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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Roemling
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poliertem Zedernholz und legte ihn Caius auf die Knie. »Fünfzehn Jahre sind genug. Pass auf, er ist schwer.«
    Vorsichtig hob Caius den Deckel an. Was er sah, verschlug ihm den Atem.

37
    In dem Kasten lagen nebeneinander, sorgfältig auf ein dunkles Tuch gebettet, drei goldene Legionsadler, die Schwingen entfaltet und hinter dem Rücken steil emporgestreckt wie im Augenblick des Niederstoßens auf eine Beute, die Körper in einem gespannten Bogen nach vorn geneigt, die Schwanzfedern aufgefächert. Drei Schnäbel hackten aus wütenden Gesichtern ins Leere. Zwischen den kräftigen, sorgfältig herausgearbeiteten Klauen hielten sie die Blitze Jupiters.
    Trotz des schwachen Lichts glänzten die Adler kostbar und bedrohlich zugleich. Caius hatte noch nie einen Legionsadler aus der Nähe gesehen. Woher stammten diese? Zu welchen Legionen gehörten sie? Warum waren sie so wichtig?
    Der letzte Satz aus dem Brief des Statthalters fiel ihm wieder ein:
Bis dahin seien die Götter mit unseren Adlern
. Varus hatte nicht seine eigenen Legionsadler gemeint, sondern diese hier!
    Caius blickte auf und sah Varus fragend an.
    Der Statthalter lächelte. »Womit wir wieder an dem Punkt wären, an dem wir damals unterbrochen wurden«, sagte er.
    Caius dämmerte langsam, worauf Varus hinauswollte. Er erinnerte sich noch gut an den Inhalt des Gesprächs in Castra Lupiana, das er mit Lucius wieder und wieder durchgekaut hatte. Herodes. Die Parther und ihre Querelen. Tiridates, der Phraates den Thron streitig machen wollte und drei Gesandte mit einem Mitbringsel zum Statthalter von Syrien geschickt hatte, der zur Zeit ihrer Ankunft gerade bei Herodes in Jerusalem zu Gast gewesen war. Das war es! Die Adler waren das Geschenk der drei Parther gewesen! Und anstatt sie beim Princeps abzuliefern, hatte Varus sie bis jetzt unter Verschluss gehalten!
    Â»Das Geschenk der Parther«, sagte er leise und blickte Varus an.
    Der Statthalter nickte. »Es war ein Bündnisangebot. Unsere militärische Unterstützung gegen die Adler von Carrhae.«
    Caius fuhr hoch. Der Satz traf ihn wie ein Blitzschlag. »Die Adler von Carrhae? Aber die Adler von Carrhae …«
    Â»Ich weiß. Wurden schon vor dreißig Jahren im Rahmen einer bombastischen Feier nach Rom gebracht und ruhen seither im Tempel des Mars.« Varus hatte leiernd gesprochen, als spulte er einen auswendig gelernten Spruch ab. Dann wurde sein Ton spöttisch, fast schadenfroh. »Von wegen. Die Parther haben uns damals Attrappen ausgehändigt, zugegeben, hervorragend gearbeitete. Die echtenAdler haben sie behalten, um uns bei einer anderen Gelegenheit damit zu erpressen. Später muss Tiridates sie irgendwie an sich gebracht haben.«
    Â»Warum hat der Princeps erst jetzt erfahren, dass die Adler nicht echt sind?«, fragte Caius.
    Varus lachte. »Ich glaube, er hat es die ganze Zeit gewusst. Es gab schon früh gewisse Gerüchte, aber die wurden einfach übertönt. Die Rückführung der Adler nach Rom war eine der grandiosesten Veranstaltungen, die das Imperium bis dahin gesehen hatte. Wen kümmert es, ob das Volk drei echten oder drei falschen Adlern zujubelt? Den Unterschied sieht ohnehin keiner. Hauptsache, es wird applaudiert. Alles nur schöner Schein. Ich weiß nicht, warum der Princeps ausgerechnet jetzt erfahren hat, dass ich die Adler habe. Vielleicht haben die Parther irgendetwas durchsickern lassen, weil sie sich Vorteile davon versprechen. Aber eins ist klar: Wenn die Adler in die falschen Hände geraten, kann daraus ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen. Der Princeps ist alt. Seine Nachfolge hat er zwar geregelt, aber unter der Oberfläche köchelt es. Viele sind mit Tiberius nicht einverstanden. Sie wollen zur Republik zurück. Wenn der Princeps stirbt, und das kann jederzeit passieren, dann muss er ein intaktes Staatsgebäude hinterlassen, in das Tiberius ohne Widerstand einziehen kann. Andernfalls gibt es einen neuen Bürgerkrieg. Wenn plötzlich jemand mit den Adlern von Carrhae auftaucht, dann ist alles in Gefahr, was Augustus in vierzig Jahren aufgebaut hat.«Varus blickte zu dem Beutel auf dem Boden. »Immerhin ist der da jetzt ausgeschaltet«, sagte er. »Aber wenn die Adler nicht sofort in Sicherheit gebracht werden, fallen sie Arminius in die Hände. Dieser Cherusker ist nicht dumm. Er wird früher oder später dahinterkommen, was er da

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