Silberband 001 - Die Dritte Macht
aus den Tiefen der Milchstraße, schien sich einer Krisis zu
nähern.
Dr. Haggard war zu Beginn des Trommelfeuers aus seinem bleischweren Schlaf aufgeschreckt. Bis
dahin hatte Dr. Manoli den Zustand des Kranken überwacht.
Crests Kreislauf schien auch die zweite Injektion überstanden zu haben. Es stand fest, daß die
Symptome der Leukämie völlig verschwunden waren. Das Blutbild war einwandfrei, nur lag der Fremde
in tiefer Bewußtlosigkeit.
Rhodan trat mit behutsamen Schritten vom Reaktor zurück. Es war, als befürchte er ein
Zerplatzen des nichtirdischen Geräts, dessen Leistungsabgabe ein Rätsel war. Reginald Bull saß
vor den Bildschirmen der Ortungsgeräte. Man hatte sie aus der STARDUST ausgebaut und dafür
gesorgt, daß sie möglichst stoßgesichert standen. Es handelte sich um die hochwertigsten
Spezialgeräte der Erde, dafür erschaffen, härteste Beschleunigungen und Stöße zu ertragen. Sie
hatten die Notlandung des Mondschiffs ausgehalten, und sie schienen auch den Beschuß ohne
Beschädigungen zu überstehen.
Auf dem Bildschirm des Radar-Objekttasters konnten bei stärkster Vergrößerungsschaltung die
Positionen des Gegners eingesehen werden. Die Infrarotortung brachte hervorragende Reliefbilder
von den Geschützstellungen jenseits des Flusses. Die Warnautomatik arbeitete einwandfrei, nur gab
man dem angeschlossenen Robotgehirn keine Chance, den Standort eines auftauchenden Gegners zu
berechnen. Die Zehn-Kilometer-Zone rings um den Energieschirm war menschenleer. Dort rührte sich
nichts, was man mit den Ortungsgeräten hätte erfassen können.
Perry Rhodan trat zögernd näher. Wieder einmal saugten sich seine Blicke an den leuchtenden
Mattscheiben fest. Bullys Ohrenschützer verdeckten nahezu sein breites Gesicht. Nur die
wasserhellen Augen lugten dicht unter dem Rand des dicken Wulstes hervor. An seinem Hals saß das
Kehlkopfmikrophon, das zum einzigen Verständigungsmittel geworden war.
Rhodan stellte den Kontakt her. Sofort vernahm er Bulls hastige Atemzüge.
»Noch einige Stunden, und der Reaktor geht uns durch«, sagte er tonlos. »Hast du das
begriffen?«
Bully wandte den Kopf.
»Und …«
Rhodans Lippen formten sich zu einem dünnen Strich. Sein Blick zur Uhr war bezeichnend.
»Ein vernünftiger Mensch sollte von den Erzeugnissen einer weit überlegenen Technologie keine
Wunder erwarten. Jede Mechanik kann zu Bruch gehen, und genau das steht uns bevor. Da ist aber
noch etwas!«
Bull tastete die westliche Hälfte des Einschließungsrings ab. Die Infrarotortung zeigte sogar
die glimmenden Zigarettenenden der asiatischen Soldaten. Die erfaßte Wärmestrahlung bildete auf
dem Reliefschirm einen weiten Ring aus unregelmäßig aufleuchtenden Punkten.
Bully deutete Rhodans Worte richtig. Sein ohnehin blasses Gesicht verfärbte sich noch mehr. Er
sah Rhodan fragend an.
»Da ist noch etwas«, wiederholte der Kommandant gedankenverloren. »Sie werden noch stundenlang
feuern. Sie hoffen auf einen Zusammenbruch der Energieglocke; aber sie sind sich gewiß, daß
unsere Nerven nicht mehr lange durchhalten werden. Der einzige Mann, der den fremdartigen Meiler
neu einregulieren könnte, wäre Crest. Er liegt in tiefer Ohnmacht, die nach den Aussagen der
Ärzte nicht gefährlich ist, für uns aber dennoch den Untergang bedeutet. Wenn der Reaktor den
Geist aufgibt, so haben wir auf alle Fälle verloren. Wir stehen sozusagen dicht vor der
Kapitulation, ist dir das klar?«
Bully blickte starr auf den Bildschirm. Eine neue Bodenerschütterung brachte die aufgehängten
Lampen zum Schwingen. Die Schatten an den Zeltwänden verzerrten sich zu grotesken Gebilden.
Drüben im abgeteilten Behandlungsraum fuhren die beiden Mediziner auf.
Bully sah kurz hinüber. Crests Schatten war deutlich auf dem dünnen Kunststoff zu sehen. Er
lag noch immer reglos auf seinem Lager. Einige der medizinischen Robotgeräte waren unbrauchbar
geworden, sie hatten diesen Erschütterungen nicht standgehalten. Damit mußten die laufenden
Untersuchungen von Kreislauf und Herztätigkeit von den Ärzten persönlich vorgenommen werden.
»Vollkommen klar«, ging Bully auf Rhodans Frage ein. »Crest müßte aufwachen. Ich sehe keine
andere Möglichkeit mehr. Oder …« er lächelte verzerrt, »oder rufe Thora an. Deine letzte
Mahnung an ihre Vernunft ist wirkungslos verlaufen. Vielleicht begreift sie jetzt, daß es ernst
wird.«
»Ich hatte den gleichen Gedanken«, entgegnete Rhodan. Seine
Weitere Kostenlose Bücher