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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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dreißig Sekunden knacken können. Stattdessen gab er einen Schuss auf den Zylinder des Schlosses ab und trat dann kräftig mit dem Fuß dagegen. Das Holz um den Riegel herum zersplitterte unter der Wucht des Trittes, die Tür flog nach innen auf und prallte gegen die Wand.
    Er spürte, wie ihm die Zeit zwischen den Fingern zerrann.
    Konstantin betrat mit vorgehaltener Waffe die Wohnung.
    Die Luft hatte diesen muffigen, unbelebten Geruch, der nur in Räumlichkeiten entsteht, die schon seit Monaten oder vielleicht sogar schon seit Jahren leer stehen. Man hatte den Teppichboden herausgerissen; zurückgeblieben waren nur nackte Dielenbretter und ein paar Stapel alter Zeitungsseiten, mit denen man den Boden offenbar für den Teppich begradigt hatte. Das Papier war vom Alter stark vergilbt und zerfiel unter seinen Füßen, als er darüber lief.
    Er sah sich nach links und nach rechts um, er überprüfte jeden Raum, während er weiterging.
    Die Küche und das Badezimmer waren leer. Er zog den Duschvorhang zurück. Dahinter war nichts. Der Schütze war ihm nicht auf der Treppe begegnet, und er hatte den Aufzug nicht holen können, also musste er im nächsten Raum sein. Konstantin betrat das Wohnzimmer, den Raum, von dem aus man die Ecke des Florinsplatzes einsehen konnte.
    Es dauerte einen kurzen Moment, bis er begriff, was er dort sah.
    Ein Präzisionsgewehr stand auf einem Dreibein am Fenster, ein Handy lag auf dem Fensterbrett, und ein kleiner Roboterhund aus Plastik begann genau in dem Moment monoton zu kläffen, als er ihn entdeckte. Das plötzliche Geräusch ließ ihn zusammenschrecken. Instinktiv ging er einen Schritt rückwärts an die nächste Wand, um die Winkel einzugrenzen, aus denen er angegriffen werden konnte. Die Bewegungen des Hundes auf dem Fensterbrett brachten den Vorhang in Bewegung. Er bellte noch zweimal und verfiel dann wieder in Starre. Außer diesen Gegenständen befand sich nichts in dem Raum.
    Mit hämmerndem Herzen warf Konstantin einen Blick in die beiden Schlafzimmer.
    Sie waren leer. Es gab keine Möbel dort, keine Schränke, in denen der Scharfschütze sich hätte verstecken können.
    Die Wohnung war leer, aber es sah nicht so aus, als ob sie übereilt verlassen worden wäre – es sei denn, der Schütze verfügte über eine unglaubliche Disziplin. Es gab nirgends Müll, keine Getränkedosen, keinen Schlafsack – nichts, was darauf hingewiesen hätte, dass jemand hier gewesen war, seit man das Gewehr auf das Dreibein montiert hatte.
    Er beugte sich herab und sah sich durch das Zielfernrohr hindurch das Schussfeld an. Die Waffe war nicht auf die Bühne oder den Aufgang gerichtet. Tatsächlich schien sie auf einen der fünf Bäume auf dem Platz zu zielen, der ein gutes Stück von der Bühne entfernt stand. Es kam ihm merkwürdig vor, so viel Aufwand für die Vorbereitung des Schusses zu betreiben und dann die Waffe nicht präzise auszurichten; aber es war auch möglich, dass der Schütze dagegen gestoßen war, als er den Raum verlassen hatte. Vielleicht war es auch ein persönlicher Aberglaube, nach dem er das Ziel nicht anvisieren wollte, solange es dort nichts zu erschießen gab. Er sah sich den Baum genauer an und bemerkte, dass mehr als ein Dutzend Vogelfutterhäuschen an seinen Ästen befestigt waren. Der Baum verbarg einen ganzen Schwarm von hungrigen Vögeln.
    Das war interessant.
    Auf dem Platz hatte sich schon eine beachtliche Menschenmenge versammelt. Wieder sah Konstantin auf seine Armbanduhr, langsam kam er sich vor wie ein Zwangsneurotiker. Es war noch weniger Zeit als vorhin übrig, und er hatte den Assassinen nicht gefunden. Diese beiden Fakten wären einzeln schon schlimm genug gewesen; die Summe aus beiden machte aus seiner Situation einen wahren Albtraum.
    Er ließ seinen Blick über das Scharfschützengewehr gleiten.
    Und in diesem Moment wurde ihm endgültig klar, dass die ganze Sache ein abgekartetes Spiel war. Eine kleine Zeitschaltuhr war an der Seite des Schaftes befestigt, die mit dem Abzug des Gewehrs verbunden war. Die Zeit war auf siebenundzwanzig Minuten eingestellt und lief rückwärts. In siebenundzwanzig Minuten würde der Papst nicht nur auf dem Platz, sondern schon längst auf der Bühne sein. Konstantin blickte nochmals auf seine Armbanduhr, um sicher zu gehen. Die Segnung sollte in einundzwanzig Minuten beginnen. Diese Waffe war nie für den Papstmord gedacht gewesen. Deveres Anruf auf dem Handy hier hatte den Countdown gestartet und die Maschinerie in

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