Silberband 014 - Rhodans Sohn
Manchmal scheint er der
alte zu sein, wenn es darum geht, blitzschnell etwas zu entscheiden. Dann ist er mir vertraut,
doch sobald er sich zurückzieht und er aus der Einsamkeit heraus seine Entscheidungen trifft,
stehe ich einem Fremden gegenüber. Rhodan hat mich belogen. Er hat mich belogen, indem er vorgab,
unbedingt nach Pluto zu müssen. Seine Besichtigung des auf Pluto befindlichen Springerkontors sei
von entscheidender Bedeutung. Mercant, seit wann kümmert er sich um solche Nebensächlichkeiten?
Wofür haben wir die Abwehr? Wenn er nur bis Pluto will, warum läßt er die IRONDUKE klar machen?
Warum die Aufforderung an das Gehirn auf der Venus, die galaktischen Koordinaten für Wanderer zu
liefern? Was haben wir auf Wanderer im Augenblick zu suchen?«
»Bull, ich kann den Chef doch nicht überwachen lassen!« warf Mercant ein, der damit zugab, von
Bulls Worten doch beeindruckt zu sein.
»Wer spricht von Überwachung? Ich behaupte, daß er seelisch krank ist und unter Depressionen
leidet.«
»Thomas Cardif?«
»Ich vermute es. Als dieser Bursche seinen Vater auf Okul überwältigte, muß in Perry etwas
zerbrochen sein. Er ist niedergeschlagen, deprimiert. Ihm fehlt seit Okul etwas. Das Menschliche
ist kaum mehr vorhanden, das Lebendige. Mercant, ich weiß einfach nicht, wie ich es ausdrücken
soll.«
»Spricht er sich über seine Erlebnisse mit seinem Sohn auf Okul denn nicht aus?« Immer stärker
wurde Mercant überzeugt, daß Bullys Sorgen um Perry Rhodan begründet waren.
Die Sichtsprechverbindung schnarrte dazwischen: »Achtung, wichtige Durchsage: Der Start der
IRONDUKE ist auf 18.35 Uhr Standardzeit vorverlegt worden. Ich wiederhole: Der Start der
IRONDUKE …«
Hastig hatte Bully abgeschaltet. Das Geplärr störte ihn plötzlich. »Sie fliegen mit,
Mercant?«
»Ich habe keinen Auftrag dazu.«
»Ich auch nicht. Trotzdem bin ich an Bord. John Marshall mit einem Teil unserer alten Mutanten
hält sich schon auf der IRONDUKE auf.«
Mercant sah ihn starr an, dann atmete er einmal tief durch und sagte: »Gut, ich werde auch an
Bord sein und zum Pluto fliegen.«
20.
Catepan, Springerchef der Handelsniederlassung auf Pluto, hatte den größten Wagen
zur IRONDUKE herübergeschickt. Das Fahrzeug erwartete den Ersten Administrator an der
ausgefahrenen kleinen C-Rampe des Kugelraumers.
Furchtlos und ruhig ging Cardif-Rhodan die Rampe hinunter. Pluto mit seinen lebensfeindlichen
Verhältnissen war ihm vertraut. Als Leutnant der Solaren Flotte, strafversetzt nach Pluto, hatte
er hier Dienst getan, bis plötzlich eine gewaltige feindliche Flotte – die Druuf – vor
dem Solsystem erschienen waren. Damals schien das Schicksal der Erde besiegelt zu sein, doch dann
waren die Galaktischen Händler mit ihren bewaffneten Walzenraumern und Arkons Robotflotte dem
bedrängten Rhodan zu Hilfe gekommen.
Damals – daran dachte er nur flüchtig. Blitzschnell schaltete er ab. Er schaltete auf
Rhodans Wissen um. Sein Lächeln drückte Genugtuung aus.
Ein junger Springer, dessen Gesicht vom Scheinwerferstrahl des Wagens getroffen wurde, grüßte
den Ersten Administrator des Solaren Imperiums. In gutem Interkosmo bat er ihn, im Wagen Platz zu
nehmen.
Cardif-Rhodan ließ sich in den Polstern nieder.
Über die glatte Landepiste schoß der Wagen davon. Im Licht indirekter Beleuchtung wurden die
gewaltigen Umrisse der Springerstation immer deutlicher. Eine hallenartige Schleuse nahm den
Wagen auf. Der junge Fahrer öffnete den Schlag, grüßte wieder, als Cardif-Rhodan ausstieg, und
unterrichtete ihn darüber, daß er seinen Raumanzug öffnen konnte.
Cardif-Rhodan ging auf den Händler zu, der ihm hastig entgegenkam: Catepan, Chef der Springer
auf Pluto.
In den privaten Räumen des Patriarchen öffnete Cardif-Rhodan den Helm und stellte den Helmfunk
ab. Er tat dies mit Absicht. Damit brach auch die Funkverbindung zur IRONDUKE ab.
»Catepan, Sie sind wahrscheinlich über den Antrag der Galaktischen Händler informiert, die im
Interessengebiet des Solaren Imperiums neue Kontore errichten wollen. Ich werde diesem Antrag
stattgeben, wenn ich hier keinen Grund zu einer Beanstandung finde.«
Erstaunt blickte ihn der alte Händler an. »Administrator, und deshalb kommen Sie
persönlich?«
»Ja«, erwiderte Cardif-Rhodan leichthin. Seine Genugtuung verbarg er. Catepan hatte ihm
deutlich bewiesen, daß er ihn für den Administrator Rhodan hielt. Mehr wollte Cardif nicht
wissen.
Er
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