Signum - Die verratenen Adler
geschrumpft. Ich würde sagen, so breit wie dieser Waldweg und vielleicht noch vier Meilen lang. Der Rest ist wieder, was er immer gewesen ist: Barbarenland.«
»Was will Varus von mir?«
»Ich glaube, er möchte deine guten Beziehungen zu unseren Gegnern nutzen«, sagte Silanus und zwinkerte ihm verschwörerisch zu.
Obwohl es Caius dämmerte, worum es ging, stellte er sich ahnungslos. »Will er mit Arminius verhandeln?«
»Was hätte denn der Knochen mit dem Hund zu verhandeln?«, fragte Silanus bissig zurück. »Nein. Er will, dass du etwas beiseiteschaffst. Ich weià zwar nicht, was es ist. Aber es scheint ihm wichtiger zu sein als sein Leben. Du bist wohl der Einzige, dem er zutraut, damit über den Rhein zu kommen. Und jetzt los, bevor sie sich neu formiert haben. Dem nächsten Ansturm werden wir nicht mehr standhalten.«
Caius blickte zu Fastrada, die ihn auffordernd ansah. »Beeil dich«, sagte sie nur.
Caius stapfte über den vom Kampf aufgewühlten Waldboden, auf dem dicht an dicht Tote lagen. Die Reihen hatten sich aufgelöst. Soldaten standen in kleinen Gruppen herum und redeten aufgeregt durcheinander. Nach kurzer Zeit kam der Wagen des Statthalters in Sicht, der voneiner Wache aus etwa hundert Prätorianern abgeschirmt wurde. Sie lieÃen ihn anstandslos passieren.
Ein Sklave hielt ihm den Schlag des groÃen Reisewagens auf und Caius kletterte über eine dreistufige Leiter hinein. Drinnen war es ziemlich dunkel.
Varus saà allein auf einer gepolsterten Sitzbank, die die ganze Breite des Gefährts einnahm. Er forderte Caius auf ihm gegenüber Platz zu nehmen. SchlieÃlich holte er tief Luft. »Wir sind damals in Castra Lupiana unterbrochen worden«, fing er leise an zu sprechen. »Ich denke, es ist Zeit, dass wir die Unterhaltung zu Ende bringen.« Er überlegte kurz, während von drauÃen die aufgeregten Stimmen der Soldaten hereindrangen. »Du weiÃt, dass ich etwas bei mir habe, was dem Princeps gehört«, fuhr Varus fort. Ich hatte vor, es ihm persönlich zu übergeben, aber die Gelegenheit werde ich wohl nicht mehr bekommen. Ich gehe mit dem Schiff unter, das ich auf die Klippen gelenkt habe. Aber was ich bei mir trage, darf nicht in die falschen Hände geraten. Es muss nach Rom gebracht werden, und du bist wahrscheinlich der Einzige, der es dorthin schaffen kann. Du und dieses Mädchen. Wie heiÃt sie noch mal?«
»Fastrada«, sagte Caius tonlos.
»Fastrada«, wiederholte Varus. »Sie stammt aus diesem Land und weiÃ, wie man sich hier bewegt. Du bist kein Soldat und damit für die Germanen weitgehend uninteressant. Und dass ihr euch durchschlagen könnt, habt ihr beide bewiesen.«
»Was ist mit Rullianus?«, fragte Caius.
Varus lächelte mit zusammengepressten Lippen. »Vor einer halben Stunde kam einer unserer Soldaten aus der Vorhut zu mir, der bei den Gefechten von den Barbaren gefangen wurde. Sie haben ihn unter der Bedingung laufen gelassen, dass er mir das hier überbringt.« Varus griff nach einem dunklen Beutel aus grobem Leinen, der neben seinen FüÃen gelegen hatte. Mit angewidertem Gesicht öffnete er ihn.
Caius beugte sich vor und zuckte im selben Moment wieder zurück. Ãbelkeit stieg in ihm auf. Er holte tief Luft, bevor er einen zweiten Blick riskierte.
In dem Beutel lag der Kopf von Rullianus mit dem Gesicht nach oben, fahl wie eine Wachspuppe, aber unverkennbar.
Varus schloss den Sack. »Ist es nicht merkwürdig?«, fragte er. »Er köpft Leute, um hinter ein Geheimnis zu kommen, und kurz bevor er am Ziel ist, wird er selbst geköpft. Das nenne ich Gerechtigkeit. Alles fügt sich ineinander.«
Während Caius sich langsam von seinem Schrecken erholte, sprach der Statthalter weiter. »Ich sehe euch noch genau vor mir, dich und deinen Freund, wie ihr kaum stillsitzen konntet, weil ihr unbedingt wissen wolltet, um was es in diesem Brief ging. Der liegt jetzt wohl irgendwo da drauÃen in einer Pfütze, nachdem die Barbaren das Gepäck von Rullianus durchwühlt und alles weggeworfen haben, was sie nicht gebrauchen konnten.«
»Ja«, sagte Caius und dachte an Lucius. »Wir haben an nichts anderes gedacht.«
»Dann ist es jetzt Zeit, dass du es erfährst«, sagte Varus, erhob sich von der Bank und klappte die Sitzfläche hoch. Mit beiden Händen griff er nach einem armlangen Kasten aus
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