Silberband 009 - Das rote Universum
Sie
gehen mir auf die Nerven. Sind Sie etwa auch mit von der Partie?«
Sikermanns breites Gesicht wurde hinter der Hand sichtbar. »Ich bitte um Entschuldigung, aber
ich bin sogar als Kommandant der CALIFORNIA eingesetzt worden.«
Ich holte tief Luft. Es wäre sinnlos gewesen, noch mehr Fragen zu stellen. Mir war klar, daß
Rhodan die Entladungszone durchdringen wollte, um innerhalb der Druufebene nachzusehen, was da
eigentlich gespielt wurde.
Schön, dagegen hatte ich an sich nichts einzuwenden, immer vorausgesetzt, er kam nicht auf die
Idee, den starken Mann zu markieren.
Zehn Minuten später verließ ich das Flottenflaggschiff durch die Bodenschleuse. Über dem
Planeten Gray Beast lag dunkle, stürmische Nacht. Hier und da lugten einige Sterne zwischen den
Wolken hervor. Auf dem großen Raumhafen herrschte Ruhe. Vor einigen Stunden war ein Startverbot
erlassen worden, da man fremde Raumschiffe in nächster Nähe des Systems geortet hatte.
Ich ging zu Fuß zur schwach erkennbaren CALIFORNIA hinüber. Die Maschinen des Kleinen Kreuzers
liefen bereits, aber es drang kein Lichtstahl aus den Luken.
Inzwischen hatte man es auf Terra geschafft, die geheimnisvollen Materietransmitter der
Ferronen an Hand der vorliegenden Pläne zu bauen. Bisher war die Fabrikation immer an den
erforderlichen Mikro-Kraftstationen gescheitert, da diese Transmitter auf eine direkte
Eigenversorgung angewiesen waren. Nur in den seltensten Fällen konnte man auf stationäre, also
unbewegliche Energiestationen zurückgreifen, die aber auf Grund der technischen Erfordernisse
keine langen Stromleiter besitzen durften. Weshalb das so war, konnte noch nicht enträtselt
werden. Ein Transmitter funktionierte nur dann störungsfrei, wenn die Energieversorgung direkt im
Sockel eines solchen Geräts erfolgte. Wahrscheinlich handelte es sich um fünfdimensionale
Entmaterialisierungseffekte, zu deren Erzeugung das zwangsläufig entstehende Kraftfeld einer
Stromquelle mit erforderlich war.
Viele große Schiffe der Solaren Flotte waren nun mit wenigstens einem Transportgerät
ausgerüstet worden. So war es von nun an möglich, Personen oder Güter über große Entfernungen
hinweg von einem Raumer in den anderen zu schaffen, ohne das man gezwungen war, langwierige
Anlegemanöver zu fliegen.
Der große, grauäugige Barbar hätte nicht Perry Rhodan heißen dürfen, wenn er die neuartigen
Ausrüstungsstücke nicht sofort in seine Gesamtplanung eingebaut hätte.
Ich wußte, daß im großen Laderaum der CALIFORNIA ebenfalls ein Transmitter lag, allerdings in
seine Bestandteile zerlegt.
Ich begab mich an Bord und suchte, noch immer in Gedanken versunken, meine Kabine auf.
Natürlich hatte Rhodan gewußt, daß ich kommen würde und eine Unterkunft für mich
reservieren lassen.
»Alter Halunke«, flüsterte ich vor mich hin.
Eine Viertelstunde später erschien er persönlich. In seiner Begleitung befanden sich Reginald
Bull und der sympathische Mutant John Marshall, dessen angenehme Umgangsformen ich schätzte.
Fast unbewußt verstärkte ich meinen individuellen Monoschirm, um vor der Telepathiefähigkeit
dieses Mannes sicher zu sein. Marshall begann prompt zu lächeln. Er hatte meine Abwehr
erkannt.
»Niemand bemüht sich, deinen Gedankeninhalt zu lesen«, spöttelte Rhodan. »Warum so
mißtrauisch?«
Ich winkte wortlos ab. Ich war nun einmal daran gewöhnt, meine Hirnimpulse zu kontrollieren.
Ich musterte Rhodan prüfend, und als er so vor mir stand, erkannte ich in voller Klarheit, daß
uns trotz aller Freundschaft Welten trennten.
»Ich habe vor, die Front jetzt zu durchstoßen«, begann er übergangslos. »Dabei liegt mir
daran, möglichst nicht geortet zu werden. Die Auswertung der Sondenmessungen zeigt verblüffende
Ergebnisse. Danach hat sich die Eigenzeit der Druufebene von ehemals eins zu
zweiundsiebzigtausend auf nur eins zu zwei reduziert. Das bedeutet, daß wir in all unseren
Unternehmungen nur noch doppelt so schnell sind.«
Ich war zutiefst überrascht. Das änderte die Sachlage ganz entscheidend.
»Damit wird auch deine Theorie, daß für die Druuf seit den Geschehnissen vor zehntausend
Jahren nur einige Monate vergangen sein könnten, ziemlich hinfällig, es sei denn, die
Zeitanpassung ist erst kürzlich geschehen. Außer der Klärung dieser Dinge interessiert mich
natürlich noch der Vorgang an sich. Es ist sinnlos, ganze Fragenkomplexe aufzuwerfen, ehe wir uns
die Lage nicht selbst angesehen
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