Silberband 007 - Atlan
eingegossenen Magnetdrähte enthielten eine
verschlüsselte Impulsspeicherung über meine Person und die von mir abgelegten Prüfungen. Es war
alles in bester Ordnung.
Ich hatte die Nummer 211 erhalten. Das Raumschiff, das mich mit den anderen Pionieren zur
Venus bringen sollte, hieß GLORIA. Meine Unterkunft lag in einem langgestreckten Bau, der von den
Männern der Auswanderungsbehörde in bissigem Humor ›Duftbude‹ genannt wurde. Der scharfe Geruch
verschwenderisch angewendeter Desinfektionsmittel haftete bereits in meinen Kleidern, die aus
einer wetterfesten und stabilen, jedoch unansehnlichen Kunstfaserkombination bestanden.
Man rüstete die Venuskolonisten gut aus, aber man legte keinen Wert auf besondere Eleganz. Der
nüchterne Dienstbetrieb des Kolonisationsamts kannte keine Extras.
Mein Schiff kannte ich bereits. Es war ein kleiner, nur fünfzig Meter durchmessender
Kugelraumer der Planetenserie, völlig unbewaffnet, keine Überlichttriebwerke und nur dafür
vorgesehen, den Transportverkehr innerhalb der Solwelten zu besorgen.
Der Flug zur Venus sollte acht Stunden dauern. Das war eine lange Zeitspanne, zumal die
wenigen Großkabinen für Auswanderer nur eng zusammenstehende Sessel enthielten. Auf Betten und
sonstige Bequemlichkeiten hatte man verzichtet, da man der Ansicht war, diese acht Stunden könnte
jedermann recht gut in sitzender Haltung überstehen.
So flog die schon dreißig Jahre alte GLORIA zwischen Venus und Erde hin und her. Sie startete
jeden zweiten Terratag mit einer neuen Menschenladung in den Raum, wobei sie noch umfangreiche
Güter aller Art beförderte.
Die Besatzungen dieser Pendelschiffe wurden von den Männern der Überlicht-Raumer von oben
herab angesehen.
Die Planetenpendler nahmen etwa die Stellung ehemaliger Flußschiffer ein, mit denen sich ein
Hochseefischer auch niemals verglichen hat.
Ich amüsierte mich köstlich über diesen so betonten Unterschied. In der Hinsicht waren die
Terraner nicht anders als die Leute meines eigenen Volkes. Dabei hatten die liebenswerten
Barbaren vor knapp neunundsechzig Jahren in höchster Bewunderung gejubelt, als einem Perry Rhodan
der lächerliche Sprung zum irdischen Mond gelang. Sie hatten sich schnell entwickelt, das mußte
man sagen. Jetzt schnaubten die Männer der großen Hyper-Fernfahrer verächtlich durch die Nase,
wenn ihnen eine sogenannte ›Planetenschnecke‹ begegnete. Sie hatten ganz vergessen, daß diese
›Schnecken‹ immerhin mit einer Geschwindigkeit von zehn Prozent Unterlichtfahrt durch den solaren
Weltraum rasten.
Punkt zwölf Uhr ging ich in den großen Gemeinschaftsspeisesaal, der von lachenden und hitzig
diskutierenden Auswanderern fast überfüllt war. Ich preßte mich in eine abgelegene Ecke,
verzehrte ein riesiges Steak mit Bohnen und Pommes frites und beobachtete dabei sorgsam meine
Nachbarschaft.
Sie waren sich alle gleich, diese jungen Menschen, die den Dschungelplaneten Venus trotz aller
gegensätzlichen Belehrungen als Paradies ansahen.
Ich bemerkte ganze Familien, die alle den großen Sprung wagen wollten. Man träumte von
Abenteuern und Reichtum, Selbständigkeit und frohen Festen am Rand des Urwalds.
Sie kannten noch nicht die venusischen Stechmücken und die gefräßigen Saurier, die mit wenigen
Schritten ganze Felder zertrampelten. Von den giftigen Kleinreptilien und der grausamen
Treibhaushitze hatten sie auch eine falsche Vorstellung.
Ich bedauerte sie zutiefst, obwohl ich ahnte, daß sie nach der fraglos erfolgenden Abhärtung
ein glänzendes Dasein führen konnten.
Gegen 12 Uhr 30 begannen die Lautsprecher zu dröhnen. »Pioniere für Venusflug 118 vor dem
Südeingang der Messehalle antreten. Gepäck aufnehmen, Transportpapiere bereithalten. Beeilung
bitte, Beeilung!«
Etwa zweihundertfünfzig Menschen erhoben sich von den harten Plastikstühlen. Einige rannten
prompt zum Nordausgang hinüber, wo sie von Aufsichtsbeamten und grinsenden Raumpiloten auf den
rechten Weg gewiesen wurden.
Ich beschloß, mich in das Gewimmel einzugliedern. Sekunden später schrie ich ebenfalls. Nur
nicht auffallen, hieß meine Devise.
Unter der glühenden Junisonne wurden wir von einem Polizeikommando erwartet.
Die Sonne berührte mich angenehm, die Beamten weniger. Hinter ihnen standen die Lastwagen mit
den großen Ladepritschen. Man wollte uns anscheinend nochmals kontrollieren, ehe man uns zum
startklaren Transporter hinüberfuhr.
Kinder und Frauen durften sofort
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