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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Roemling
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suchen.«
    Â»Woher weißt du das?«
    Â»Im Dunkeln trauen sie sich nicht hierher.« Plötzlich hob der Alte den Kopf und lauschte, dann stand er mit einer Behändigkeit auf, die gar nicht zu seiner zerbrechlichen Statur passen wollte. Mit drei Schritten war er beim Eingang und trat hinaus in die Dämmerung. Etwas flatterte heran, ein schnelles Flügelschlagen, dann Stille. Als der Alte wieder in den Feuerschein trat, traute Fastrada ihren Augen nicht. Auf seinem Arm saß ein Uhu.
    Der Alte lächelte. »Aus dem Nest gefallen«, sagte er, als erklärte das alles. »Am Tag ist er meistens bei mir, und in der Nacht geht er auf die Jagd. Nur heute war es umgekehrt.«
    Er machte einen Schritt auf Fastrada zu und hielt ihr den Uhu hin. Der Vogel blickte sie durchdringend mit seinen bernsteinfarbenen Augen an. Er saß leicht vornübergebeugtauf dem Arm des Mannes, der sich einen dicken Lederstreifen auf den Ärmel seines Kittels genäht hatte. »Du kannst ihn anfassen.«
    Fastrada streckte eine Hand aus und streichelte vorsichtig das Gefieder.
    Es fühlte sich überraschend hart an, wie mit Seide bespanntes Holz. Die Krallen des Uhus sahen riesig aus. Auch sie waren von Federn bedeckt.
    Â»Er hat Federn auf den Krallen, damit er lautlos fliegen kann«, sagte der Alte. »Er erreicht seine Beute, bevor sie ihn hört. Am liebsten geht er auf Igel.«
    Â»Igel?«
    Â»Ja. Der Igel hält sich für unverwundbar. Aber weil er den Uhu nicht kommen hört, wird er gepackt, bevor er die Stacheln aufstellen kann. Der Uhu dreht ihn um und hackt ihm den Bauch auf.« Der Alte lächelte geheimnisvoll, wobei die kleinen Fältchen wieder über sein ganzes Gesicht sprangen wie Risse über dünnes Eis, kurz bevor man einbrach. Er beugte sich zu Fastrada vor. Sein Gesicht und das des Uhus waren auf einer Höhe, sie sahen aus wie ein ungleiches Geschwisterpaar, das in Jahrzehnten des gemeinsamen Schweigens gelernt hat, sich wortlos zu verständigen.
    Der Blick des Uhus ging Fastrada durch Mark und Bein. Er schien jeden ihrer Gedanken zu lesen und an den Alten weiterzugeben.
    Â»Du willst zu den Römern.«
    Â»Ja. Hast du sie gesehen?«, fragte Fastrada leise.
    Â»Sie sind heute Nachmittag hier vorbeigezogen. Es hat über vier Stunden gedauert, bis der ganze Zug vorüber war.«
    Â»Dann sind sie nicht weit?«
    Â»Nein. Aber ich warne dich. Der Uhu hat die Krallen ausgefahren und ist im Anflug. «

31
    Das Erste, was Caius spürte, war das furchtbare Dröhnen in seinem Kopf. Es war, als würde ein Schmied seinen Hammer immer wieder und in schneller Folge gegen seine Schädeldecke krachen lassen. Seine Sinne kehrten nur langsam zurück. Er lag auf dem Rücken. Feuchte Kälte hatte sich durch die Kleidung bis auf die Haut vorgearbeitet. Arme und Beine fühlten sich taub an. Sein Kopf lag zur Seite gekippt im Schlamm.
    Nach und nach kam die Erinnerung. Bilder tauchten aus der nebligen Dunkelheit seines Bewusstseins auf und hüpften vor seinem inneren Auge im Rhythmus des Hämmerns in seinem Kopf, das nicht aufhören wollte. Gestalten, die plötzlich wie Geisterwesen zwischen den Bäumen aufgetaucht waren. Ohrenbetäubendes Geschrei. Durchgehende Maultiergespanne, umstürzende Wagen. Varus, wie er von seiner Leibwache abgeschirmt wurde. Das Sirren und Klacken von Pfeilen, die aus dem Nichts zu kommen schienen. Und dann hatte ihn irgendetwas am Kopf getroffen.
    Caius begann zu zittern. Mach die Augen auf, befahl er sich selbst. Das Dröhnen in seinem Kopf hielt unverdrossen an, und als das erste Licht durch die Lider drang, nahm es an Heftigkeit noch einmal zu.
    Sehr langsam tauchten die Konturen eines umgekippten Trosswagens aus dem milchigen Schleier auf. Die Plane war aufgerissen und allerlei Gerätschaften waren herausgefallen. Neben einem der Wagenräder lag ein toter Legionär, aus seinem Hals ragte der Schaft eines Pfeils.
    Du musst aufstehen, dachte Caius. Immerhin wich die Taubheit allmählich aus seinen Gliedmaßen, obwohl sie sich noch bleischwer anfühlten. Er wälzte sich auf die Seite und stemmte sich hoch, dabei wurde ihm so übel, dass er sich beinahe übergeben hätte. Sein ganzer Körper war mit Schlamm bedeckt, der eine harte, verkrustete Schicht bildete.
    Bis auf das Hämmern in seinem Kopf war es totenstill im Wald. Mit Mühe blickte Caius nach rechts. An einer merkwürdig

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