Silberband 009 - Das rote Universum
lehnte mit dem Rücken gegen die fugenlose Mauer und sah zur DRUSUS hinüber, die
vor kurzer Zeit gelandet war.
Ein tiefes Donnern riß mich aus meinen Grübeleien. Irgendwo im riesenhaften Rumpf des Schiffes
hatte sich eine Waffenkuppel geöffnet.
Ich sah den gleißenden Energiestrahl gen Himmel rasen. Weit über mir traf die Glut gegen den
Energieschirm des Kunstplaneten. Ehe die Druckwelle bei mir ankam, lag ich bereits deckungsuchend
auf dem Boden und tastete nach meinem Mikro-Bildsprechgerät.
Ich drückte den Schalter nach unten und wartete auf das Grünzeichen. Als es aufleuchtete,
erschien Rhodans Gesicht auf dem nur briefmarkengroßen Bildschirm, ein Zeichen dafür, daß er vor
den Aufnahmen saß.
»He, Barbar, was ist los?« sprach ich in das Mikrophon.
Ich bemerkte, daß er flüchtig die Lippen verzog. Etwas schrill klang seine Antwort aus dem
winzigen Lautsprecher: »Überhaupt nichts, Arkonide. Es war die einzige Möglichkeit, dich darauf
aufmerksam zu machen, daß es hier auch noch andere Leute gibt.«
Ich war für einen Augenblick verblüfft. Also hatte dieser grauäugige Terraner ganz einfach ein
schweres Energiegeschütz der DRUSUS losdonnern lassen, nur um mich darauf aufmerksam zu machen,
daß ich mein MBG-Gerät abgeschaltet hatte.
»Das ist eine grobe Methode, um gute Freunde zu rufen«, sagte ich vorwurfsvoll.
Sein Lachen ließ den Mikrolautsprecher vibrieren.
»Ansichtssache«, entgegnete er gelassen. »Darf man fragen, wo du dich momentan aufhältst? Ich
rufe seit fünfzehn Minuten.«
»Nahe der DRUSUS, hinter dem Hauptsteuerraum des Kraftwerkturms.«
»Ich schicke dir einen Gleiter aus der DRUSUS. Wenn du damit augenblicklich zur
Physiotronhalle kommen könntest, wäre ich Eurer Erhabenheit sehr verbunden.«
»Zur Dusche? Warum?« fragte ich atemlos.
»Ich schicke den Gleiter«, lenkte er ab. »Bis gleich. Ende.«
Der Bildschirm meines Armbandgeräts wurde dunkel. Rhodan war verschwunden.
Nervosität begann mich zu quälen. Ich dachte an den Halbraum mit seinen verblüffenden Effekten
und an Perry Rhodan, der während einer instabilen Achsenverschiebung in den Zellduschkonverter
gegangen war. Wir hatten keine Zeit mehr gehabt, länger zu warten. Fraglos wäre Rhodan jetzt
schon ein hinfälliger Greis gewesen, wenn wir die Zellaufladung nicht riskiert hätten.
Gespannt wartete ich auf die Landung des scheibenförmigen Antigravgleiters, dessen Pilot mir
sicherlich nähere Auskünfte erteilen konnte. In der mächtigen Stahlhülle des Schiffes rührte sich
aber nichts. Bei der geringen Distanz hätte ich den hellen Lichtfleck nahe der Schleusen sehen
müssen.
Ich richtete mich langsam auf und wartete noch einige Sekunden voller Ungeduld, bis ich
plötzlich aus den Augenwinkeln eine irrlichternde Leuchterscheinung gewahrte. Knapp zehn Meter
von mir entfernt war dicht über dem Boden ein kleiner Körper entstanden.
»Hallo, Angeber!« begrüßte ich den Kleinen. »Bist du etwa der von Perry Rhodan versprochene
›Gleiter‹?«
Die lange Mauseschnauze öffnete sich. Ich blickte fasziniert auf Guckys einzigen Nagezahn, den
er bei jeder Gelegenheit zu zeigen pflegte.
Das schrille Gelächter des Nichtirdischen peinigte mein Gehör. Als es plötzlich verstummte,
wurde ich aufmerksam. Seitdem ich Gucky auf der Venus ein Stück faulendes Holz an den Kopf
geworfen hatte, wußte ich, daß er normalerweise länger und ausgiebiger zu lachen pflegte. Die
Wesen seiner Art besaßen einen nahezu unersättlichen Hang zum Spiel. Das Lachen und Herumalbern
gehörten dazu.
»Ich bin der Gleiter«, behauptete der Mausbiber mit großartig wirkender Handbewegung.
»Gib mir deine Hand, Spion.«
Ich runzelte die Brauen und blickte auf den behäbig näher watschelnden Kleinen hinunter. Für
ihn war ich immer noch ein Arkonidenspion.
Als er dicht unter mir stand, bückte ich mich und nahm ihn wortlos auf den Arm. Er war leicht,
fast zu leicht für seine Größe. Wahrscheinlich besaßen die Intelligenzen des Planeten Tramp einen
sehr feinen Knochenbau. Um so kräftiger war ihr Gehirn entwickelt.
Guckys große Augen blickten auf mein Gesicht. Wir musterten uns einige Sekunden lang. Dabei
fühlte ich, daß der Kleine vor innerer Unruhe bebte. Er versuchte nicht erst, mittels seiner
telepathischen Gaben in meinen Bewußtseinsinhalt vorzudringen. Ich war seit vielen Jahren daran
gewohnt, die Impulse meines Hirns unter Kontrolle zu halten.
»Was ist los?« fragte ich. »Du
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