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Signale

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Titel: Signale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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eigentlich in das All beförderte, an Stelle der Ströme von ionisiertem Gas, verstand er nicht. Der Soundsoflektor, wie sich das verdammte Ding nannte, war so winzig. Das ganze Schiff war ein Zwerg.
    Es gab keinen Platz für die Reaktormasse, nicht einmal genug, ein Schiff auch nur vom Boden zu heben. Da war nur der kleine, schwarze Kasten – er war nicht wirklich klein, sondern so groß wie ein wuchtiges Piano, und er war nicht schwarz, sondern grau, aber es war ein Kasten, na klar, und er arbeitete mit magischen Kräften. Sie nannten diese magischen Kräfte ›Polynomiation‹. Marchand versuchte nicht, sie zu verstehen, er lauschte nur, oder schien es vorzugeben, auf Eiseles kurze, merkwürdige Versuche, Mathematik ins Englische zu übersetzen. Er hörte gerade genug hin, um ein paar Worte aufzuschnappen. Der Raum war die Dimension N. Na schön, das genügte ja, es beantwortete die gesamte Frage, soweit er es verstand, und er hörte nicht auf Eiseles Anstrengungen, ihm zu erklären, wie man sich, sozusagen, in polynominale Dimensionen schleudert – oder, besser gesagt, die vorhandenen polynominalen Größen einer vierdimensionalen Standardmasse in höhere Ordnungen umsetzt – er hörte nicht hin. Er hörte nicht das geringste davon. Er lauschte dem dumpfen, schweren Schlag des voluminösen Affenherzens, das jetzt sein Gehirn versorgte.
    Duane Ferguson kam hinzu, in dem Affenkörper, den er nicht mehr verlassen konnte. Das war ein weiterer Punkt unter Marchands Selbstvorwürfen; er hatte davon reden hören, daß die Umstände gegen Ferguson gearbeitet hatten, und sein eigener Körper während der Transformierung gestorben war.
    Sobald Marchand von Eiseles Vorhaben gehört hat te, begriff er es als eine Gelegenheit zur Sühne. Das Projekt war recht einfach. Ein guter Test für Eiseles Antrieb, aber auch eine Mission der Erlösung. Der Plan war, der langsam dahinfliegenden, schon seit langer Zeit unterwegs befindlichen Tycho Brahe zu folgen und sie mitten im Raum einzuholen … denn erst jetzt, dreißig Jahre nach dem Start von Port Kennedy, war sie dabei, in eine Forschungskreisbahn um Groombrid ge 1618 einzuschwenken. Während Marchand sich festschnallte, erklärte Eisele alles noch einmal. Er spielte an seinem schwarzen Kasten und redete dabei.
    »Verstehen Sie, Sir, wir versuchen Kurs und Geschwindigkeit anzugleichen, aber offen gesagt, – das ist der schwierigere Teil. Sie einzuholen, ist eine Kinderei: Wir haben ja die entsprechende Geschwindigkeit. Dann montieren wir den Polyflektor in die Tycho Brahe …«
    »Cha, Dange«, sagte Marchand höflich, aber er hör te dem Gerede über die Maschinen noch immer nicht zu. Solange es sie gab, würde er sie benutzen – sein geringes Verständnis für wissenschaftliche Probleme war kein Hindernis – aber Einzelheiten interessierten ihn nicht.
    Denn da gab es alle diese vergeudeten Leben.
    Jedes Jahr in den Kältekammern der Tycho Brahe bedeutete für den Körper, der dort lag, einen Monat. Die Funktionen waren verlangsamt, aber nicht stillgelegt. Das Herz schlug nicht, aber das Blut kreiste durch eine Pumpe; Röhrchen träufelten Zucker und Mineralien in das zähflüssige Blut; Katheder beseitigten Abfallstoffe. Und nach Groombridge 1618 war es ein Flug von neunzig Jahren.
    Das günstigste Ergebnis, das ein vierzigjähriger Mann bei der Ankunft erwarten konnte, war das Erwachen in einem Körper, dessen biologisches Alter fast fünfzig Jahre betrug – während auf der Erde seine Familie schon lange tot, seine Freunde zu Staub zerfallen waren.
    Es war die Sache wert. So hatten die Kolonisten geglaubt. Gedrängt von dem Wurm, der durch das Rückgrat des Entdeckers kriecht, getrieben von dem Jucken der Neugier; von dem Gedanken an die Gesundheit, die Kraft und die Freiheit, die eine neue Welt ihnen zu schenken vermochte, von dem Gedanken an den Rang, den sie in den Geschichtsbüchern einnehmen würden – nicht den Rang eines Washington oder eines Christus. Ihnen würde die Bedeutung eines Adam, die Bedeutung einer Eva zukommen.
    Es war die Sache wert, hatten Tausende gedacht, als sie sich freiwillig meldeten und losflogen. Aber wie würden sie nach der Landung darüber denken!
    Wenn sie landeten, ohne die Wahrheit zu wissen, falls ein Schiff wie Eiseles sie verfehlen und sie nicht informieren würde, mußten sie vor der ungeheuerlichsten Enttäuschung stehen, der ein Mensch ausgeliefert werden konnte. Bis zur endgültigen Ankunft hatte die

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