Silberband 019 - Das Zweite Imperium
Ausstattung des Wilden gab ihm Gelegenheit, jede vernünftige Idee mit
diesen Gliedmaßen in die Tat umzusetzen.
Das Geschöpf war intelligent, vielleicht noch mehr, als er jetzt dachte.
Der Schreckwurm beobachtete weiter. Er sah, wie sich die Brust des Wesens in unglaublichen
schnellen Atemzügen hob und senkte. Das war ein deutliches Anzeichen von Erregung oder Angst.
Mit scheinbar kraftlosen Fingern ließ sein Gegenüber einen vorher aufgehobenen Stein aus der
Hand fallen.
Mein Anblick aus direkter Nähe hat ihn total verwirrt, dachte der Schreckwurm.
Für einen kurzen Moment bedauerte er, daß er seine Intelligenz vor dem Wilden nicht offenbaren
durfte. Im Gegenteil, es wurde Zeit, daß er wieder das unberechenbare Monstrum spielte.
Captain Brent Firgolt hatte noch nie dem Tod aus kürzerer Entfernung ins Auge geblickt als in
diesem Augenblick. Jede Faser seines Körpers drängte danach, diesen Platz zu verlassen und
davonzustürmen.
Leider war es jetzt für eine derartige Überlegung zu spät. Auch eine blitzschnelle Flucht ins
Meer war nicht möglich. Mühelos würde ihn das Untier mit einem Sprung erreichen.
So blieb Firgolt bewegungslos stehen. Wie gebannt schaute er in die tellergroßen Augen, die
vor Feuchtigkeit glänzten.
Der Schreckwurm war jetzt so dicht herangekommen, daß der Spezialist das Geräusch hören
konnte, das der mächtige Körper bei der Fortbewegung erzeugte. Es war ein Schleifen von festem
Fleisch über rauhen Boden. Der Ton ließ Firgolts Nackenhaare aufsteigen. Ein Schauder des
Entsetzens durchfuhr ihn.
Drohend hing der gewaltige Schädel des Monstrums über ihm. Er konnte jede Einzelheit sehen,
und alles war abgrundtief häßlich.
Firgolt schluckte. Ein fremdartiger Geruch strömte zu ihm herüber. Jetzt tötet er mich,
durchzuckte es seine Gedanken.
Das Unabänderliche ließ ihn ganz ruhig werden.
Da fuhr ein Scherenarm auf ihn zu. Die Bewegung war scheinbar aus dem Nichts heraus
ausgeführt, so blitzschnell wurde sie vollendet. Firgolt blieb nicht die geringste Zeit, sich
wegzuducken.
Der Schlag war so heftig, daß der 190 Pfund schwere Offizier von den Beinen gerissen wurde. Er
schrie auf. Rückwärts stürzte er ins Wasser, das sich über seinem Körper schloß.
Nach Atem ringend, kämpfte er sich an die Oberfläche.
Am Strand schien es nur noch den Schreckwurm zu geben. Der riesige Körper lag wie eine
Barriere vor Firgolt und versperrte ihm den Weg ans Land.
Der Schlag des Monsters hatte ihm mindestens drei Rippen eingedrückt. Firgolt fühlte den
Schmerz in der Brust wühlen. Halb von Sinnen versuchte er, aus der Nähe des Peinigers zu
entkommen.
Da peitschte in unmittelbarer Nähe der Hinterleib des Giganten ins Wasser. Firgolt wurde
umgeworfen. Auf Händen und Füßen kroch er davon, den Kopf mühevoll über die Oberfläche haltend.
Trotz der großen Gefahr ging er nicht weiter ins Meer hinaus.
So plötzlich wie es ihn begonnen hatte, beendete das Tier den Angriff. Als Firgolt wieder klar
zu sehen vermochte, hockte der Schreckwurm hundert Meter von ihm entfernt.
Ich lebe, dachte Firgolt erstaunt.
Bei aller Wildheit, mit der sein Gegner über ihn hergefallen war, hatte er doch vermieden, den
Captain zu töten. Sicher lag das nicht an mangelnder Kraft.
Woran, fragte sich Firgolt, lag es dann?
Noch bevor sie die Landzunge erreicht hatten, weigerte sich Kopenziack
weiterzugehen. Er blieb stehen und blickte zu Firgolt zurück.
»Der Unhold kommt immer näher auf ihn zu«, stellte er fest. »Ich glaube nicht, daß etwas
Wahres an Firgolts Theorie ist. Wenn es jedoch so weitergeht, wird er wenig Zeit haben, seinen
Fehler festzustellen.«
»Was sollen wir tun?« fragte Collignot.
»Die Waffen holen, bevor es zu spät ist«, forderte Kopenziack.
»Unser Befehl lautet anders«, sagte Warren ruhig.
Kopenziack stützte die Arme in die Hüften. »Unser Befehl zwingt uns nicht, Selbstmord zu
begehen.«
Da sahen sie, wie der Captain von ihrem Widersacher ins Meer geschleudert wurde.
»Es bringt ihn um!« schrie Kopenziack. »Verdammt, das Monstrum bringt ihn um!«
Einen Augenblick schwankte Collignot zwischen der auferlegten Disziplin, die forderte, daß er
weiterging, und dem Wunsch, Captain Firgolt zu helfen.
Kopenziack wartete nicht länger. Er rannte zurück.
»Er nimmt uns die Entscheidung ab«, meinte Collignot und stürmte los, gefolgt von Warren.
Sie überholten Leutnant Kopenziack, der kein schneller Läufer war.
Captain
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