Silberband 005 - Vorstoss nach Arkon
vielleicht – einmal geschehen wird. Es kann nur ein großer Überblick sein, mehr nicht. Aber
er wird diesen Unglücklichen das Gefühl vermitteln, nicht umsonst in der kosmischen Einöde gelebt
zu haben.
»Sind Sie bereit?« fragte Nex und unterbrach Rhodans Gedanken.
»Ja – natürlich. Was habe ich zu tun?«
»Denken Sie an Ihre eigene Geschichte und berichten Sie, was bis heute geschah.«
Rhodan nickte und sah, wie die Lichter in dem Saal erloschen. Die halbrunde Projektionswand
begann zu fluoreszieren. Rhodan erkannte auf der plötzlich schwarz werdenden Fläche einen sich
plastisch hervorhebenden Planeten – die Erde.
Sie wurde von einem gigantischen Schiff umkreist, das sich wenig später auf flammenden
Feuerstrahlen zur Oberfläche herabsenkte und landete. Menschen stiegen aus und ergriffen Besitz
von der neuen und noch unbewohnten Welt. Erste Siedlungen entstanden.
Rhodan glaubte zu träumen. Der Unsterbliche gaukelte ihm und den Barkoniden Dinge vor, die
niemals Wirklichkeit gewesen sein konnten. Die Terraner, Abkömmlinge der Barkoniden?
Wieder die Erde aus Weitsicht. Die Polkappen verschoben sich und wanderten bis zu den
gemäßigten Zonen vor. Dann zogen die mächtigen Gletscher sich wieder zurück. Die Oberfläche des
Planeten veränderte sich. Riesige Städte entstanden, Städte, wie es sie auf der Erde nicht gab.
Gewaltige Kuppeldome machten den Mond bewohnbar. Raumschiffe eilten von Planet zu Planet und
brachten Siedler zum Mars und zur Venus. Aus den Tiefen des interstellaren Raumes kamen die
Frachter anderer Völker und landeten auf der Erde, um ihre Waren zum Tausch anzubieten.
Da wußte Rhodan, daß der Unsterbliche den Barkoniden die Geschichte einer möglichen Zukunft
erzählte, die diese aber für die Vergangenheit halten mußten. Er berichtete nichts von
fürchterlichen Kriegen, er schwieg vom Reich der Arkoniden, das kurz vor dem endgültigen Verfall
stand, er zeigte ihnen nichts von den Konflikten, die einstmals eng verwandte Völker zu
Todfeinden machten.
Der Unsterbliche belog die Barkoniden, um ihnen ihre grauenhafte Einsamkeit nicht noch
unerträglicher zu machen.
Als mit einem Gesamtüberblick sehr deutlich veranschaulicht wurde, daß die gesamten humanoiden
Intelligenzen der Milchstraße zu einer großen Gemeinschaft zusammengeschweißt waren, erlosch das
Gedankenbild plötzlich. Langsam und zögernd nur kehrte die Beleuchtung in den Saal zurück.
Rhodan sah sich vorsichtig um. Er blickte in die still vor sich hin lächelnden Gesichter
zufriedener Barkoniden, die ihr grausames Los vergessen zu haben schienen. Sie waren es gewesen,
die eine solche Entwicklung ermöglicht hatten. Ihr Leben war nicht umsonst gewesen. Jemand hatte
ihr Werk fortgeführt und beendet.
Nex stand auf und kam zu Rhodan, um ihm die Haube abzunehmen.
Seine Stimme schwankte, als er sagte: »Wir danken Ihnen, Rhodan, für den Bericht. Nun wird es
uns leichter fallen, die lange, dunkle Reise anzutreten.«
Rhodan stand ebenfalls auf. Er sah in die Gesichter der Versammelten.
»Lange, dunkle Reise? Ich verstehe nicht …«
»Morgen werden wir Ihnen unser Geheimnis enthüllen«, sagte Nex und lächelte wissend. »Wenn Sie
die Theorie anerkennen, werden wir Ihnen zeigen, wie weit wir in der Praxis sind.«
Zwanglos unterhielt man sich noch eine Weile, aber niemand sprach mehr von der dunklen Reise.
Zwei Stunden später war Rhodan wieder in seinem Zimmer.
Als er wohlig ausgestreckt im Bett lag und draußen vor den Fenstern die lichtlose und finstere
Nacht ihre Schatten auf die Welt legte, sagte er leise: »Du hast sie belogen, alter Freund. Du
hast ihnen die Illusion geboten, die ihnen die Kraft gibt, ihr irrsinniges Unternehmen in die Tat
umzusetzen.«
»Ja«, gab der Unsterbliche ebenso leise zurück. »Das habe ich getan.«
Rhodan gab keine Antwort. So auffassungsfähig sein hypnogeschultes Gehirn auch war, es besaß
seine Grenzen.
Und er wußte, daß er sie bereits überschritten hatte.
Tagelang war Rhodan über das Vorhaben der Barkoniden unterrichtet worden. Nex
selbst hatte ihm die technischen Einzelheiten erklärt und immer wieder versichert, daß man
bereits seit vielen Generationen mit diesem Plan vertraut sei und die besten Köpfe einer geeinten
Welt ihr möglichstes getan hätten, jede Fehlerquelle auszuschalten.
Das Innere von Barkon II war ausgehöhlt worden. Die gesamte Bevölkerung des Planeten fand
darin Platz, zu leben und sich
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