Gespräche benötigen, um unsere Verdauung zu unterstützen, das verspreche ich Ihnen! Aber jetzt wollen wir essen!«
Gelächter. Beifall. Geflüster und das Klirren von Gabeln.
Die Aufforderung zum Essen schloß Norman Marchand natürlich nicht ein. Er saß dort, die Hände in den Schoß gelegt, beobachtete die Gäste, wie sie in sich hineinschaufelten, lächelte und fühlte sich ein bißchen überflüssig, mit dem bitteren Kummer der Steinalten. Ich mißgönne den jungen Leuten nichts wirklich , sagte er sich. Nicht ihre Gesundheit, ihre Jugend oder ihre Lebenserwartung. Aber er mißgönnte ihnen das Fruch teis.
Er tat so, als genösse er seine dicke rosa Suppe aus Zwieback und Milch. Nach den Aussagen von Asa Czerny, der es wissen mußte, da er Norman Marchand bereits ein Leben lang kannte, stand er vor klaren Verhältnissen. Er konnte essen was er wollte, oder er konnte noch leben. Eine Weile. Und jedesmal, wenn Czerny gutwillig, oder bösartig, genug war, ihm ein Höchstdatum für seine Lebenserwartung zu nennen, hatte Marchand in müßigen Augenblicken überlegt, wie viele von den verbleibenden Monaten er für eine einzige anständige Mahlzeit opfern würde. Er war ziemlich sicher, daß er an jenem Tag, an dem Czerny nach der allwöchentlichen Untersuchung erklären wür de, daß nur noch Tage blieben, diese letzten Tage eintauschen würde, gegen Sauerbraten mit Bratkartoffeln und Rotkohl mit süßer Soße. Doch soweit war es noch nicht. Mit möglichst viel Glück blieb ihm noch ein Monat. Vielleicht zwei …
»Wie? Entschuldigen … Sie …«, sagte er, sich halb zu dem Schimpansen wendend. Trotz der Transformierung sprach das Tier so mangelhaft, daß Marchand sich zunächst nicht als der Angesprochene begriffen hatte.
Er hätte sich nicht bewegen sollen.
Sein Handgelenk hatte seine Geschmeidigkeit verloren; in seiner Hand neigte sich der Löffel; der Zwieback fiel. Er beging den Fehler, seine Knie zur Seite bewegen zu wollen – es war schlimm genug, alt zu sein; er mochte sich nicht auch beschmutzen – und er bewegte sich zu
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