Silber
nicht wahr?“ Devere schüttelte langsam den Kopf, als ob er nicht ganz fassen könnte, was er eben gehört hatte.
„Konstantin Khavin.“
„Konstantin Khavin“, wiederholte Devere langsam.
„Ja. Zuerst werde ich ihren Attentäter aufhalten, dann komme ich zurück und kümmere mich um Sie. Das ist ein Versprechen. Wenn Sie den ersten Schuss hören, sollten Sie anfangen zu laufen, Mister Devere, denn die zweite Kugel wird nicht lange auf sich warten lassen; und darauf wird Ihr Name stehen, wie die Bösewichte in den schlechten Filmen immer sagen. Ich denke, dass es nicht allzu schwer sein kann, jemanden zu töten, der noch mit Plastikrobotern spielt – ganz egal, wie viel Geld er hat. Was denken Sie?“
„Ich denke, Sie sollten jetzt besser gehen“, sagte Miles Devere. Das Lächeln war von seinen Lippen verschwunden.
Das Treffen war übereilt gewesen, unbedacht, leichtsinnig, und noch etliche andere Worte mehr, die so viel wie „eine ziemlich blöde Idee“ hießen – und dennoch konnte Konstantin sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er wieder auf den Jesuitenplatz hinaustrat. Es hatte Spaß gemacht, Devere zu ärgern, aber es hatte sich auch noch mehr daraus ergeben. Er rief Lethe an.
„Fünftes Ding“, sagte er.
„Wie der Hutmacher, fünf unmögliche Dinge vor dem Frühstück. Das bin ich, Jude Lethe. Verrückt wie ein Hutmacher.“
„Überprüfe alles, was in den letzten drei Minuten durch die Leitungen von Deveres Büro gegangen ist.“
„Darf ich fragen, weshalb?“
„Ich habe Devere gerade gesagt, dass ich ihn töten werde“, sagte Konstantin. Eine Frau neben ihm drehte sich um und warf ihm einen unsäglichen Blick zu, eine Mischung aus Entsetzen und peinlicher Berührtheit. Sie wusste offensichtlich nicht, ob sie das Gehörte ernst nehmen sollte oder nicht – immerhin drohten die Leute sich ständig gegenseitig den Tod an, ohne es wirklich ernst zu meinen – und es war ihr sichtlich peinlich, beim Lauschen erwischt worden zu sein. Konstantin zuckte mit den Achseln, die Frau eilte davon.
„Ein schöner Einfall“, sagte Lethe. „Es gibt doch nichts Netteres, als ein bisschen Wind zu machen.“
„Er wird jemanden anrufen. Vielleicht hat er es auch schon getan, je nachdem, wie wütend er auf mich ist“, sagte Konstantin. „Finde heraus, bei wem er anruft.“
„Sie wissen, dass ich das tun werde.“
Konstantin unterbrach die Verbindung.
Was in den nächsten Stunden geschehen würde hing stark davon ab, mit wem Miles Devere jetzt Kontakt aufnahm. Wenn er den Scharfschützen anrief, würde das eine bestimmte Kette von Ereignissen auslösen; wenn er Mabus verständigte, würden die Ereignisse einen ganz anderen Lauf nehmen. Und wenn er jemand anderen anrief, bedeutete das, dass Konstantin keine Ahnung hatte, mit wem er es hier zu tun hatte, und dass er schleunigst ein drittes Szenario improvisieren musste.
Es versammelten sich immer mehr Menschen auf den Straßen, um dem päpstlichen Besuch beizuwohnen, die Zuschauerflächen entlang der Prozessionsstrecke füllten sich allmählich. Wenn Konstantin die Länge der Route und das langsame Tempo des Papamobils richtig einschätzte, blieb ihm noch etwa eine halbe Stunde, bis es hier ankam. Er blickte sich um. Bei einem Großteil der hier anwesenden Schäfchen zweifelte er stark daran, dass sie auch nur einen Funken Religiosität im Körper hatten.
Es war zu merken, dass er eine Viertelstunde nicht auf der Straße gewesen war. Er sah auf seine Armbanduhr. Die Parade müsste vor wenigen Minuten gestartet sein; in etwas mehr als einer halben Stunde würde die Segnung des Platzes beginnen.
Konstantin schloss die Augen und versuchte konzentriert, sich an die Stadtkarten zu erinnern, dann schlug er die Richtung ein, in der sich seiner Meinung nach der Florinsmarkt befand. Nach fünf Minuten vibrierte das Handy in seiner Tasche. Er nahm den Anruf an. „Bei wem hat er angerufen?“
„Ich liebe Sie, Koni, auf eine ganz männliche Art natürlich. Ich weiß nicht, ob ich das schon mal erwähnt habe, aber ich wollte sicher sein, dass Sie es wissen.“
„Ja, ja. Wen hat er angerufen?“
„Nicht einer, nicht zwei, sondern – Sie werden es nicht glauben – drei Anrufe in ebensovielen Minuten. Der erste ging ans Mutterschiff in Canary Wharf, wo das Hauptgebäude der Devere Holding liegt. Das hat mich ehrlich gesagt fast ein bisschen enttäuscht. Der zweite Anruf war schon interessanter, der ging an ein unregistriertes Prepaid-Handy, das
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