Signum - Die verratenen Adler
war.
»Donnerwetter«, sagte Lucius, nachdem er die Geschichte angehört hatte. »Wir haben ja ein ganz besonderes Talent, uns beliebt zu machen. Ich hoffe nur, dass die Marser nicht aus purer Lust auf Rache auf die Idee kommen, meine Bleitransporte zu überfallen.«
»Was sollen sie denn mit Blei? Sich ein paar Legionsadler gieÃen?«, fragte Caius spöttisch, der noch immer nicht glauben konnte, was sein Freund ihm bei der Führung durch die Mine erzählt hatte.
Lucius ging nicht auf die Anspielung ein. »Ich fürchte, sie würden die Barren wohl einfach in den Fluss werfen. Wäre schade drum.«
»Wäre doch schön für dich, wenn ein paar davon nicht eingeschmolzen werden und Leute in zweitausend Jahren Bleibarren mit deinem Namen drauf fänden. Es würde dich unsterblich machen.«
»Schöne Unsterblichkeit«, gab Lucius missgestimmt zurück. »Ich lege mehr Wert auf Ruhm in dieser Welt.«
»Dann solltest du anfangen deine Sachen zu packen. Wir brechen morgen früh ins Sommerlager der Legionen auf.«
Lucius lachte schon wieder. »Ist bereits alles erledigt.«
Sie plauderten noch eine Weile über den Betrieb, danach gingen sie zum Essen und verbrachten den Rest des Nachmittags mit Vorbereitungen für den Aufbruch. Lucius hatte beschlossen seinen Sekretär Leandros bis auf Weiteres als Verwalter der Mine einzusetzen. In zwei Monaten wollte er noch einmal nach dem Rechten sehen.
Am nächsten Morgen machte sich die Reisegesellschaft auf den Weg, der erneut zuerst durch bergiges Gelände, an einem kleinen Fluss entlang und schlieÃlich über sanftes Hügelland führte. Wieder übernachteten sie in den Gehöften der germanischen Verbündeten, während die Soldaten ihr Lager auf Wiesen und Waldlichtungen aufschlugen.
Am vierten Tag zeichnete sich am Horizont das Sommerlager als gewaltiger Komplex ab. Caius schätzte, dass es mindestens doppelt so groà war wie Castra Lupiana, denn alle drei Legionen waren innerhalb der Palisade untergebracht, wenn auch nicht in Baracken, sondern in Zelten.Caius und Lucius mussten sich ebenfalls mit einem Zelt zufriedengeben, das allerdings ziemlich geräumig und komfortabel eingerichtet war. Der gesamte Tross kampierte vor dem Lager. Sonst glich der Betrieb dem in Castra Lupiana. Als Kommandantur erhob sich im Zentrum der Anlage ein schmuckloses Fachwerkgebäude mit Anbauten aus Lehm. Es war das einzige fest errichtete Haus in der ganzen Umgebung.
Sie waren nun mitten im Land der Cherusker, die das Lager täglich mit endlosen Wagenkolonnen beschickten, von denen Lebensmittel abgeladen und verkauft wurden. Weiterer Nachschub wurde von Transportkähnen über die Visurgis angeliefert, die sich wenige hundert Meter von der Umwallung entfernt träge dahinschleppte. Insgesamt gab es um die fünfundzwanzigtausend Mäuler zu stopfen.
Für lange Wochen geschah nichts Aufregendes. Beinahe täglich wurden Stammesführer bei Varus vorstellig, um mit ihm die politische und militärische Lage zu erörtern. Ab und zu durften Caius und Lucius bei den Besprechungen dabei sein, ansonsten wurden sie vor allem von Silanus mit Neuigkeiten aus der Kommandantur versorgt, eingebettet in lange und immer gleiche Tiraden über die primitiven Zustände im Lager und die noch primitiveren Barbaren, mit denen man sich abgeben musste, weil man ja mit ihnen verbündet war.
Von Silanus erfuhren sie auch, dass man nun doch nicht weiter nach Osten ziehen werde, weil die angeblichmit Marbod verbündeten Stämme beim Herannahen der Legionen offenbar vom Erdboden verschluckt worden waren. Das jedenfalls hatten die Kundschafter gemeldet, zumeist kleine berittene Gruppen der Hilfstruppen, die jeden Tag ausschwärmten und abends Bericht erstatteten. Einmal überquerte eine komplette Legion, die XVIII., unter dem Kommando von Caius Numonius Vala die Visurgis, kehrte aber nach zehn Tagen mehr oder weniger unverrichteter Dinge zurück.
Varus schien mit dem Ergebnis seiner Verhandlungen zufrieden. Die Abordnungen seiner Bündnispartner lieferten Tribute ab, brachten darüber hinaus Geschenke und versprachen beim Aufbau römischer Siedlungen und bei der ErschlieÃung der Rohstoffe des Landes mit allen Kräften behilflich zu sein. Trupps von Landvermessern schwärmten aus, teilten Ãcker und Wälder ein, zählten die Bevölkerung und das Vieh. Wenn er für ein
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