Silberband 008 - Festung Atlantis
was er vorhatte. Er hatte den
Schirmfeldgenerator eingeschaltet.
Dann kam die Wand.
Rous spürte etwas, das wie leichtes Kribbeln und ein sanfter Windhauch über ihn dahinzog. Aber
wenn er später darüber nachdachte, konnte er nicht mehr sagen, ob die Wand diesen Effekt
hervorgerufen hatte oder seine eigene Phantasie.
Für den Bruchteil einer Sekunde erstarb aller Lärm, von dem die Straße bisher erfüllt gewesen
war.
Rous, Lloyd und Rosita standen Hand in Hand und bildeten ein Dreieck, in dessen geschützte
Mitte sie den Mirsalesen plaziert hatten.
Der Lärm kehrte zurück. Rous sah die Straße hinunter und die Flüchtenden schneller, als sie
laufen konnten, von dem unbegreiflichen Phänomen erfaßt werden und verschwinden. Die Wand schien
ihre Geschwindigkeit verzehnfacht zu haben, sie schoß die Straße hinunter und fegte sie leer. Ein
paar Augenblicke später war weit und breit kein Mirsalese mehr zu sehen, außer dem einen, den
Rous und seine Begleiter unter ihre Fittiche genommen hatten. Der Mann stand zitternd, mit weit
aufgerissenen Augen und keines Wortes fähig zwischen seinen Beschützern. Er sah straßauf,
straßab, holte stoßweise Luft und fing an zu schluchzen, als er das Ausmaß der Katastrophe
begriffen hatte.
Rous betrachtete ihn und fragte sich, ob er ihnen noch von Nutzen sein konnte. Er war ein
wertvolles Versuchsobjekt gewesen.
Rous war sicher, daß sie ohne das Schirmfeld diesmal das gleiche Schicksal erlitten hätten wie
die Mirsalesen. Offenbar waren die Unbekannten nun auch hinter ihm und seinen Begleitern her.
Rous legte dem Mann die Hand auf die Schulter und sagte freundlich: »Gehen Sie nach Hause, und
freuen Sie sich, daß Sie noch existieren.«
Der Mann gehorchte wortlos. Er stolperte davon, ohne sich noch ein einziges Mal
umzudrehen.
Rous' Aktivität kehrte zurück. »Los! Wir müssen erfahren, ob irgend jemand in der Stadt dem
Verhängnis entgangen ist.«
Lloyd packte den kleinen Generator in die Tasche und marschierte davon, auf den nächsten
U-Bahn-Schacht zu.
»Geben Sie sich keinen falschen Hoffnungen hin!« rief Rous ihm nach. »Die U-Bahn fährt nicht
mehr. Stellen Sie sich vor, was mit den Zügen passiert ist, als sie plötzlich keine Fahrer mehr
hatten.«
Rosita hatte die bessere Idee. Ein paar von den Autos, die die Katastrophe mitten auf der
Straße überfallen hatte, waren unversehrt geblieben.
Rosita suchte sich den größten Wagen aus.
»Kommen Sie her!« rief sie. »Ich glaube, wir können ihn gebrauchen.«
Rous ging über die Straße. Kurz vor dem Auto sah er etwas auf der Straße liegen. Es war blau,
mattschimmernd und etwa so geformt wie eine Kamm ohne Zinken. Rous wußte nicht, welchem Zweck es
einmal gedient hatte. Einer plötzlichen Idee folgend, hob er es auf und steckte es in die
Tasche.
Rosita hatte ihn beobachtet.
»Was wollen Sie damit?« fragte sie.
Rous zuckte mit den Schultern. »Untersuchen. Es hat mitten unter der – Wand gelegen.
Vielleicht zeigt es irgendwelche Spuren.«
Er setzte sich ans Steuer. Nachdem er den Omnibus bedient hatte, machte es ihm keine
Schwierigkeiten mehr, das Auto in Gang zu bringen und vorsichtig zwischen den Hindernissen
hindurchzubugsieren, die es auf der Straße gab.
An der ersten Straßenkreuzung bog er nach rechts ab. Die Seitenstraße, im Vergleich zu der
Allee der Könige ziemlich schmal, obwohl sie immer noch gute vierzig Meter in der Breite maß, war
ebenso leer wie die Allee.
Rous versuchte sich zu erinnern, wo das Hotel lag. Da sie mit der U-Bahn gekommen waren, hatte
er keine Möglichkeit gehabt, sich die Straßenzüge einzuprägen. Er kannte jedoch die allgemeine
Richtung und traute sich zu, in den bis auf die Wracks der Autos leeren Straßen den Weg zu
finden.
Eine halbe Stunde mochte er so gefahren sein, als Lloyd plötzlich aufschreckte.
»Vor uns sind Leute«, berichtete er hastig. »Eine ganze Menge. Es scheint, das Unglück hat
nicht die ganze Stadt getroffen.«
Rous kniff die Augen zusammen. »Dann sollten wir vorsichtig sein. Sie werden jeden, der aus
der Stadtmitte kommt, für einen ihrer Feinde halten.«
Das Hotel lag in den Außenbezirken der Stadt, wenigstens fünfzehn Kilometer von der Allee der
Könige entfernt. Für diese fünfzehn Kilometer brauchte Rous anderthalb Stunden, weil er sich
nicht auskannte.
Aber schließlich kam er in eine Straße, die er zu kennen glaubte. Rosita erinnerte sich an
eine Art Juwelierladen, vor dem sie am
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