Signum - Die verratenen Adler
anderen fertig, und wir ziehen ab. Ihr lasst uns gehen. Aber macht es uns nicht zu leicht.«
»Und du kommst als Retter der XIX. Legion nach Rom.«
»Du sagst es.«
»Und im nächsten Jahr seid ihr wieder da.«
»Natürlich. Aber zurückkehren werden wir so oder so.«
»Der Krieg geht weiter.«
»Als wäre nichts gewesen«, sagte der Römer befriedigt, beugte sich vertraulich zu Irmin herunter und zog eine Augenbraue hoch. »Aber das ist es doch, was wir wollen. Oder nicht? Dir macht der Krieg SpaÃ. Mir macht der Krieg SpaÃ. Neuer Feldzug, neues Glück. Und zwischendurch lassen wir uns beide ein bisschen feiern.«
Ein kaum sichtbares Lächeln spielte um Irmins Lippen. SchlieÃlich fragte er: »Und wer garantiert dir, dass wir uns an die Abmachung halten?«
Der Römer tat überrascht, als hätte er ein wichtiges Detail übersehen. »Gute Frage.« Er lächelte boshaft. »Dein Ehrenwort allein erscheint mir unter den gegebenen Umständen etwas wenig.« Das Lächeln verschwand, und er richtete sich wieder auf. »Unser Lager ist zwölf Meilen nördlich von hier. Bevor wir aufbrechen, bringt ihr mir zwölf Geiseln. Aus euren Familien. Vielleicht nicht unbedingt die GroÃmütter.«
»Das ist ziemlich kurzfristig«, entgegnete Irmin.
»Wie du es anstellst, ist mir gleich. Wenn wir über den Rhein sind, schicke ich sie dir zurück.«
»Ich werde drüber nachdenken.«
»Wirst du nicht. Das war kein Angebot, sondern meine erste Bedingung. Und jetzt kommt die zweite.«
»Du willst, dass wir Frauen und Kinder laufen lassen«, sagte Irmin spöttisch.
Der Römer lachte schallend. »Damit ich sie mitschleppen muss? Nein danke.«
»Sondern?«
»Varus hat etwas bei sich, das ich brauche. Für euch ist es wertlos. Bevor wir abmarschieren, bekommt ihr noch mal Besuch von mir. Bis dahin wird das Gepäck des Statthalters nicht angerührt. Ich nehme mir, was ich haben will, und dann heiÃt es Abschied nehmen in aller Freundschaft.«
Stimmengewirr brandete auf. Empörung überall. Fäuste hieben auf die Tische. Einige schienen Lust zu haben, den Römer auf der Stelle zu erschlagen.
Nachdem er eine Zeit lang unbeeindruckt in die Runde geblickt hatte, hob er die Hand. »Ich erwarte die Geiseln morgen früh im Lager. Und jetzt will ich hier nicht länger stören.« Damit wandte er sich zum Gehen.
»Du nimmst ein ziemliches Risiko auf dich, Rullianus!«, rief Irmin ihm hinterher.
Der Römer drehte sich in der Tür noch einmal um. »Du auch«, sagte er. Dann verschwand er in der Dunkelheit.
Augenblicklich brach eine laute Diskussion los.
Irmin musste mehrmals gegen das Gewühl aus aufgebrachten Stimmen anschreien, damit endlich wieder Ruhe einkehrte. Er war aufgestanden und in die Mitte desRaumes getreten, ohne den reglos daliegenden Mann zu beachten. »Wir müssen sofort handeln«, sagte er. »Die Geiseln werden ausgelost. Ein paar von uns reiten noch heute Nacht mit ihnen los.«
»Du willst also auf seine Bedingungen eingehen?«, rief einer.
»Was denn sonst? Wir haben keine Wahl.«
»Dann müssen wir unsere Pläne umschmeiÃen«, warf ein anderer ein. »Das geht nicht einfach so. Die Treffpunkte sind schon vereinbart.«
Irmin sah ihn kalt an. »Nichts müssen wir ändern. Alles läuft wie besprochen.«
»HeiÃt das, du willst die Geiseln opfern?«, fragte ein ziemlich junger Mann, den Fastrada nicht kannte.
»Natürlich nicht. Wir holen sie uns wieder.«
»Und wenn das schiefgeht?«
»Das wird es nicht.«
»Du hast leicht reden«, ertönte die Stimme eines der Stammesältesten. »Du hast keine Kinder!«
»Aber ein paar hübsche Cousinen!«, warf ein anderer ein.
Inguiomer sprang auf. »Hört auf zu streiten!«, rief er. »Die Geiseln werden ausgelost.«
Fastrada konnte nicht glauben, mit welcher Selbstverständlichkeit die Männer sich daranmachten, um die möglichen Geiseln zu schachern. Jeder versuchte seine eigene Familie herauszuhalten, das Verfahren aber stellte niemand infrage. Als ihr Name und kurz darauf der einer ihrerSchwestern fiel, rieselte ein eiskalter Schauer über Fastradas Rücken. Dann begannen die Männer Zweige zu suchen und zurechtzubrechen, bis zwölf kurze dabei waren. Irmin bündelte die Zweige, nahm sie in die
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